31.12.14 Zu Silvester


Schon wieder hat die verrinnende Zeit ein Jahr auf dem Gewissen und es gilt, sich auf die letzen Stunden und Minuten vorzubereiten. 
Wer noch nicht recht weiß wie, kann vielleicht aus den Zeilen von Ludwig Thoma ein wenig Inspiration schöpfen:

Neujahr bei Pastors

Mama schöpft aus dem Punschgefäße,
Der Vater lüftet das Gesäße
Und spricht: "Jetzt sind es vier Minuten
Nur mehr bis zwölfe, meine Guten.

Ich weiß, dass ihr mit mir empfindet,
Wie dieses alte Jahr entschwindet,
Und dass ihr Gott in seinen Werken
– Mama, den Punsch noch was verstärken! –

Und dass ihr Gott von Herzen danket,
Auch in der Liebe nimmer wanket,
Weil alles, was uns widerfahren
– Mama, nicht mit dem Arrak sparen! –

Weil, was geschah, und was geschehen,
Ob wir es freilich nicht verstehen,
Doch weise war, durch seine Gnade
– Mama, er schmeckt noch immer fade! –

In diesem Sinne meine Guten,
Es sind jetzt bloß mehr zwei Minuten,
In diesem gläubig frommen Sinne
– Gieß noch mal Rum in die Terrine! –

Wir bitten Gott, dass er uns helfe
Auch ferner – Wie? Es schlägt schon zwölfe?
Dann prosit! Prost an allen Tischen!
– Ich will den Punsch mal selber mischen."


  Hafenmelder beim Hafen melden
Für uns ist ein Jahr mit hohen und weniger hohen Tagen zuende gegangen. Es
war jetzt das dritte der HAFENMELDUNGEN. Dachten wir vor einem Jahr noch, größere Beachtung als bisher könnte ein kleiner Themenblog nicht erzielen, haben wir in diesem Jahr dazugelernt. Für das Interesse danken wir allen gelegentlichen und häufigen Lesern und wünschen allen ein gutes neues Jahr!
Auch in den letzten zwölf Monaten gab es Unfälle mit Traditionsschiffen. Soweit wir davon erfuhren, kamen dabei zum Glück keine Menschen zu Schaden. Die materiellen Folgen sind ohnehin schlimm genug und oft so groß, dass sie Einzelne in den Ruin treiben können.
Das möge allen, die sich aufs Wasser wagen im kommenden Jahr erspart bleiben. In diesem Sinne wünschen wir günstigen Wind, Mast und Schotbruch und immer eine handbreit Wasser unterm Kiel!

29.12.14 Das war’s!

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Einige Schiffe haben bei den
Ochseninseln einen Zwischen-
stopp eingelegt
Foto: Christian Zhorzel

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Zum Schluss streben alle zu
GESINE, zur Abschlussfeier
Foto: Christian Zhorzel
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Der Wanderpokal resp. -Kessel Lohn des Sängerwettstreits
Foto: Harald Harpke
Der Grogtörn 2014

Man darf offensichtlich nicht alles glauben, was in der Zeitung geschrieben steht. Am Samstag berichtete das Flensburger Tageblatt über den Grogtörn, der nun schon zum 34. mal am zweiten Weihnachtstag vom Bohlwerk des Museumshafens aus auf die Förde startete. Geschrieben war er von einem Lokalreporter, der diese beliebte Förderundfahrt des Museumshafens am zweiten Weihnachtstag seit Jahren journalistisch begleitet. In diesem Bericht schrieb er nun erstmals, der Grogtörn sei von der HISTORISCHER HAFEN gGmbH veranstaltet worden. Das stieß den tatsächlich Aktiven sauer auf. Sie wurden nämlich mit keinem Wort erwähnt. Auch nicht, dass sie die ganze Vorarbeit und Durchführung im Namen des Museumshafens in ihrer Freizeit und auf eigene Kosten erledigt haben. Das soll hier nachgeholt werden.
Wer so etwas noch nie gemacht hat, dem mag das ein kleiner Dienst erscheinen. Schließlich gibt es den Grogtörn schon seit 1981 und auf den ersten Blick hat er sich auch nicht nicht ständig neu erfunden. Also business as usual. Den Termin kennt jeder; er steht ja auch in der Zeitung und in jedem Tourismuskalender. Wer Lust hat macht mit, der Rest kommt vielleicht im nächsten Jahr dazu. Das mit den Rumflaschen und den Wasserkesseln hat sich auch schon rumgesprochen. Was da zu tun ist, kann doch nur ein Klacks sein, oder? 
Vieles wirkt klein - aus der Ferne betrachtet. Sieht man genauer hin, ändert sich das Bild. Nur ein Beispiel aus der langen Liste von Aktivitäten: Da die bekannten Schiffe des Museumshafens in diesem Jahr aus nachvollziehbaren Gründen größtenteils ausfielen, mussten andere Kandidaten gesucht und gefragt werden um die Lücke zu füllen. Gefühlte einhundertfünfzig Telefongespräche später stehen acht Teilnehmer fest, die ihre Schiffe verfügbar machen, und die auch die erwarteten ca. fünfzig "Passagiere" befördern können. Den Schippern gebührt ein herzliches Dankeschön, den Organisatoren Gerlinde und Harald sowieso, beide seit Jahren Mitglieder des Museumshafens. Es ist eben nicht selbstverständlich, wenn jemand aus bloßem Spaß an der Freud' in der Weihnachtszeit so etwas nebenbei organisiert. Deswegen wird ja von verständigen Journalisten und Politikern die gemeinnützige Arbeit als gutes Vorbild für eine lebendige Gesellschaft öffentlich herausgestellt. 

Aber mit der Zusage der Schiffseigner ist die Veranstaltung natürlich noch längst nicht abgehakt. Viele Aufgaben erfordern auch noch während der Feiertage Zeit für die Vorbereitung. Für den, der den Grogtörn noch nicht mitgemacht hat: Jede Schiffsbesatzung bekommt die Aufgabe ein Lied zu komponieren, zu texten und bei der Abschlussfeier vorzutragen, in dem vorgegebene Stichworte enthalten sind. Das kann man nachlässig vorbereiten oder mit Herzblut. Wie sonst kämen die liebevoll vorbereiteten, von Gerlinde handgemachten Vorgaben für die "Kulturschaffenden" zustande? Den Mitwirkenden hat es später große Freude bereitet und, wer weiß, vielleicht wurde bei der Gelegenheit das eine oder andere schlummernde Talent geweckt. Und auch das sollte gesagt werden: Gerlinde hat noch in der Nacht vor dem Grogtörn in ihrem Beruf in Ratzeburg Nachtdienst gemacht und ist frühmorgens nach Flensburg gefahren, um rechtzeitig zum Start des Grogtörns am Bohlwerk zu sein. 
In letzter Minute warf der stark schwankende Wasserstand während der Weihnachtstage die Planung für die Ablegestellen der Schiffe über den Haufen. Die lagen nun nicht mehr dicht beieinander, sondern über eine Strecke von mehreren hundert Metern längst der Hafenkante verteilt. Aber von Harald rasch entworfene "Fahrkarten" für die Schiffe verhinderten ein größeres Chaos. 
So entwickeln sich einige der Veranstaltungen des Museumshafens: immer turbulent und ziemlich fröhlich, falls jemand sich auf das nicht Perfekte einlassen will. Dafür darf jeder aktiv mitmachen, wenn es darum geht, miteinander ein paar gute Stunden zu verbringen. 
Bei solch einem Engagement, das kann man nun beruhigt annehmen, wird es auch künftig Grogtörns des Museumshafens geben.

27.12.14 War's das?

Gestern wie heute: Das Bohlwerk im ersten winterlichen Weiß.




























Wie aus gewöhnlich gut unterrichteter Quelle zu erfahren war, fand gestern der 34. Grogtörn des Museumshafen Flensburg statt und die vor zwei Jahren in der Lokalpresse angekündigte "Kernschmelze" (Der harte Kern wird immer kleiner) kam damit tatsächlich zu ihrem Ende. Wie wir aus zweiter Hand erfuhren, nahmen nur noch zwei Schiffe des Museumshafens, der einst diese traditionsreiche Veranstaltung begründete, an der letzten Ausfahrt im Jahr teil. Die meisten Schiffe des alten Kulturvereins waren aus unterschiedlichen Gründen nicht dabei. Das lag teils an der Gesundheit der Eigner (wie auch in unserem Fall), teils am Zustand der Schiffe. Im Flensburger Tageblatt wurde nun nicht mehr der Museumshafen als Veranstalter genannt, sondern die Dachorganisation Historischer Hafen Flensburg. Bisher war es immer noch so, dass als Veranstalter gilt, der die Aufgabe im eigenen Auftrag erledigt.

Dabei waren es vornehmlich Veranstaltungen wie die Rumregatta, die Apfelfahrt und, last but not least, der Grogtörn, die das gute Renommée des Museumshafens begründeten. Das jedoch scheint ihm nicht mehr bewusst zu sein, denn nach dem Grogtörn könnte demnächst auch die Marke Rumregatta an den Historischen Hafen übergehen. In diesem Jahr wurde sie auf Plakaten nur noch als Unterpunkt der Traditionswochen genannt. Es scheint, als gäbe sich der traditionsreiche Museumshafen auf diese Weise Schritt für Schritt selber auf.

Dennoch war die Veranstaltung für die Teilnehmer ein schönes Erlebnis, wenn man in diesem Punkt ebenfalls dem Flensburger Tageblatt glaubt. Zumindest hatte Petrus ein Einsehen und sandte nach der ersten Frostnacht in diesem Winter (Minus vier Grad Celsius) zuerst leichte Schneeschauer und dann auch noch Sonnenschein. Herz, was willst du mehr? Fast wäre es vermessen, über den schwachen Wind zu klagen. Man kann nicht alles haben, noch nicht einmal an Weihnachten.

25.12.14 Weihnachtsgrüße

SHTANDART im Brennpünkt


Heute bekamen wir Weihnachtsgrüße, mit denen wir nicht gerechnet hatten. Um so größer war die Freude über die unerwartete Mail. Der Skipper der SHTANDART, Vladimir Martius, den wir auf dem diesjährigen EMHC (als Teilveranstaltung der Traditionswochen) kennen und schätzen gelernt hatten, sandte uns herzliche Grüße und beste Wünsche für das kommende Jahr.
Das wäre für sich alleine keine Erwähnung in den HAFENMELDUNGEN wert, wäre das Schiff nicht schon wiederholt Gast im Flensburger Hafen gewesen, ein nicht zu übersehender Blickfang an der Hafenkante und auf der Förde. Bei dem Besuch im Sommer war Vladimir noch auf der Suche nach einem Winterliegeplatz für den Nachbau der ersten Fregatte, mit der Zar Peter der Große im 18. Jahrhundert seine Flotte neu aufbaute um damit Russlands Platz auf der Ostsee zu sichern. Pikanterweise fanden in diesen Wochen große Marinemanöver der Russischen Ostseeflotte statt. Vladimir wäre gerne mit seinem Schiff nach Flensburg gekommen. Nun liegt es seit dem 21. Dezember in Lübek, wo es von zahlreichen Menschen und unter entsprechender medialer Beachtung durch die Lübecker Nachrichten begrüßt wurde. Drei Monate lang wird der Liegeplatz der SHTANDART im dortigen Museumshafen sein. 

24.12.14 Zu Weihnachten




























Die HAFENMELDUNGEN wünschen allen Lesern ein frohes Fest!


Die Weihnachtsfeier des Seemanns Kuttel Daddeldu

Die Springburn hatte festgemacht
Am Petersenkai.
Kuttel Daddeldu jumpte an Land,
Durch den Freihafen und die stille heilige Nacht
Und an dem Zollwächter vorbei.
Er schwenkte einen Bananensack in der Hand.
Damit wollte er dem Zollmann den Schädel spalten.
Wenn er es wagte, ihn anzuhalten.
Da flohen die zwei voreinander mit drohenden Reden.
Aber auf einmal trafen sich wieder beide im König von Schweden.

Daddeldus Braut liebte die Männer vom Meere,
Denn sie stammte aus Bayern.
Und jetzt war sie bei einer Abortfrau in der Lehre,
Und bei ihr wollte Kuttel Daddeldu Weihnachten feiern.

Im König von Schweden war Kuttel bekannt als Krakehler.
Deswegen begrüßte der Wirt ihn freundlich: „Hallo old sailer!“
Daddeldu liebte solch freie, herzhafte Reden,
Deswegen beschenkte er gleich den König von Schweden.
Er schenkte ihm Feigen und sechs Stück Kolibri
Und sagte: „Da nimm, du Affe!“
Daddeldu sagte nie „Sie“.
Er hatte auch Wanzen und eine Masse
Chinesischer Tassen für seine Braut mitgebracht. 

Aber nun sangen die Gäste „Stille Nacht, Heilige Nacht“,
Und da schenkte er jedem Gast eine Tasse
Und behielt für die Braut nur noch drei.
Aber als er sich später mal darauf setzte,
Gingen auch diese versehentlich noch entzwei,
Ohne daß sich Daddeldu selber verletzte.

Und ein Mädchen nannte ihn Trunkenbold
Und schrie: er habe sie an die Beine geneckt.
Aber Daddeldu zahlte alles in englischen Pfund in Gold.
Und das Mädchen steckte ihm Christbaumkonfekt
Still in die Taschen und lächelte hold
Und goß noch Genever zu dem Gilka mit Rum in den Sekt.
Daddeldu dacht an die wartende Braut.
Aber es hatte nicht sein gesollt,
Denn nun sangen sie wieder so schön und so laut.
Und Daddeldu hatte die Wanzen noch nicht verzollt,
Deshalb zahlte er alles in englischen Pfund in Gold.

Und das war alles wie Traum.
Plötzlich brannte der Weihnachtsbaum.
Plötzlich brannte das Sofa und die Tapete,
Kam eine Marmorplatte geschwirrt,
Rannte der große Spiegel gegen den kleinen Wirt.
Und die See ging hoch und der Wind wehte.

Daddeldu wankte mit einer blutigen Nase
(Nicht mit seiner eigenen) hinaus auf die Straße.
Und eine höhnische Stimme hinter ihm schrie:
„Sie Daddel Sie!“
Und links und rechts schwirrten die Kolibri.

Die Weihnachtskerzen im Pavillon an der Mattentwiete erloschen.
Die alte Abortfrau begab sich zur Ruh.
Draußen stand Daddeldu
Und suchte für alle Fälle nach einem Groschen.
Da trat aus der Tür seine Braut
Und weinte laut:
Warum er so spät aus Honolulu käme?
Ob er sich gar nicht mehr schäme?
Und klappte die Tür wieder zu.
An der Tür stand: „Für Damen“.

Es dämmerte langsam. Die ersten Kunden kamen,
Und stolperten über den schlafenden Daddeldu.
Von Joachim Ringelnatz (aus: Kuttel Daddeldu, erschienen 1924)


22.12.14 Freitag: Grogtörn

Der Stoff, aus dem die Träume sind
"No frost", diesen Hinweis findet man an Lebensmitteln, die nicht gefroren werden dürfen. Es scheint, dass an der zweiten Dezemberhälfte auch so einen gebietender Hinweis haftet. 
Während die Polkappen schmelzen, werden auch hierzulande die Winter immer wärmer. Ein Blick aus dem Fenster genügt, um die Hoffnung auf weiße Weihnacht und Eisschollen auf der Förde fahren zu lassen. Insgesamt also schlechte Voraussetzungen für die traditionsreiche Kurzreise der eisenharten Segler, die sich weder von tiefen Temperaturen noch von prasselnden Hagelböen abhalten lassen, die Leinen loswerfen und am zweiten Weihnachtstag gegen Schnee und Nebel "Ochseninseln rund" fahren.
Sehleute und Seeleute auf dem Bohlwerk
Schon vor zwei Jahren titelte das Flensburger Tageblatt über den Grogtörn des Museumshafens "Der harte Kern wird immer kleiner". Die Feststellung bezog sich darauf, dass nur noch vier Traditionssegler vom Bohlwerk aus starteten um gegen den Preis einer Buddel Rum Jeden und Jede auf eine Rundreise über die Innere Förde mitzunehmen. In diesem Jahr ist die Kernschmelze zu ihrem, hoffentlich vorläufigen, Ende gekommen: Es gibt es kaum einen harten Kern mehr, der schmelzen könnte. So wie es aussieht, werden heuer nur zwei Traditionssegler ein letztes Mal im Jahr die Segel vorheißen und an den Wind gehen.
Da trifft es sich gut, dass eine kleine Flotte von alten Motorschiffen aus dem Historischen Hafen in die Bresche springt und zum Grogtörn einlädt. Auf ihnen gibt es teilweise sogar überdachte Plätze.
Welche Schiffe mitmachen, ist hier zZt. nicht bekannt. In der Zeitung werden Segler, Schlepper und Barkassen genannt ¹). Also einfach mal mit 'ner Buddel Rum zum Bohlwerk gehen und gucken, wer da kommt.
Wie in der Zeitung zu lesen war, sollte man ab 10.30 Uhr dort sein. Wer zuerst kommt, bekommt einen Platz und wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Der Grogtörn selber startet um 11.30 Uhr.
Und dann ist da noch die kleine erbetene Sonderabgabe: Weil Schiffsmotoren nicht mit Rum, sondern nur mit Diesel zum Leben erweckt werden können, würden sich die Schipper über einen kleinen "Obolus" freuen, auch wenn das Ziel der Reise nicht der Hades, sondern das alte Motorschiff GESINE ist. Dort soll es heiße Suppe, viel Geselligkeit und neue Grogtörnlieder geben.

Ansprechpartner im Museumshafen ist Harald Harpke, Telefon 0461-29318.



Kulturgut vom Grogtörn 2012 (Aufgaben an die Mitsegler für die Gesangsdarbietung
zum Abschluß des Grogtörns auf der GESINE)
___________________________________________
¹) Mittlerweile werden folgende Schiffnamen genannt:

Der Schlepper FLENSBURG will 15 Eis(Regen-)heilige mitnehmen.
Die Barkassen SOLITÜDE kann mit ca. 10 und die MARIA MERIT mit 5 Gästen fahren.
Die Weltumsegler Michael Wnuk mit seiner Segelyacht MARLIN will teilnehmen, ebenfalls die Motoryacht GILOTT und ein alter Grogtörnsegler mit seiner FREMTID

Ungewiss ist noch, ob die Motoryacht MARLIN und der Schlepper LUCY ebenfalls mitfahren

Und besser noch: in der Zeitung wird der renommierte Wetterexperte Meno Schrader mit einer Prognose für trockenes Wetter zitiert.

21.12.14 Zwischen Belt und Bodden

Das neue Jahr fängt gut an - zumindest was das Fernsehen betrifft. Am zweiten Januar, um 20.15 Uhr, zeigt das NDR- den ersten Teil einer neuen Reihe unter dem Namen Land zwischen Belt und Bodden  - Von Flensburg bis Lübeck“. In der Programmübersicht wird verraten, welchen Fragen das Fernsehteam nachspürte: "Was ist die Ostsee für ein interessantes Meer? Sie hat Landschaften geformt, das Leben an ihrer Küste geprägt, Krieg und Frieden beeinflusst. Der Film geht auf Entdeckungsreise."

Parallel dazu ist für den Silvester-Sonntag um 20.15 Uhr ein 90-minütiger Beitrag geplant, weil die Fülle der Bilder und Themen den Rahmen des Hauptbeitrags gesprengt hätte. Als Themen sind angedacht:
  • die Schweinswale in der Ostsee
  • die Kieler Sprotten und Eckernförde
  • Frühling und Raps in Schleswig-Holstein
  • die deutsch-dänische Geschichte
  • der Heringszaun und Kappeln
  • der Kieler Yachtclub
  • der Oldenburger Wall
  • die Mühle Fehmarn / Lemkenhafen
Die Entdeckungsreise wird auf einem Traditionssegler unternommen, zu den Themen gehört auch die Rum-Regatta in Flensburg. 

Hafenszene der Rum Regatta (hier von 2013)

20.12.14 DAGNY in trockenen Tüchern

Bereits Anfang des Monats hatte sich die Rettung des 117 Jahre alten Neutstädter Traditionsschiffs DAGNY abgezeichnet. Das Schiff bekommt, wenn die Verhältnisse so sind wie in der Pesse berichtet, eine neue Chance. (Wie auch in den HAFENMELDUNGEN berichtet, ist das Schiff am 30. September im Hafen von Neustadt gesunken. Im Bericht der Wasserschutzpolizei wurde der "marode Zustand" des Schiffes als Ursache vermutet.)
Der Suizidforscher Dr. Bernd Ahrens aus Lübeck ist neuer Eigner des Schiffes. Die Stadt Neustadt ist so sehr erleichtert über diese neue Wendung, dass sie dem Vertragsabschluss eine eigene Pressemitteilung widmet, dei wir hier wiedergeben.

Pressemitteilung

Dagny“ findet neuen Eigner und wird das „Schiff der 600 Seelen“. Die Stadt Neustadt in Holstein hat das am 30.9.14 im Neustädter Hafen gesunkene Traditionssegelschiff „Dagny“ Herrn Dr.med. Bernd Ahrens (Berlin/Lübeck) übereignet. Herr Dr. Ahrens ist Psychiater, Psychotherapeut und Suizidologe.
Jährlich nehmen sich in Deutschland 600 junge Menschen unter 25 Jahren das Leben – auch weil Ihnen eine Perspektive fehlt. Bernd Ahrens wird die „Dagny“ mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen wieder aufbauen, um für diese Tatsache mehr Öffentlichkeit herzustellen und allen Beteiligten am „600-Seelen-Projekt“ eine sinnstiftende Perspektive zu eröffnen.
Die Neustädter Bürgermeisterin Frau Dr. Tordis Batscheider freut sich, dass auf diesem Wege das Abwracken des 117jährigen, historischen Schiffes vermieden werden kann und gleichzeitig der Grundstein für ein soziales und gemeinnütziges Projekt gelegt wird.
Die Mannschaft um Bernd Ahrens wird die Dagny zeitnah aus Neustadt in Holstein abholen, um das Traditionsschiff seiner neuen Bestimmung zu zuführen.

Viele Traditionsschiffe wurden bisher für soziale Projekte eingesetzt, leider waren nur wenige von Dauer, weil das Geschäftsmodell eine öffentliche Förderung voraussetzte.
Wir wünschen dem Schiff und seinem neuen Eigner eine glückliche Hand und eine glückliche Zukunft.

18.12.14 Warum FALADO von RHODOS sank

FALADO von RHODOS
Quelle: Schiffshistorisches Archiv Flensburg

Anfang August 2013 sank die Brigantine FALADO von RHODOS westlich der Hauptstadt Islands, Reykjavik. Über den Untergang des Schiffes wurde in den Medien ausführlich berichtet, zumal sich an Bord auch sieben Kinder befanden, mit, wie damals berichtet, teilweise unzureichender Ausrüstung. Glücklicherweise kamen bei der Havarie keine Menschen zu Schaden. Auch die  HAFENMELDUNGEN berichteten über das Unglück.

Seit zwei Tagen liegt der offizielle Bericht der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) vor. Die Gutachter stufen den Untergang als "Schweren Seeunfall" ein und kommen zu gewichtigen Empfehlungen. Die erste geht an das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, die zweite appelliert an den gesunden Menschenverstand und das Verantwortungsgefühl der Eigner und Betreiber vergleichbarer Schiffe. Das sind insbesondere Traditionsschiffe, die nicht der Schiffssicherheitsverordnung unterliegen, weil keine Sportboote sind, aber auch nicht gewerblich betrieben werden.

Eine Bewertung der Untersuchungsergebnisse wollen und können wir hier nicht vornehmen. Aber den lesenswerten Bericht (265/13) sollte sich jeder Betreiber oder Eigner eines vergleichbaren Schiffes einmal zu Gemüte führen. Vielleicht enthält er nützliche Anregungen für das eigene Schiff.

Die Empfehlung an das Bundesministerium in dem Bericht könnte sich künftig auf alle Traditionsschiffe auswirken. Schon lange gibt es Überlegungen für einen allgemeinen "Boots-TÜV". Der könnte jetzt einen guten Schritt weit näher kommen.

17.12.14 Transplantation

Ursprünglich sollte der Artikel "RYVARs neues Herz" heißen. Jedoch trägt schon die liebenswerte Skipperin des roten Loggers diesen Ehrentitel und der soll ihr nicht streitig gemacht werden.
Aber ein treffender Titel wäre es dennoch gewesen, geht es doch um nicht weniger als den Austausch der "Hauptmaschine" wie die Skipperin mit Stolz in der Stimme sagt. Damit spielt sie darauf an, dass größere Schiffe oft mehrere Maschinen an Bord haben: Als Antrieb für den Generator oder als Lenzpumpe um einmal zwei Beispiele zu nennen. Früher, als es noch Glühkopfmotoren mit großem Volumen auf Schleppern, Fischereifahrzeugen und Frachtschiffen gab, wurde zum Starten Pressluft benötigt, die durch eine "Hilfsmaschine" zusammen mit einem Kompressor in große Vorratsbehälter geblasen wurde. Auch das Ankerspill und andere Winschen bekamen ihre Kraft von kleineren Verbrennungsmotoren. Die wurden oftmals liebevoll "Jockel" genannt.

Das Deck wurde aufgeschnitten um die Maschinen tauschen
zu können. Vom gelbe Motorblock der alten Maschine
wurden besondersd sperrige Teile abgebaut, wie z.Bsp. die
Auspuffkrümmer. Oben im Bild ist das Getriebe zu sehen.
Foto: Wiebke Kühn
Jetzt aber geht es um die Hauptmaschine von RYVAR. Die alte war in die Jahre gekommen. Ersatzteile zu beschaffen wurde schwierig, manches gab es nur noch auf Abwrackwerften oder Schrottplätzen. Auch der Treibstoffverbrauch war nicht mehr zeitgemäß, genau wie die Menge an Motorenöl in der Ölwanne. Wer keine Lust auf Antriebsstörungen hat, muss es regelmäßig tauschen, wie bei einem Automobil an Land. Und bei achzig Litern pro Ölwechsel, bekommt der Schipper ebenso regelmäßig beim bezahlen einen Schluckkrampf. Nein, es half alles nicht. Obwohl die "Alte" nie Anlass für Probleme gab, waren ihre Tage gezählt. Als dann noch
Jetzt lieber noch einmal genau hingucken. Ist alles
vorhanden? Können empfindliche Kabel oder Leitungen
beschädigt werden?
Foto: Wiebke Kühn
ein unglaublich günstiges Angbot für eine nagelneue moderne Maschine bekannt wurde, musste die "Neue" einfach her. Zumal sie mehr Leistung bringt und ohnehin schon weniger Treibstoff verbraucht. Das mit der Leistung und dem Verbrauch klingt wiedersinnig, ist es aber nur scheinbar, denn der Verbrauch eines Dieslmotors hängt u.a. von der Drehzahl ab. Je weniger
Drehzahl, desto weniger Leistung, desto weniger Verbrauch. Wer sich auskennt, könnte jetzt einwerfen, dass damit dem Motor geschadet wird, denn er neigt bei niedriger Drehzahl zu einer unvollständigen Verbrennung. Diese hinterlässt Russ im Brennraum, der das Motorenöl schneller altern lässt. Stimmt. Also darf man an dieser Stelle nicht übertreiben und die
Die "Alte" macht Platz im Maschinenraum.
Foto: Saskia Adam
"Hauptmaschine" immer wieder mal unter Last fahren, und immer schön warm werden lassen. Die Öltemperatur ist ein guter Anhaltspunkt. Manchmal werden auch besondere Ölfilter in den Nebenstromkreislauf eingebaut. Die sollen Schwebestoffe, agressive Chemikalien und Wasser im Öl binden.
Die Antriebstechnik auf Schiffen ist ein sehr vielschichtiges Thema. Es nimmt bei der Ausbildung von Schiffbetriebstechnikern einen großen Raum ein. Man ist schon vollauf beschäftigt, alle Systeme zu kontrollieren, ohne eine Meile zurückzulegen.
Warum sollte dann ein Segelschiff überhaupt einen Antriebsmotor haben? Schließlich ist man früher auch ohne ausgekommen. Tatsächlich hat Kolumbus Amerika erreicht und zwar Jahrhunderte vor der Erfindung technischer Antriebssysteme. Die ungezählten Fischer, Lotsen, Zollsegler fuhren bis in die ersten Jahrzehnte des 20sten Jhds. ohne Antriebsmotor.
Auch Kriegsschiffe wurden erst sehr spät motorisiert.
Da kommt schon die "Neue" an.
Foto: Saskia Adam

Weil die technischen Antriebe oft versagten, sah man bis in das 20. Jahrhundert auf Motorschiffen häufig noch eine Hilfsbesegelung. Selbst große Ozeandampfer waren sicherheitshalber damit ausgerüstet.
Doch zurück zu RYVAR und ihrer "Hauptmaschine". Bevor die "Neue" rein kann, muss die "Alte" raus. Da sie ja immer noch zuverlässig arbeitet, soll sie ihren Platz auf einem anderen Schiff finden. Deshalb soll sie möglichst am Stück herausgenommen werden. Genau so soll die "Neue" am Stück ihren Platz im Maschinenraum einnehmen. Die Anschlussmaße sind nahezu identisch, sodass das Getriebe mit geringer Modifikation weiter verwendet werden könnte. Auch die Motorlager brauchen nicht versetzt werden. Jedoch bedingt die größere Leistung und damit das höhere Drehmoment der "Neuen" neue Motorlager. Deren Spezifikationen können berechnet werden. Das ist ein Thema für Spezialisten.

Im Augenblick ist der Montageplatz im Maschinenraum für die "Neue" vorbereitet und die Eigner warten auf das Ergebnis der Berechnungen. Dann können die fehlenden Teile beschafft und eingebaut werden. Der Winter ist ja noch lang.

10.12.14 Niedrigwasser im Hafen

Hat jemand den Stöpsel gezogen? Der Wasserstand im
Hafen wird vom Wind über der Ostsee bestimmt.
Für Leute von der Westküste ist ein niedriger Wasserstand keinen müden Bericht wert. Sowas sieht man dort zweimal am Tag. Anders an der Ostküste Schleswig-Holsteins. Hier spricht man schon von Niedrigwasser, wenn der Wasserstand nur einen Meterdreissig niedriger ist als der durchschnittliche Wasserstand ¹). Das war am 09. Januar 2005. Gemessen daran ist es heute noch nicht einmal Mittleres Niedrigwasser und bis zum niedrigsten Wasserstand in demselben Zeitraum bleiben noch fünfzig Zentimeter. Den Unterschied macht auch nicht der tatsächliche Wasserstand, sondern, wie gut die Hafenanlagen und vor allem die Schipper die Festmacherleinen vorbereitet haben. "Angebunden wie eine Ziege", sagt man, wenn die Leinen für den niedrigen Wasserstand zu kurz sind. Dann "hängt" das Schiff in den Leinen. Fällt das Wasser auf noch niedrigeres Niveau, kann man leicht feststellen, wodurch sich der nicht mehr frei schwimmende Untersatz Erleichterung verschafft: Indem er die Leinen durchreisst, oder indem er einen Poller oder eine Klampe opfert. Bei einigen Schiffen im Museumshafen wird man das vielleicht noch heute feststellen können (hoffentlich aber doch besser nicht!). Die Klassischen Yachten in der Hafenspitze haben es besser. Sie können den Wasserstand ignorieren: Sie haben an einem Schwimmsteg und Bojen festgemacht.
Dabei muss niemand dauernd zum Hafen rennen, um sich über die Lage zu informieren. Glücklicherweise gibt es die Anwendung "Pegel Online" der Wasser- und Schifffahrtsdirektion. Dort können die Stände aller Pegel in ihrem Bereich abgelesen werden. Die Anzeige wird alle zwei Minuten aktualisiert.
Ein Blick auf die Seite könnte sich in dieser Nacht lohnen: Der Westwind soll sich zum Sturm auswachsen. Bei dieser Wetterlage sinkt der Wasserstand häufig sehr schnell und tief.

¹) Im Zeitraum 02. November 2000 bis zum 31. Oktober 2010




RYVAR hat noch viel Spielraum...
... PIROLA auch, etwas weniger
















Diese beiden sind näher dran
WIEBKE BOHLEN: einen Schritt vorm "Aufhängen"









08.12.14 Traditionssegler ausgeplündert


HANSINE
Foto: sh:z
Wie die sprichwörtliche Weihnachtsgans wurde in Lübeck ein Traditionssegler gerupft. Opfer des Diebstahls ist HANSINE, ein Haikutter, der auch hier in Flensburg bekannt ist.
Mit dem Foto (oben) machte das Flensburger Tageblatt heute morgen einen Artikel auf, in dem die Folgen der Diebesattacke geschildert werden. Alles was einigermaßen von Wert und verhältnismäßig leicht abzubauen war, ist von dem Schiff entfernt worden. 
Das Presseportal der Polzei berichtet zu dem Fall:
Lübeck (ots) - Auf einem im Hansahafen kurzfristig festgemachten Traditionssegler wurde eingebrochen und diverse Gegenstände entwendet. Das Schiff wurde regelrecht geplündert. Der 26m lange Traditionssegler "Hansine" hatte im Hansahafen an der Wallhalbinsel festgemacht. Die Besatzung ging von Bord. Als ein 55-jähriges Crewmitglied aus Schönefeld am 05.12.2014 wieder an Bord ging musste er feststellen, dass auf dem Schiff eingebrochen worden war und mehrere Gegenstände abgebaut und entwendet wurden. Im Inneren des Schiffes wurde die gesamte Elektronik samt Funk- und Navigationseinrichtung ausgebaut; sämtliche angeschlagenen Segel und Ersatzsegel wurden entwendet. Im Steuerstand fehlte das Steuerrad samt Ruderanlage, den Kreiselkompass und die ca. 300 kg schwere Rettungsinsel nahmen die Täter auch mit. An Deck wurden verschiedene Messingteile abgebaut, selbst vor dem Besteck und den Kissen im Schiff machten die Diebe nicht halt. Insgesamt beläuft sich der Schaden nach Angaben des Eigners auf mehr als 100 000EUR. Die Tatzeit dürfte zwischen dem 27.11.2014 bis zum 05.12.liegen. Die Wasserschutzpolizeistation Lübeck hat die Ermittlungen aufgenommen und bittet um Hinweise von eventuellen Zeugen, die verdächtige Beobachtungen gemacht haben. Die "Hansine" lag hinter der Kogge "Lisa von Lübeck". Auffällig ist das Segelzeichen in dem Großsegel. Es trägt das Zeichen FN 121 in schwarzer Farbe. Aufgrund der Diebesgutmenge wird davon ausgegangen, dass die Gegenstände mit einem größeren Fahrzeug abtransportiert wurden. Hinweise werden erbeten unter 0451/389710.


Das antike Hydraulik-Getriebe der Radsteuerung der HANSINE. Die Aufnahme entstand 2007 auf der Werft von Chr. Johnson
Am Großsegel mit dem Fischereikennzeichen FN 121  (Frederikshavn) wird der Dieb nicht viel Freude haben. Er wird es wohl zerschneiden müssen, um sich dadurch nicht zu verraten, denn diese Nummer gibt es nur einmal. Auch bei Steuerungshydraulik aus Bronze wird es ihm ähnlich ergehen. Sie ist ein antikes Stück, eine sehr seltene Ausführung. Es wäre wirklich ein Jammer, wenn es eingeschmolzen würde um Spuren zu verwischen.
Allerdings scheint es dem Dieb oder den Dieben nicht um den Materialwert gegangen zu sein, sonst hätten sie auch den Ständer unter dem Hydraulikgetriebe mitgenommen.  Er ist, wie das Getriebe, aus massiver Bronze. Aber vielleicht wurden síe bei der "Arbeit" gestört. Wie dem auch sei: Der materielle Schaden ist  beträchtlich - die Zeitung schreibt von rund 100.000 Euro. Der immaterielle Schaden ist es nicht minder. Wir wünschen der Polizei bei der Aufklärung viel Erfolg!

07.12.14 Spuren der Sklaverei

Detail des maßstäblich verkleinerten Entwurfs des
Denkmals zu Erinnerung an die Sklaven der Dänisch-
Westindischen Inseln
Im Original werden die Figuren lebensgroß sein.
Es gibt viele gute Gründe, das Flensburger Schifffahrtsmuseum auzusuchen. Da gibt es interessante Veranstaltungen, historische Schiffsmodelle und viele lehrreiche und unterhaltsame Angebote für Kinder und jung gebliebene.
Heute ging es nicht darum, sondern um eine Zusammenfassung dessen, was Flensburg, zu ihrer Blütezeit im transatlantischen Seehandel Dänemarks groß gemacht hat. Ungefähr zwanzig Interessierte waren gekommen, um sich von der Museumspädagogin Susanne Grigull einen Abriss über die Geschichte zu geben, in der die Wurzeln des einstigen Wohlstands sichtbar gemacht wurden. Es ist eine Geschichte von unternehmerischem Spürsinn und Wagemut, aber auch eine Geschichte der Ausbeutung, und skandalöser Skrupellosigkeit, wie sie vermeintlich heutzutage nicht mehr vorkommen. Gemessen am Thema  waren es eigentlich zu wenige Besucher, die zu der Präsentation gekommen kamen und die sehr informativen, gut recherchierten Ausführungen hätten eine größere Beachtung verdient. Auf der anderen Seite war in der kleinen Gruppe auch viel Zeit für vertiefende Fragen und Gespräche, die von den gut vorbereiteten Anwesenden gerne genutzt wurden.
Vordergründig ging es um zwei Kunstprojekte. Zum einen um die aktuelle Inszenierung "Vom Reisen in ehemaligen Kolonien" der Theaterwerkstatt Pilkentafel. Zum anderen um das Projekt des dänischen Bildhauers Jens Galschiøt für ein Denkmal, das dem Schicksal der knapp einhunderttausen Sklaven auf den dänischen Karibikinseln gewidmet ist. Beide sind Stachel im Fleisch des guten nationalen Gewissen in Dänemark. Zwar wird das Wort "Sklaverei" im Zusammenhang mit der Vergangenheit der jetzt zu den USA gehörenden Virgin Islands nicht verschwiegen. Die Rolle Dänemarks beschränkt man jedoch gerne darauf, dass man Schiffe ausgerüstet habe, die Baumaterial für die Plantagen in die Karibik schafften und im Gegenzug mit Rohzucker zurück kamen. Die offizielle Lesart ist bis heute, dass die menschenverachtende Sklavenjagd und der Sklaventransport auf Schiffen ohne unmittelbare Beteiligung der nördlichen Nachbarn stattgefunden haben. Es sind Deutungsmuster, die aus der KZ-Wirtschaft Deutschland in den dreißiger und vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts gut bekannt sind. Das könnte erklären, dass dieses Projekt nun durch offizielle Stellen behindert wird.

Worum geht es? Im Jahr 2017 jährt sich der Verkauf der Dänisch-Westindischen Inseln an die USA. Zu diesem Anlass plant der Künstler Jens Galschiøt aus Odense die Errichtung eines Denkmals, das an die Sklaven erinnert, die einst zum immensen Reichtum Altonas, Flensburgs und Kopenhagens beitrugen. Das Projekt trägt den vielsagenden Namen "Afro Danes".
Nach den Wünschen des Künstlers sollte die Plastik ursprünglich einen prominenten Unterbau bekommen: Den Sockel des so genannten Idstedtlöwen am Søren Kierkegaards Plads in Kopenhagen. Das geschichtsträchtige Fundament ist zur Zeit verwaist. Es hätte auch auf Flensburg und seinen Anteil an der dänischen Kolonialgeschichte verwiesen. In der Zwischenzeit wurde der Sockel demontiert und ist angeblich nicht mehr auffindbar.
Jetzt ist im Flensburger Schifffahrtsmuseum ist ein Modell der geplanten Skulptur zu besichtigen.

Jens Galschiøt ist hier nicht unbekannt. Erst im Juli präsentierte er in Flensburg auf dem traditionellen Fischkutter ANTON Skulpturen, die er unter dem provozierenden Namen "Das Boot ist voll" zur Situation der Flüchtlinge auf den Meeren. Diese Aktion fand damals in Flensburg ungewöhnlich wenig Resonanz. Das wundert um so mehr, als hierzulande auch mittelmäßige Werke mit einem großen Aufwand propagiert werden. Das Projekt "Afro Danes" bekommt hoffentlich mehr Beachtung. Es hat sie sicherlich verdient.

06.12.14 Der Nikolaus war da


Der Nikolaus begrüßt seine...
Heute kam der Nikolaus an Bord von Schlepper FLENSBURG, um die Kinder der Stadt zu besuchen. Sie erwarten ihn, geduldig auf dem Bohlwerk unter dem Historischen Krahn an der Hand ihrer Eltern, Großeltern Onkel und Tanten. Ein Musiker intoniert eine Begrüßungsmelodie zu dem Text "Nikolaus, Nikolaus, komm zu uns nach Flensburg 'raus". Ein paar singen zaghaft mit, andere habeen sich einen Becher warmen Kakao besorgt. Derweil sinkt die Sonne an einem wolkenlosen Himmel und sendet letzte goldene Strahlen auf St. Jürgen. Man muss wohl Bischof hier im Norden sein, um das hinzukriegen.  
...kleine Fangemeinde
Pünktlich nähert sich der alte Schlepper, schon erkennen die ersten den Gast - an seiner Mütze. Später wird ihn eine junge Reporterin der KINA fragen, warum er denn die Mütze und den besonderen Mantel trage. Die Antwort kommt so treffend wie überzeugend: "Damit man den Bischoff erkennt". Da waren die bummelig fünfzig Menschen schon in einer kleinen Prozession ins Schifffahrtsmuseum gezogen, wo der Nikolaus, Bischof Gothard Magaard, von seinen Aufgaben als Schutzheiliger der Kinder und Seeleute erzählt. Nach zwei Adventsliedern kommt endlich der Augenblick, auf den die Kinder gerne gewartet haben: Der hohe Gast öffnet seinen Sack und verteilt gute Gaben an die Kleinen. Die älteren Begleiter guckten gerührt. Es ist eine schöne kleine Feier. Radio und Presse sind auch gekommen. Für manche viel zu früh, ist der Sack mit den Gaben geleert und der Bischof macht sich auf seinen Weg zum nächsten Termin. Diesmal jedoch über Land. Nicht jeder Ort im Norden ist schließlich so maritim traditionell auf dem Wasserweg zu erreichen wie Flensburg und sein Historischer Hafen.
Übrigens: Der Ort historische Ort Myra, in dem der originale Bischof Nikolaus vor 1700 Jahren wirkte, liegt am Mittelmeer, also ebenfalls am Wasser.

05.12.14 Praktische Kulturpflege

Wie schön sind doch die alten Holzschiffe mitten in der Stadt! Malerische Zeugnisse der großen maritimen Zeit Flensburgs, von den goldenen Jahren auf und am Wasser. Alles ist wie früher: Die Schiffe, das Bohlwerk, der Historische Krahn (kein Schreibfehler!) die Hafenfront und natürlich auch die Ratten. Während erstere mehr oder minder minder mühsam erhaltene Relikte sind, erfreuen sich letztere größter Vitalität. Die geht so weit, dass ihnen der Lebensraum zu eng wird. Sie beginnen, die Schiffe des Museumshafens für sich zu erobern. 

"In Häfen hat es immer schon Ratten gegeben", war bisher die mehrheitliche Auffassung der Schiffseigner - solange das eigene Schiff nicht betroffen war. Jetzt scheint sich diese Haltung ein wenig zu ändern. Ein Traditionssegler wurde bereits an einen anderen Liegeplatz verbracht. Auf einem anderen wurden in kurzer Zeit sechs Ratten gefangen, nachdem erstmals Fallen aufgestellt wurden. 

Die HAFENMELDUNGEN hatten verschiedentlich über die fortwährende Rattenplage am Bohlwerk berichtet. Im Sommer tummeln sich Ratten, zur Freude mancher Besucher, in der Steinschüttung entlang der Museumswerft. Einige von ihnen sind tierlieb und haben gerne von ihren Fischbrötchen abgegeben, was die Population der Nagetiere auf konstant hohem Niveau hielt. Aber die Zeiten ändern sich und jetzt, in der winterlichen Kälte sind härtere Tage für die flinken Pelztiere angebrochen. Seitdem auch noch LILLE BJØRN durch die Abwrackaktion bei der Museumswerft als Brückenkopf ausfällt, sind die gefräßigen Nager in hellen Scharen in die Umgebung geflohen. Wer einmal auf der alten Hulk zu Besuch war, berichtet mit leisem Gruseln, dass Jackenärmel und Hosenbeine zugebunden werden mussten, um die eigene Unterwäsche frei von Ratten zu halten. Die suchten sich mittlerweile auf anderen Traditionsschiffen eine neue Bleibe.  
Rattenfalle mit Nutella als Köder
Quelle: WIKIPEDIA
Die jetzt arretierten sechs Ratten wurden in einer normalen Rattenfalle gefangen und zwar - kaum zu glauben - mit Nutella als Köder. Diese Haselnusscreme mögen sie wohl. Ob sie deswegen auch Feinschmecker genannt werden können, bleibt allerdings ihr "süßes" Geheimnis. Schließlich darf eine Ratte, die keine Reste von Fischbrötchen findet, nicht wählerisch sein und Hunger ist bekanntlich der beste Koch. Nutella als Köder hat aber auch einen praktischen Grund: Wurst, Schinken, Schnittkäse oder andere feste Nahrungsmittel zerren die intelligenten Nager einfach von außen durch die Gitterstäbe. Danach ziehen sie satt und zufrieden ihres Weges. Das funktioniert bei der schmierigen Creme nicht. Sie kann nur innerhalb der Falle verzehrt werden und so wird sie für die Ratte zur Henkersmalzeit. Guten Appetit! 
Allerdings geraten nicht alle Ratten in diese "Lebendfallen". Als Lernwillige und -fähige Gruppentiere haben sie bald den Bogen raus und verzichten auf die schmackhafte Verlockung. 
Andere Methoden sind in Deutschland dem Privatmenschen verboten, weil sie entweder gegen den Tierschutz, den Artenschutz oder den Umweltschutz verstoßen. Bleibt nur die Frage, was mit den lebend gefangenen Ratten geschieht. Morgen kommt ja der Nikolaus ans Bohlwerk. Ob er sie wohl mitnehmen möchte?

Mittlerweile versuchen sich die Schiffer zu schützen, indem sie alle Zugänge zum Inneren der Schiffe versperren und alle Nahrungsmittel von Bord entfernen.
Jetzt könnte man sagen: Problem erkannt - Problem gebannt und sich anderen Themen zuwenden. Wenn da nicht ein klitzekleines Problemchen übrig bliebe: Holzschiffe müssen gut gelüftet werden, wenn sie nicht Opfer von Schwitzwasser und Schimmel werden sollen. Nun sieht man statt offener Steckschotten Lochbleche und Windhutzen werden verstopft. Doch so kommt weniger Luft in die Schiffe. Nun muss der Innenraum mit elektrischen Lüftern zwangsweise belüftet werden. Bleibt die Sorge, dass am Bohlwerk ein hergelaufener Spaßvogel in der Nacht die Stecker aus den Anschlusskästen zieht. Dann ist bald ein neuer Satz Batterien fällig, es sei denn, man baut ein Relais vor die Lüfter, das die Leitung (12V) trennt, wenn der Landstrom ausfällt. 
Das alles machen die Skipper gerne, besonders vor den Feiertagen, dient es doch der Attraktivität Flensburgs. Im übrigen freuen sie sich, die schönen Schiffe mitten in der Stadt präsentieren zu dürfen.

03.12.14 Afro Danes


Soeben traf eine Ankündigung des Flensburger Schifffahrtsmuseume ein, die wir gerne weitergeben:
Am Sonntag, 7. Dezember um 11.30 Uhr präsentiert das Flensburger Schifffahrtsmuseum das Projekt "Afro Danes" des dänischen Künstlers Jens Galschiøt.

Ziel des Projekts ist die Errichtung eines Denkmals, das an die
100.000 Afrikaner erinnert, die von Dänemark im transatlantischen Sklavenhandel in die Kolonien Dänisch-Westindiens verschleppt worden sind. Der Kolonialhandel hat dem dänischen Gesamtstaat mit seinen großen Handelsstädten Kopenhagen, Altona und Flensburg immensen Reichtum beschert. Das Schicksal der versklavten Arbeiter auf den Plantagen interessierte damals fast niemanden - und ist bis heute kaum im Bewusstsein der Öffentlichkeit. Der Künstler Jens Galschiøt aus Odense plant für den 100. Jahrestag des Verkaufes der Dänisch-Westindischen Inseln an die USA 2017 die Errichtung eines Denkmals, das an diese Menschen erinnert.
Nach den Wünschen des Künstlers sollte die Plastik ursprünglich einen prominenten Unterbau bekommen: Seit dem Umzug des so genannten Idstedtlöwen nach Flensburg war der Sockel am Søren Kierkegaards Plads in Kopenhagen verwaist. Die Verwendung dieses geschichtsträchtigen Fundamentes hätte auch auf Flensburg und seinen Anteil an der dänischen Kolonialgeschichte verwiesen. In der Zwischenzeit wurde der Sockel demontiert. Die Fragestellung des Monuments bleibt jedoch weiterhin bestehen. Das Flensburger Schifffahrtsmuseum präsentiert nun ein Modell der geplanten Skulptur im Rahmen der Ausstellung "Sklaven, Zucker, Rum". Susanne Grigull wird im Rahmen einer Führung durch die Ausstellung das Projekt und die Skulptur vorstellen. "Afro Danes" wird als Teil des Begleitprogramms zur aktuellen Inszenierung "Vom Reisen in ehemaligen Kolonien" der Theaterwerkstatt Pilkentafel präsentiert.

Jens Galschiøt ist in diesem Jahr schon einmal mit einer spannenden Kunstaktion nach Flensburg gekommen. Im Juli präsentierte er auf dem traditionellen Fischkutter ANTON ein Happening unter dem provozierenden Namen "Levende Hav" zur Situation der Flüchtlinge. Dabei arrangierte er 70 Plastiken auf dem Schiff, die ihre Betrachter mit leeren, traurigen Gesichten ansahen.

03.12.14 Die letzten Tage der LILLE BJØRN

Muss noch eine Verbindung zum Rumpf gelöst werden?


 
Der Rest der Aufbauten hängt am Kran


Mittlerweile wurde der Rumpf des alten Frachtseglers komplett entkernt und von allen noch vorhandenen Umweltschadstoffen gereinigt. "Fettfrei" gemacht, nennt man das. Schließlich soll die Hülle versenkt werden, damit die Azubis einer Tauchschule im Binnenland in puncto Wracktauchen praxisnah üben können. Dafür sollen die Aufbauten demontiert werden, nachdem das Rigg zuvor komplett entfernt wurde. Ob die weggebauten Teile auf dem künftigen Übungsgelände noch eine Rolle spielen werden, ist nicht zu erfahren. Wenn nicht, ist das Üben am Wrack der LILLE BJØRN zumindest weniger gefährlich, wenn auch zu Lasten der realistischen Bedingungen. Denn das Rigg eines gesunkenen Großseglers ist oft eine chaotische Umgebung von frei treibenden Leinen, gebrochenen Stengen und Spieren samt Segeln, die sich als Leichentuch über dem geborstenen Rumpf ausbreiten. Wer genau wissen will wie das auf LILLE BJØRN sein wird, sollte einfach einen dieser Kurse belegen.  
Heute ging es darum, die verbliebenen Reste der Deckshäuser abzuheben. Ursprünglich sollten die wohl heil bleiben oder zumindest nicht weiter zerstört werden. Deshalb der prüfende Blick auf die verbindenden Bauteile. Sind auch wirklich alle gelöst? Kann sich nichts verhaken?

Als auf dem Kran schließlich die Spills langsam drehen und die dicken Trossen aufwickeln, kommt der Rumpf deutlich aus dem Wasser. Dann, mit einem Ruck fällt er wieder nach unten und die Reste des großen Deckshauses baumeln an den langen Anschlagketten. Es kann nicht mehr lange dauern, bis  LILLE BJØRN ihre letzte Reise antritt.

Alle füheren Bericht über LILLE BJØRN können hier aufgerufen werden.

01.12.14 Maritimes Weihnachtskonzert im Schifffahrtsmuseum

Alle Jahre wieder! Am 3. Adventssonntag findet im Flensburger Schifffahrtsmuseum wieder das Weihnachtskonzert des Tarper Shantychors "Die Hornblower" statt. Geboten werden traditionelle Shanties, maritime Weihnachtslieder, Erinnerungen an Norddeich Radio und Geschichten vom weihnachtlichen Brauchtum an Bord. Insgesamt können sich die Zuhörer auf einen besinnlichen Abend freuen, bei dem aber auch der Humor nicht zu kurz kommt.

So, 14. Dezember,
19.00 Uhr Flensburger Schifffahrtsmuseum


Einlass: 18.00 Uhr
Eintritt: 8,- Euro 


27.11.14 Über den Tellerrand geblickt

Im Sommer war Flensburg Treffpunkt des EMHC (European Maritime Heritage Council), einer Versammlung europäischer maritim-kultureller Spitzenverbände. Das Frage "In welcher Weise hat der Seehandel unsere Kultur geprägt" war Grundthema zahlreicher Vorträge. Sie werden, so ist zu hoffen, eines Tages auch zu materiellen Ergebnissen führen. Kürzlich erst hat der Präsident des US-amerikanischen Seefahrtsmuseums "Mystic Seaport" über seine weltbekannte Einrichtung am Beispiel der Restauration des letzten hölzernen Walfängers CHARLES W. MORGAN berichtet. Fünf Jahre lang wurde das Schiff von Grund auf restauriert - ein gewaltiges Projekt.
Es ist interessant zu erfahren, dass wir im Westen beim Versuch, uns unserer kulturellen Wurzeln durch maritim-historische Projekte zu vergewissern, nicht alleine sind.

Hier ein Beitrag von NPR aus dem Internet über ein interessantes Projekt aus Oman am Persischen Golf und Indischen Ozean. Auch hier wird ein enormer Aufwand geleistet um ein 18 Meter langes Holzschiff aus dem 9. Jhdt. nachzubauen, dessen Planken mit Leinen durch 37000 Bohrungen  zusammengenäht sind - bei vier Durchgängen je Bohrung. 
(Übersetzung aus dem amerikanischen von HAFENMELDUNGEN):

Oman belebt mit handgenähten Schiffen eine glorreiche maritime Vergangenheit

 

Die JEWEL of MUSCAT, Replik eines Handelschiffes aus Oman des neunten Jahrhunderts, segelt 2010 in den Hafen von Galle, Sri Lanka. Sie wurde in der traditionellen Weise mit Kokosfasern genähtt, die (ohne Nägel) das Schiff zusammenhalten. Das Schiff folgte alten Routen arabischer Handelsschiffe
Foto: Lakruwan Wanniarachchi/AFP/Getty Images
Heutzutage ist der Besucher des Sultanats Oman am Persischen Golf vermutlich ein blasser Europäer auf der Suche nach Wintersonne, oder ein Diplomat auf der Suche nach einem langfristigen Ausgleich zwischen Rivalen wie beispielsweise den USA und dem Iran. Die Reputation Omans als Vermittler ist wohlverdient und reicht Jahrhunderte weit zurück.
Als einst Nordeuropa von den Wikingern überrannt wurde, hatte Oman ein weitreichendes maritimes Handelsreich. Heute lehrt das Land eine neue Generation von Omanis dieses Erbe zu bewahren und damit die Welt an seine reiche maritime Vergangenheit zu erinnern. 

Die Gruppe "Oman Maritim" widmet sich der Wiederherstellung einiger traditioneller Holzschiffe, die Omans bemerkenswerte Vergangenheit als Seefahrer bestimmten.
Oman vertrieb Mitte des 17. Jhds. die portugiesischen Kolonialisten aus ihrer Hauptstadt Muscat, jagte sie dann die Ostafrikanischen Küste hinab, und erklärten Sansibar, mehr als 1800 Meilen weit entfernt, zur neuen omanischen Hauptstadt.
In den 1840-ern sahen die New Yorker fassungslos ein omanisches Fahrzeug in den Hafen rudern, mit Geschenken und dem ersten omanischen Botschafter, der die Vereinigten Staaten besuchte an Bord.


Die Kunst, Schiffe von Hand zu nähen,  neu erlernen.
Ein omanischer Schiffbauer trägt Öl aus der
Haifischleber, das traditionelle Dichtungs-
mittel der Wahl auf ein hölzernes Boot in
der "Oman Maritime Boatyard" auf. "Oman
Maritime" bewahrt die maritime Kultur des
Landes, rekonstruiert traditionelle hölzerne
Fahrzeuge aus der Zeit, als Oman Teil
eines starken maritimen Handelsreiches
am Indischen Ozean war.
Foto: Peter Kenyon/NPR
Ein mittelalterlicher Ankerstein liegt in der Oman Maritim Shipyard neben zahlreichen Fahrzeugen, nicht unähnlich denen, die einst auf der "maritimen Seidenstraße" nach Asien pendelten und mit exotischen Waren und afrikanischen Sklaven handelten.
Chef Bootsbauer Babu Sankaran dechselt einen Bugsprit derweil sich ein stechender fischiger Geruch verbreitet, als ein anderer omanischer Arbeiter an einem Fischerboot Öl aus der Leber von Haifischen aufträgt, das traditionelle Dichtungsmittel der Wahl.
Oman lud Eric Staples ein, amerikanischer Experte der Maritimen Geschichte des Indischen Ozeans, sich an ihren Bemühungen um das Erbe zu beteiligen. Er sagt, der Ozean ist entscheidend für das Verständnis Omans mit seiner vollständig gemischten Kultur entstanden aus Wellen von Migranten aus arabischen Staaten, Persien, Ost-Afrika, Indien und sonst wo her. "Eine sehr reiche Geschichte, wo es es eine gewaltige Folge von Bewegungen und Migrationen, und Austausch von Gütern gibt", sagt Staples. Das ist vielleicht nicht in den Geschichten erhalten, weil es nicht Teil der Herrschaftsgeschichten ist, aber es ist imer noch sehr gegenwärtig.  Ein Schiffsbauer schleift geduldig einen Teil eines Fischerbootes, als Staples auf ein Muster verschlungenen Leinen zeigt, das zur traditionellen Bootskontruktion gehört - mit Planken, die nicht genagelt, sondern zusammengenäht sind.
Die bevorzugte Leine besteht aus Kokosnuss-Faser. Sie ist elastisch genug um eine Seereise zu überstehen und sie quillt bei Nässe, sodass ein Faserbündel die Lücken unter der Naht  füllt und die Dichtung verbessert.
Staples gibt einem Besucher einen Schnellkurs im langsamen Bau von Booten.
"Ein Mann auf der einer Seite nimmt eine Leine und zieht sie durch die Bohrung, zieht sie wirklich fest durch. Und dann nimmt sie der Mann auf der anderen Seite schlägt sie mit einem Hammer bis sie hübsch dicht ist und sagt 'Ok, das ist gut'", sagt er und führt eine Leine durch eine (weitere) Bohrung in einer Musterplanke.
"So geht das mit jedem einzelnen Stich. Und mit jeder Bohrung muss man es viermal machen. Bei 37000 Bohrungen, kommt eine hübsche Menge Arbeit zusammen, verstehst du?"
Handgemachte Nägel und andere Neuerungen trieben den Seehandel weiter voran. Das berühmteste maritime Projekt von Oman ist die JEWEL of MUSCAT, eine Replika eines Wracks aus dem neunten Jahrhundert das bei Indonesien gefunden wurde. In 2010 führte "Oman Maritim" das Schiff in einer sechsmonatigen Reise von Muscat nach Singapur, wo die antike chinesische Keramik gekauft wurde, die man an Bord des Wracks fand.


Die Crew der JEWEL of MUSCAT, Replika eines omanischen Handelsschiffes aus dem neunten Jahrhundert birgt seine Hauptsegel als es im Jahr 2010 in den Hafen von Galle in Sri Lanka einläuft.                                                                                                                                 Foto: Andrew Caballero-Reynolds/Reuters/Landov                                                                                                                                  

Aufkeimender sektirerischer Zwist
Heute neigt der Westen dazu, Oman als einen seltenen neutralen Golfstaat zu sehen, der sowohl mit dem Iran als auch mit den Saudis zusammenarbeiten kann.
Diese Fähigkeit, sich von den regionalen sektirerischen Spannungen zu halten, wird manchmal einem einzelnen Mann zugeschrieben, dem 74-jährigen kranken Sultan Qaboos bin Said. Dieser Ansatz jedoch, sagt Staples, wuchs allmählich aus Omans ozeanischen Vergangenheit. "In vieler Hinsicht ist der Grundpfeiler der heutigen Diplomatie darauf gegründet, dass Handel ein gehörige Bereitschaft zu Verhandlungen bedingt", sagt er. "Die Beziehung Omans zum Rest der Welt ist nicht einfach so aus dem Nichts entstanden", fügt er hinzu. "Es gibt lang bestehende Verbindungen zu allen politischen Akteuren in diesem Teil der Welt".
Die hier nahezu verlorengegangene Kompetenz in puncto traditioneller Schiffbau wieder zu beleben, ist eines der bedeutendsten maritimen Projekte Omans. Größte Bedeutung darin könnte dem "Junior Shipwright Program" zukommen, das diese Handwerkergeneration ihr Wissen auf junge Omanis übertragen lässt, die jetzt schon, wie einst ihre Vorfahren, diese ehrwürdigen Boote bauen und in Fahrt bringen.