11.08.13 Seemannsgarn (2)

Rattenwache - Hundswache - Schweinewache. Alle drei meinen dasselbe: die ungeliebte Wache von Mitternacht bis vier Uhr morgens. Dann kriecht die feuchte Kälte durch die dicksten Pullover und der Stundenzeiger der Uhr scheint auf dem Ziffernblatt zu kleben und der Mann auf der Wache kämpft gegen die bleierne Müdigkeit und reißt die Augen auf, macht Kniebeugen und hofft, wach zu bleiben.
Es gab und gibt auch heute noch eine weitere Deutung der Rattenwache. Und diesmal sagt das Wort genau das, was es ist: Eine Wache, die verhindern soll, dass die Nager an Bord kommen. Wer schon einmal die schrecklichen Verheerungen gesehen hat, die von diesen Kleinsäugern angerichtet werden, wenn sie in ein Schiff eingedrungen sind, weiß, warum sie notwendig ist.



Wir haben einmal in Marstal(Ærø) auf einer benachbarten traditionellen Jacht aus Holz gesehen, dass Polster und Seekarten gehäkselt wurden, um Nester zu bauen, dass Schranktüren und Trennwände durchnagt und Teile der Verkabelung zerbissen waren. In diesem Fall waren zwar Mäuse die Übeltäter, aber Ratten sind genau so wenig zimperlich. 
Man stelle nur einmal vor, was diese Schädlinge auf einem Frachtschiff oder gar einem Kreutfahrer anrichten können!
Am Bohlwerk auch heute noch: Flinke Nager
In manchen Häfen sind Rattenbleche vorgeschrieben, die verhindern sollen, dass diese Schädlinge an Bord kommen. Adi erzählte neulich, dass in manchen Häfen an der amerikanischen Küste eintausend Dollar Strafe fällig waren, wenn die Rattenbleche fehlten. Aber das war eigentlich nicht nötig. Denn die Schiffsfürung achtete von sich aus darauf, dass alle möglichen Vorkehrungen getroffen wurden, um die Ratten fern zu halten. Wo die Rattenplage an Land besonders groß war mussten an jeder Festmacherleine zusätzlich eine Rattenwache stehen. Mit einem Belegnagel bewaffnet, sollte sie jeder Ratte an Ort und Stelle eins überziehen und sie dann über Bord werfen.
Denn einmal an Bord, konnten die Biester nur sehr aufwändig bekämpft werden. Laderäume wurden sogar mit Blausäure begast um alle Ratten sicher zu erlegen. Einmal hatten Ratten die Bordapotheke  vernichtet, und ein anderes Mal die Lebensmittel. Mehl, Zwiebeln, alles war ein Matsch. Die Vorratskisten waren zwar mit Blech beschlagen aber eine Ratte suchte unter einer Kiste Zuflucht. Dort war sie nicht zu erreichen, konnte aber auch nicht mehr fliehen. Schließlich kam einer auf die Idee, es mit Insektengift zu versuchen. Darauf wurde das Versteck mit der Flitspritze ausgeblasen. Nach einer Weile war die Ratte hinüber. Sie hat aber noch lange danach gestunken. So war das mit den Ratten.