30.08.19 Gerettet!

Wer in Flensburg die lange Treppe von der Rathausstraße zum Museumsberg hinauf steigt, wird durch den Blick auf eine anrührende Bronzeplastik belohnt. Nun haben wir bei einem Besuch der Deutschen Nationalgalerie in Berlin die gleiche Plastik wiedergesehen.

Der Fischer - Gerettet von Adolf Brütt (1887/1892)
Ein bisschen kann einem der Fischer mit der jungen Frau schon leid tun. Da hat er - vermutlich selbstlos - ein Menschenleben vorm Ertrinken gerettet und zum Dank muss er auf ewig und fern ab von jedem Wasser die hoffentlich noch lebende Schönheit mit sich herumschleppen. Und das dazu noch in der Hitze des Sommers bei 35 Grad im Schatten vor der Deutschen Nationalgalerie. Wo der nur mit seiner wohlgeformten Last herkommt? Vermutlich nicht vom Historischen Hafen Berlin am Märkischen Ufer der Spree. Da laufen genügend Leute herum, die einen Rettungswagen gerufen hätten. Das Flensburger Pendant der Berliner Plastik ist aus demselben Grund vermutlich nicht beim Historischen Hafen Flensburg aus dem Wasser geklettert.
Wir verdanken die lebensgroße Bronzegruppe dem Husumer Bildhauer Adolf Brütt. Er war seinerzeit führender Vertreter des "Norddeutschen Realismus", hochdekoriert und weithin bekannt. Da hätten die Plastik und ihre Kopien eigentlich realistische Standorte verdient.

Tatsächlich liegt der Ursprung des anrührenden Bildwerks an der Kieler Förde. Zumindest hat das der Künstler der Nachwelt hinterlassen: Ein Unglück an der Kieler Förde habe ihn zu dieser Skulptur angeregt. Dort hat man ihm diese Arbeit gedankt: Eine Kopie von "Gerettet" steht in Heikendorf - ganz realistisch und nahe beim Wasser.

22.08.19 Muß man hin und sehen

Oliver Berking hat America's cup nach Flensburg geholt. Die ehrwürdige weltberühmte Kanne ist ein Highlight unter vielen der aktuellen Ausstellung im Robbe & Berking Yachting Heritage Center. Sie wurde heute Abend im Kreis zahlreicher Gäste eröffnet. Der Americas Cup, das älteste Yachtrennen der Welt wird seit 1870 ausgetragen. Thema der Ausstellung ist "die Geburtsstunde der ältesten Trophäe im Segelsport und die Entwicklung hin bis zur neuen Zeit". 



Schoner AMERICA, Namensgeberin der
Regatta
© America's Cup
"America's Cup" heisst auch die Trophäe der Regatta. Sie verdankt ihren Namen dem Schoner AMERICA vom NY Yacht Club, der sie 1851 in einer Regatta gegen 15 Yachten des Royal Yacht Squadron aus dem Vereinigten Königreich gewann. Nach dem Sieg vor der Isle of Wight dauerte es noch bis zum Jahr 1870 als das Rennen unter dem bis heute gebräuchlichen Namen "America's Cup" ausgetragen wurde.

"Den Pokal, den das erfolgreiche Syndikat erhielt, übergab es dem New York Yacht Club mit der Auflage, dass der Pokal von anderen Yachtclubs, die aus anderen Nationen stammen müssen, herausgefordert werden könne" (WIKIPEDIA). Und weiter: "Die Amerikaner verteidigten den Pokal in einer unvergleichlichen Siegesserie 132 Jahre lang (von 1851 bis 1983) bei 25 unregelmäßig stattfindenden Wettbewerben."
Während die nach dem legendären Schoner AMERICA genannte Regatta immer noch gesegelt wird, wurde die Namensgeberin 1942 abgewrackt. Sie war in einem Schuppen der U.S. Navy verrottet.








Die Trophäe ist eine nach heutigem Geschmack ziemlich gewöhnungsbedürftig gestaltete "alte Kanne" aus versilbertem Zinn. Der Royal Yacht Squadron hatte den Pokal für 100£  erworben. Aber bekanntlich entsteht Schönheit im Auge des Betrachters; zumal, wenn er die Kanne gewonnen hat. Von dem knapp 70 cm hohen Original gibt es nur sechs Kopien. Eine davon wird in der Ausstellung des Robbe& Berking Yachting Heritage Center präsentiert. Wer sie sehen will, muss sich aber ziemlich hoch recken. Sie schwebt, für die Betrachter unerreichbar, weit über den Köpfen. Die meisten Besucher werden das gute Stück in ihrem Leben vermutlich nur einmal zu sehen bekommen und das hier in Flensburg.







Über die "100 Sovereign-Kanne" schreibt die amerikanische Zeitschrift Boat:
"Der America's Cup ist eine besonders hässliche Trophäe - und ihr fehlt ein Boden, so dass man noch nicht einmal aus ihr trinken kann aber dennoch haben einige der reichsten Männer in der Geschichte hunderte Millionen Dollar ausgegeben bei dem Versuch, sie zu gewinnen. Unsummen für den Cup auszugeben ist eine Tradition, die unmittelbar zu seinem Ursprung zurückführt. John Cox Stevens, commodore des New York Yacht Club, leitete 1851 ein sechsköpfiges Syndikat, dass den 31 Meter großen Schoner AMERICA  über den Atlantik brachte um Preisgeld zu gewinnen. Sie forderten jedermann, ohne Rücksicht auf Alter, Befähigung oder Erfahrung zu einer Wette über 10.000$ auf den Sieg heraus, aber niemand wollte darauf eingehen. ... Sie gewannen im Rennen eine Trophäe im Wert von 100£. Aber durch den überzeugenden Sieg stieg der Wert des Schoners und so konnte er für 5000$ über den Anschaffungspreis verkauft werden. Seitdem wurden Unsummen für den Versuch ausgegeben, den Preis nach England zurückzuholen. Der hartnäckigste Herausforder war Thomas Lipton. Geboren in Glasgow, wo seine Eltern ein Lebensmittelgeschäft besaßen, verließ er sein Elternhaus im Alter von 14 Jahren mit acht Dollar in der Tasche und kam als Millionär zurück. In diese Zeit fallen die ersten seiner fünf Herausforderungen für den America 's Cup. Im Jahr 1899 kontrollierte er 10 Prozent des weltweiten Teemarktes, aber er gewann nur zwei der 16 Rennen, in denen er für die Trophäe konkurrierte." 
(auszugsweise Übersetzung von HAFENMELDUNGEN)
Die Magie des America's Cup wirkt bis heute. Die nächste Ausscheidung, die 37ste, findet 2021 in Auckland, New Zealand statt.   

Gäste, das Modell der RELIANCE und der Cup
Herz der Ausstellung ist das Modell der Yacht RELIANCE. Durch seine schiere Größe beherrscht das Prachtstück die Halle des Yachting Heritage Centre. Das Urteil der Besucher über diese einzigartige Attraktion ist dennoch einhellig positiv ausfallen. Die originale Yacht aus dem Jahr 1903 war mit ihrer Länge über Alles von rund 61 Metern und einer Segelfläche von 1500 m² die größte, die je für eine Regatta um den America's Cup gebaut und gesegelt wurde. Das Modell steht dem Original in Punkto physischer Größe in nichts nach - bei einem Maßstab von 1:6 und somit 10 Metern Gesamtlänge und ebenfalls zehn Metern Höhe bis zum Masttopp. Das Modell hat Sandy Lee vom Herreshoff Museum in Bristol, Rhode Island gebaut, es ist als Leihgabe nach Flensburg gekommen. Wer es betrachtet, bekommt unmittelbar einen Eindruck von der gewaltigen Größe des Originals. Das liegt auch an den maßstabgerechten Figurinen des damaligen Rudergängers Charlie Barr und einiger andere Yachtleute an Deck. In Kampfstärke besetzt, brachten 60 bis 70 Profisegler die riesige Yacht an den Wind. Sie soll damals 175.000 $ gekostet haben. Das sind nach heutigem Wert etwa dreihundert Millionen Euro. Vor dem ersten Weltkrieg waren internationale Ausscheidungen Maßstab für das Prestige der Industriestaaten. Da spielte Geld nur die zweite Rolle. Der zeitgenössische Yachtdesigner G.L. Watson spottete damals: "Als Ballast empfehlen wir Platin; sollte der Auftraggeber wegen der Kosten grummeln, nehmen wir eben Gold."





Über den America's Cup ist in der Ausstellung viel zu erfahren. 


Alleine schon die originalen Halbmodelle der Siegeryachten zu betrachten ist eine eine Zeitreise durch den Yachtbau. Sie beginnt mit großen Schoneryachten, teils mit Schwenkkiel über die nicht minder großen J-Jachten bis zu den Hydrofoil-Konstruktionen von heute. Nicht zu vergessen die 12-er, die Jahrzehnte lang um den America's Cup segelten und die wir immer wieder auf der Förde unter Segeln sehen können. Dazu zahlreiche kleine und große Modelle weiterer Yachten. Bei nahezu jedem könnte man stundenlang die maßstabgerechten Details der Rümpfe und Riggs erkunden. Wer das beginnt, erlebt ein Kopfkino besonderer Güte. Dazu originale historische Filme, die bisher nicht gezeigt wurden. 
Aber verweilen wir noch bei der RELIANCE. Die Riesenyacht, entworfen von N. Herreshoff, gewann 1903 das Rennen gegen SHAMROCK III von W. Fife. Schnell auf der Regattabahn, ging es mit ihr danach auch schnell zuende. Denn, technisch auf der Höhe ihrer Zeit, war sie unter anderem aus Tobin Bronze (Messing) auf Stahlspanten gebaut, die einen Bleikiel von 102 Tonnen trugen. Auch damals hätte man diese Werkstoffe nicht mehr ohne weiteres zusammen verarbeitet. Denn zusammen mit Salzwasser eignet sich diese Kombination hervorragend als
 Stromquelle. Zeitgenossen nannten RELIANCE daher zutreffend eine "schwimmende Batterie". Aber der Konstrukteur hatte die Auftraggeber vor der Korrosionsgefahr gewarnt und prophezeit, dass sie das erste Jahr nicht überstehen würde. Aber sie sollte nicht dauerhaft, sondern schnell sein, meinten die Kunden. Tatsächlich wurde sie nur ein Jahr nach dem siegreichen Rennen gegen SHAMROCK III abgewrackt. Den Auftrag dazu bekam die Abwrackwerft folgerichtig gleich nach dem Baubeginn der Yacht. SHAMROCK III verlor die Regatta, überdauerte aber bis 1920. 

"The America's Cup, the history of the oldest and one of the most fascinating trophies in sports", so der offizielle Name der Ausstellung. Der Besuch lohnt sich. Wir konnten schon mal beim  "making of" reinschnuppern.


Rigging-up  RELIANCE's model
Zeichnung W.Kühn



21.08.19 Lotsenschoner Nr.5 aktuell

Der NDR berichtete über den aktuellen Stand der Wiederherstellung des historischen Lotsenschoners, der am 08. Juni auf der Elbe mit einem Containerfrachter kollidierte, in einer Blitzaktion nach Stadersand geschleppt wurde wo er sank und wieder gehoben wurde. Seine letzte Station war die Peters Werft in Wewelsfleth. Nun ist entschieden, wo das alte Holzschiffe wieder instand gesetzt werden soll. 
Die Kollision am 08. Juni 2019
Foto: Daniel Beneke

Freiwillige Feuerwehr Hansestadt Stade

Wenige Monate bevor das Segelschiff mit dem Frachter CMS ASTRO SPRINTER zusammenstieß, hatte es die Hvide Sande Shipyard (DK) nach einer aufwendigen Restaurierung verlassen. Diese Werft soll nun voraussichtlich auch den Unfallschaden beseitigen. Denn einem Bericht des NDR zufolge wurden etliche Planken und Spanten gebrochen auch soll sich der Rumpf unter der enormen Wucht des Zusammenpralls verzogen haben. Der Sender zitiert Joachim Kaiser, Vorstand der Eigentümerin, Stiftung Hamburg Maritim, es habe sich auf eine Ausschreibung "keine andere Werft gemeldet, die sich an den mehr als 130 Jahre alten Schoner herantraut". Auf der Petersen Werft soll der Havarist in den nächsten Wochen soweit schwimmfähig gemacht werden, dass er die Reise im Schlepp nach Hvide Sande auf eigenem Kiel überstehen kann. Weiterhin wird berichtet "Wie lange die Arbeiten nun dauern ist nicht absehbar. Auch die Reparaturkosten sind noch unklar."

Unklar ist auch, wann der abschließende Bericht der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchungen (BSU) veröffentlicht wird. Unabhängig vom Ergebnis der Ermittlungen veröffentliche die BSU eine Sicherheitsempfehlung zu dem "sehr schweren Seeunfall". Darin wird Eignern und Betreibern von Traditionsschiffern die mehr als zwölf Fahrgäste befördern empfohlen "zu prüfen, ob die Sinksicherheit im Leckfall für den 1-Abteilungsstatus erfüllt ist und ggfs. wasserdichte Schotten einzubauen." 

Artikel der HAFENMELDUNGEN zu Lotsenschoner Nr. 5 ELBE