Das
Projekt der Museumswerft ist, wie schon früher berichtet, teils der Erforschung der historischen Hintergründe des Schiffbaues zu Beginn des Flensburger Westindienhandels gewidmet, teils der Frage, mit welchen handwerklichen und schiffbaulichen Methoden damals Schiffe in Flensburg gebaut wurden. Wesentlicher Grund ist auch, Unterstützung in der Verwaltung und bei Sponsoren zu finden um einen Nachbau eines Flensburger Schiffes der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundeerts in originaler Größe möglich zu machen. (Wer die Beiträge noch einmal nachlesen möchte, braucht nur in das Suchfeld links oben auf dieser Anzeige "FORENING" eingeben und die Suche starten)
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Besucher der Informationsveranstaltung |
Heute sollten die neuesten Erkenntnisse aus der Arbeit berichtet werden. Dazu waren ca. dreissig Personen zur Museumswerft gekommen. Vor Beginn der Veranstaltung wurde eine Kiste für die erwarteten Geldspenden aufgestellt.
Weiterhin ist nach dieser Informationsveranstaltung klar: FORENING war nicht das erste in Flensburg gebaute Schiff für den Westindienhandel. Das erste Schiff hieß NEPTUNUS, dessen Pläne zwar vorhanden, jedoch derzeit nicht greifbar seien. Dazu der Geschäftsführer der Museumswerft Uwe ("Kuttel") Kutzner: "Ich bin sicher, dass es diese Pläne in Kopenhagen gibt, aber wir können sie derzeit nicht bekommen, unter anderem deshalb, weil dort umgebaut wird". Schade, denn über die NEPTUNUS ist historisch vieles belegt. Bis heute ist die Korrespondenz des damaligen Flensburger Kontaktmanns Detleffsen mit dem Kopenhagener Auftraggeber Kramer im Original vorhanden. Doch bis zum Wiederauffinden der Pläne wollte man wohl nicht warten. So wird jetzt ein anderes Schiff gebaut, nämlich die FORENING. Auch sie eine Schnau, also der selben Schiffstyp wie die NEPTUNUS. .
Sehr informativ und zweifelsfrei authentisch war der Vortrag von Herrn Hans Detleffsen, "Sproß
der der alten Flensburger Kaufmannsfamilie Dethleffsen" (Flensburger Tageblatt vom 26.09.2012), über über die Korrespondenz seines Urahns mit dem Kopenhagener Kaufmann Kramer. Sie betrifft den Ablauf der Verhandlungen mit dem Weftleiter Jacob Callsen in Flensburg und den Bau der
Schnau-Brigg NEPTUNUS in den Jahren 1779 bis zur Fertigstellung im Jahr 1780. Sie konnte 106 Kommerzlasten befördern, eine damals übliche Einheit für die Schiffsgröße. Die Briefe, im originalen Wortlaut vorgelesen, führten sprachlich und inhaltlich auf eine wahre Zeitreise. Die Verhandlungen, in ihrem Ablauf zum Teil mit Wortzitaten unterlegt, lassen vermuten, dass eine orientalische Lust am handeln und tricksen damals bis in den Süden des Dänischen Königsreiches verbreitet war.
Es sei unmöglich, die notwendige Anzahl Arbeiter aufzutreiben. Sie seien schon gar nicht mit Gewalt, vielleicht aber durch höhere Bezahlung zu gewinnen. Auch sei das Material derzeit sehr knapp, wenn man einen zusätzliches Unternehmen einschaltete (und natürlich zusätzlich bezahlte, so ist zu vermuten) ließe sich einiges erreichen. Und so weiter. Und immer wieder der Rat des Kontaktmannes Detleffsen, man möge ja behutsam vorgehen, Druck zu machen bringe garnichts. Diese ständigen Querelen und Kostensteigerungen kennen auch heute noch viele Bauherren.
Nun, die NEPTUNUS wurde am 4. April 1780 pünktlich fertig. Der Preis für die Werftarbeiten (das war aber nur ein Teil der gesamten Kosten), war vergleichbar mit dem eines großen Geschäftshauses in der Flensburger Innenstadt. Endlich konnte die Schnau ihre Jungfernfahrt nach
St. Thomas antreten, mit hunderten Fässern Pökelfleisch und anderen Grundnahrungsmitteln, bestimmt für die Insulaner. Die Reise ging über Kopenhagen (das war Vorschrift für Westindienfahrten), Jütland rund und über die Nordsee zum Englischen Kanal und von dort in den Atlantik. Solche Reisen dauerten drei bis vier Monate und man sah die Besatzung frühestens nach einem halben Jahr wieder.
Der Vortrag lieferte noch viele weitere Fakten. Sie würden jedoch in ihrer Fülle den Rahmen der HAFENMELDUNGEN sprengen. Es wäre schön, wenn diese wertvolle Dokumentation auch einmal einem breiteren Interessentenkreis zugänglich gemacht werden könnte.
Nun wird also ein Modell der FORENING im Maßstab 1:3,5 gebaut und nicht, wie im "Schleswig-Holstein Journal" von heute zu lesen, im Maßstab 1:3. Von dem Modell war zu erfahren, dass die zugrundeliegenden Pläne damals von Kopenhagen aus verbreitet wurden, wodurch die Schiffe einander so ähnlich waren, dass von einem Serienbau gesprochen werden konnte. Auch war die dänische Marine daran interessiert, die Bauvorschriften zu vereinheitlichen, um die Schiffe auch militärisch nutzen zu können. Daher, und wegen der damals sehr virulenten Piraten konnten sie auch mit Kanonen bewaffnet werden.
Der zweite Vortrag sollte schildern, wie weitere historische Fakten zum Bau der FORENING gesammelt wurden. Hier wurde das Internet gepriesen, wo man "auf Knopfdruck über 25 Pläne, fertig zum Ausdrucken findet, wenn man den Schiffsnamen eingibt". Schön, wie einfach heutzutage historische Forschung ist. Leider war der Plan der NEPTUNUS nicht dabei.
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Thomas schildert Besonderheiten des Modells |
Thomas Frömming, der Bootsbaumeister der Museumswerft, stellte Betrachtungen zum Bau eines Modells des Schiffes nach letztlich wenig detaillierten Plänen an. Schiffe nach Plänen zu bauen war damals noch nicht sehr üblich. Viele Informationen, die man heute in Plänen zu finden gewohnt ist, steuerte damals der Bootsbauer nach seiner Berufserfahrung bei. Und dieses Wissen heute wieder zu gewinnen, sei nun Zweck und Herausforderung des Projektes. Dabei blieben aber letztlich Fragen offen. Als Beispiel wurde die Konstruktion des Hecks angeführt. Waren die Planken tatsächlich so scharf gebogen, wie jetzt am Modell ausgeführt? Und warum ist man diesen riskanten Weg gegangen? Oder hat man Krummhölzer eingesetzt? Die waren aber auch damals schon schwierig zu beschaffen. Es wird darauf wohl keine Antwort geben.
Das Thema der Baumaterialien wurde erfreulich offen angesprochen. So sind die Planken des Modells untereinander und mit den Spanten mit modernem Kleber verbunden. Weil das Modell, obwohl schwimmfähig, immer wieder längere Zeit an Land stehen können solle, hätte die traditionelle Bauweise dazu geführt, dass sich die Plankennähte durch Trockenheit öffnen und das Schiff über die Zeit zerstören.
Auch sei noch nicht ganz klar, auf welchem Deck denn die zwölf überlieferten Kanonen gestanden hätten, auf dem obersten Deck unter freiem Himmel oder auf dem Hauptdeck, wo die Kopfhöhe zwischen den Decksbalken nur einen Meter fünfzig betragen habe. Nun, der weitere Fortschritt der Forschung wird das vielleicht zutage bringen.
Jedenfalls hat das Modell, wie später auch der 1:1 Nachbau 32 Planken auf jeder Seite. Bei dem Nachbau werden diese acht Zentimeter dick und sechs bis sieben Meter lang sein.
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Uwe Kutzner erläuter Sinn und Zweck des Projektes |
Abschliessend führte Uwe Kutzner aus, das Gesamtprojekt werde kein Geld der Stadt beanspruchen, die sei ja ohnehin verschuldet. Aber Hilfestellung der Verwaltung sei willkommen. Auch die Frage der Finanzierung sei derzeit vollkommen offen, daher der Zwischenschritt über das Modell. Es solle zeigen worum es geht, und dass die Museumswerft solche Schiffe bauen kann.
Sollte das Schiff in Originalgröße gebaut werden, verpflichtet sich die Werft, sechs Lehrlinge einzustellen, die auch später fest übernommen werden. Diese jungen Menschen sollen dem islamischen Glauben angehören. Hierzu gäbe es die Unterstützung der islamischen Geistlichkeit.
Trotz der Informationsfülle blieb einiges ungesagt, aber auch ungefragt. Eine von diesen Fragen ist:
- Wenn es so gewiss ist, dass die Pläne der NEPTUNUS noch in Kopenhagen existieren, warum dann die Eile mit der der Nachbau eines anderen Schiffes vorangetrieben wird?
- Und woher die Gewissheit, über die Ähnlichkeit der FORENING mit der NEPTUNUS? Schließlich war die erstere laut Internetseite der Museumswerft 57 Kommerzlasten groß ("Sonntag aktuell" berichtet 90 Kommerzlasten) wogegen die NEPTUNUS 106 Kommerzlasten befördern konnte.
- In Deutschland darf niemand wegen seiner Religion Vorteile oder Nachteile erleiden. Wird zu diesem Thema ebenfalls geforscht?
Wir vertrauen weiterhin auf die projektbegleitende Grundlagenforschung der Beteiligten. Sie wird uns sicher noch die notwendigen Erkenntnisse bringen.
P.S.: Niemand wurde gesehen, der etwas in den Spendenkasten geworfen hat.