Es ist interessant zu erfahren, dass wir im Westen beim Versuch, uns unserer kulturellen Wurzeln durch maritim-historische Projekte zu vergewissern, nicht alleine sind.
Hier ein Beitrag von NPR aus dem Internet über ein interessantes Projekt aus Oman am Persischen Golf und Indischen Ozean. Auch hier wird ein enormer Aufwand geleistet um ein 18 Meter langes Holzschiff aus dem 9. Jhdt. nachzubauen, dessen Planken mit Leinen durch 37000 Bohrungen zusammengenäht sind - bei vier Durchgängen je Bohrung.
(Übersetzung aus dem amerikanischen von HAFENMELDUNGEN):
Oman belebt mit handgenähten Schiffen eine glorreiche maritime Vergangenheit
Die JEWEL of MUSCAT, Replik eines Handelschiffes aus Oman des neunten Jahrhunderts, segelt 2010 in den Hafen von Galle, Sri Lanka. Sie wurde in der traditionellen Weise mit Kokosfasern genähtt, die (ohne Nägel) das Schiff zusammenhalten. Das Schiff folgte alten Routen arabischer Handelsschiffe
Foto: Lakruwan Wanniarachchi/AFP/Getty Images
Heutzutage ist der Besucher des Sultanats Oman am Persischen Golf vermutlich ein blasser Europäer auf der Suche nach Wintersonne, oder ein Diplomat auf der Suche nach einem langfristigen Ausgleich zwischen Rivalen wie beispielsweise den USA und dem Iran. Die Reputation Omans als Vermittler ist wohlverdient und reicht Jahrhunderte weit zurück.
Als einst Nordeuropa von den Wikingern überrannt wurde, hatte Oman ein weitreichendes maritimes Handelsreich. Heute lehrt das Land eine neue Generation von Omanis dieses Erbe zu bewahren und damit die Welt an seine reiche maritime Vergangenheit zu erinnern.
Die Gruppe "Oman Maritim" widmet sich der Wiederherstellung einiger traditioneller Holzschiffe, die Omans bemerkenswerte Vergangenheit als Seefahrer bestimmten.
Oman vertrieb Mitte des 17. Jhds. die portugiesischen Kolonialisten aus ihrer Hauptstadt Muscat, jagte sie dann die Ostafrikanischen Küste hinab, und erklärten Sansibar, mehr als 1800 Meilen weit entfernt, zur neuen omanischen Hauptstadt.
In den 1840-ern sahen die New Yorker fassungslos ein omanisches Fahrzeug in den Hafen rudern, mit Geschenken und dem ersten omanischen Botschafter, der die Vereinigten Staaten besuchte an Bord.
Die Kunst, Schiffe von Hand zu nähen, neu erlernen.
Ein mittelalterlicher Ankerstein liegt in der Oman Maritim Shipyard neben zahlreichen Fahrzeugen, nicht unähnlich denen, die einst auf der "maritimen Seidenstraße" nach Asien pendelten und mit exotischen Waren und afrikanischen Sklaven handelten.
Chef Bootsbauer Babu Sankaran dechselt einen Bugsprit derweil sich ein stechender fischiger Geruch verbreitet, als ein anderer omanischer Arbeiter an einem Fischerboot Öl aus der Leber von Haifischen aufträgt, das traditionelle Dichtungsmittel der Wahl.
Oman lud Eric Staples ein, amerikanischer Experte der Maritimen Geschichte des Indischen Ozeans, sich an ihren Bemühungen um das Erbe zu beteiligen. Er sagt, der Ozean ist entscheidend für das Verständnis Omans mit seiner vollständig gemischten Kultur entstanden aus Wellen von Migranten aus arabischen Staaten, Persien, Ost-Afrika, Indien und sonst wo her. "Eine sehr reiche Geschichte, wo es es eine gewaltige Folge von Bewegungen und Migrationen, und Austausch von Gütern gibt", sagt Staples. Das ist vielleicht nicht in den Geschichten erhalten, weil es nicht Teil der Herrschaftsgeschichten ist, aber es ist imer noch sehr gegenwärtig. Ein Schiffsbauer schleift geduldig einen Teil eines Fischerbootes, als Staples auf ein Muster verschlungenen Leinen zeigt, das zur traditionellen Bootskontruktion gehört - mit Planken, die nicht genagelt, sondern zusammengenäht sind.
Die bevorzugte Leine besteht aus Kokosnuss-Faser. Sie ist elastisch genug um eine Seereise zu überstehen und sie quillt bei Nässe, sodass ein Faserbündel die Lücken unter der Naht füllt und die Dichtung verbessert.
Staples gibt einem Besucher einen Schnellkurs im langsamen Bau von Booten.
"Ein Mann auf der einer Seite nimmt eine Leine und zieht sie durch die Bohrung, zieht sie wirklich fest durch. Und dann nimmt sie der Mann auf der anderen Seite schlägt sie mit einem Hammer bis sie hübsch dicht ist und sagt 'Ok, das ist gut'", sagt er und führt eine Leine durch eine (weitere) Bohrung in einer Musterplanke.
"So geht das mit jedem einzelnen Stich. Und mit jeder Bohrung muss man es viermal machen. Bei 37000 Bohrungen, kommt eine hübsche Menge Arbeit zusammen, verstehst du?"
Handgemachte Nägel und andere Neuerungen trieben den Seehandel weiter voran. Das berühmteste maritime Projekt von Oman ist die JEWEL of MUSCAT, eine Replika eines Wracks aus dem neunten Jahrhundert das bei Indonesien gefunden wurde. In 2010 führte "Oman Maritim" das Schiff in einer sechsmonatigen Reise von Muscat nach Singapur, wo die antike chinesische Keramik gekauft wurde, die man an Bord des Wracks fand.
Aufkeimender sektirerischer Zwist
Heute neigt der Westen dazu, Oman als einen seltenen neutralen Golfstaat zu sehen, der sowohl mit dem Iran als auch mit den Saudis zusammenarbeiten kann.
Diese Fähigkeit, sich von den regionalen sektirerischen Spannungen zu halten, wird manchmal einem einzelnen Mann zugeschrieben, dem 74-jährigen kranken Sultan Qaboos bin Said. Dieser Ansatz jedoch, sagt Staples, wuchs allmählich aus Omans ozeanischen Vergangenheit. "In vieler Hinsicht ist der Grundpfeiler der heutigen Diplomatie darauf gegründet, dass Handel ein gehörige Bereitschaft zu Verhandlungen bedingt", sagt er. "Die Beziehung Omans zum Rest der Welt ist nicht einfach so aus dem Nichts entstanden", fügt er hinzu. "Es gibt lang bestehende Verbindungen zu allen politischen Akteuren in diesem Teil der Welt".
Die hier nahezu verlorengegangene Kompetenz in puncto traditioneller Schiffbau wieder zu beleben, ist eines der bedeutendsten maritimen Projekte Omans. Größte Bedeutung darin könnte dem "Junior Shipwright Program" zukommen, das diese Handwerkergeneration ihr Wissen auf junge Omanis übertragen lässt, die jetzt schon, wie einst ihre Vorfahren, diese ehrwürdigen Boote bauen und in Fahrt bringen.