29.06.14 Rum-Museum neu eröffnet

Museumsdirektor Dr. Thomas Overdick (re.) ehrt die Helfer und Förderer des Projekts. Sie haben zum Gelingen beigetragen. Die rote Schleife ziert einen Karton der eine - wie könnte es bei dem Anlass anders sein? Flasche Rum als "Danke schön" enthält.
Mit einer Feierstunde wurde heute das Flensburger Rum-Museum in Anwesenheit von rund 200 Gästen eröffnet. Der Oberbürgermeister begrüßte in der Festansprache die geladenen Gäste, insbesondere die Vertreter der alten Flensburger Unternehmen HBK Dethleffsen und HGDF Dethleffsen. Sie haben mit ihrer tatkräftigen Unterstützung dieses Projekt möglich gemacht. Er stellte heraus, dass in dieser Woche zwei Heimkehrer nach Flensburg zurückgefunden haben: Der Schlepper FLENSBURG und das Rum-Museum, das nun nach fast zwei Jahren wieder eröffnet wird. Der Direktor des Flensburger Schifffahrtsmuseums schloss sich mit einer launigen Rede an, in der er auf das Neue am neuen Rum-Museum aufmerksam machte. Das ist zunächste einmal ein vollkommen neues Konzept der Ausstellung, das den Betrachter zum Mittelpunkt macht. Im alten Zollkeller, dem Ort des bisherigen Rum-Museums, wurde jetzt eine Video-Installation auf drei Bildschirmen in Betrieb genommen. Sie setzt  die erfolgreiche, mehr als 275 Jahre währende Geschichte der Flensburger Kaufmannsfamilie Dethleffsen in Szene. Sie ist während der ganzen lange Zeit eng mit der Stadt Flensburg, dem Handel und damit auch der Schifffahrt verbunden. Gleichzeitig wurden die bisherigen Ausstellungen "Sklaven, Zucker, Rum" und  "Hafen & Höfe" mit den Filmszenen aus dem Rum-Museum verbunden. Unter dem Namen "Flensburger Handelsroute" bilden sie nun - auch das ist neu - in der Präsentation eine Einheit, so, wie sie ja auch von der Sache her eng miteinander verbunden sind. Hierzu gibt es auch für Kinder von acht bis zwölf Jahren ein ansprechendes Angebot.
Die Hafenmeldungen berichteten über das Konzept in dem Beitrag vom 25. d.M..

Schließlich wurde in einem "Making of" über das Enstehen des Videofilms die Arbeit im Projekt nacherlebbar gemacht.

Ungeplant, aber dennoch willkommen, war ein Beitrag des Museumshafens, der vor langen Jahren eine große Flasche Rum mit dem Abfülldatum 1993 aus den Augen verloren hatte. Sie wurde nun zur Eröffnung dem Schifffahrtsmuseum "ungeöffnet und mit vollständigem Inhalt" übergeben.

Insgesamt war es eine sehr schöne und gelungene Feier.

Zum Schluß warb der Förderverein des Schifffahrtsmuseums um neue Mitglieder. Ein Aufruf, der hoffentlich auf offene Ohren trifft. Einrichtungen wie das Schiffahrtsmuseum sind für den kulturellen Zusammenhalt eines jeden Gemeinwesens unverzichtbar. Sie erzählen davon woher wir kommen und helfen uns in einer komplexer werdenden Welt zu orientieren. Sie sind unser aller Unterstützung wert.

Die originale Ladeneinrichtung des ehemaligen Einzelhändlers C.C. Petersen, einst eine  Flensburger Institution, ist weiterhin Teil des Schiffahrts-Museums. Wer das Rum-Museum besucht, sollte unbedingt auch die zugehörigen Ausstellungen der "Flensburger Handelsroute" ansehen - am besten im Rahmen einer Führung.

25.06.14 Das Rum-Museum wird neu eröffnet

Das Schifffahrtsmuseum Flensburg geht einen weiteren Schritt auf dem Weg zu einem Erlebnisort für Flensburger Geschichte. Nach rund eineinhalb Jahren Vorbereitung  ist das beliebte Rum-Museum im Keller alten Zollpackhauses am Hafen ab Sonntag, dem 29. Juni wieder für die Besucher geöffnet - und sie werden es nicht wiedererkennen. 
Der große Raum, in dem früher die Zollwaren gelagert wurden und in dem zuletzt Gegenstände aus der Rum-Geschichte der Stadt zu besichtigen waren, ist jetzt Teil einer umfassenden Präsentation auf hohem Stand der Kommunikations- und Filmtechnik. Jede halbe Stunde beginnt eine Video-Präsentation entlang 275 Jahren Geschichte der Familie Dethleffsen, einer der ältesten Kaufmannsfamilien Flensburgs. Sie ist sehr authentisch, weil sie materiell und ideell von eben dieser Familie unterstützt wurde. Dabei widersteht sie dankenswerterweise der Versuchung einer schlichten Selbstdarstellung. Der Inhalt zeigt aber nicht nur den geschichtlichen Ablauf. Weil er auch auf menschliche Schicksale eingeht, wird die Vergangenheit auch für uns Menschen heute nachfühlbar. Ein Sohn der Familie wurde im Jahr 1703 im Mittelmeer von Piraten in die Sklaverei verkauft und die Mutter bekommt lange keine Nachricht von ihm, bis ihr ein Kaufmann das Gesangbuch des Vermissten als Lebenszeichen überbringt. Nun weiss sie, dass er lebt und wo. Schließlich kann sie ihn von seiner Sklavenherrin freikaufen. Das Gesangbuch ist jetzt eines der Exponate der Ausstellung. 

Blick in den neu gestalteten Rum-Keller
Die Vorführungen sind abwechselnd in deutscher und dänischer Sprache, und dauern je kapp 20 Minuten. Sehr ansprechend ist, dass die im selben Raum ausgestellten Bilder und Werkzeuge passend zum Video-Vortrag von einer gezielten Beleuchtung hervorgehoben werden. Ansprechend ist auch, dass die Ausstellungen im Museum zu den Themen "Hafen & Höfe" und "Sklaven, Zucker, Rum" in der neuen, sogenannten "Handelsroute" zu zwölf Stationen zusammengefasst und einbezogen werden. Wer darin eine Aufforderung sieht, diese auch zu besuchen, liegt genau richtig. Man sollte ihr folgen, um das Thema insgesamt mit seinen wesentlichen Facetten zu erfassen. 

Das Konzept für den Erlebnisraum im Keller stammt von von Forward Filmproduktion. Die zugrunde liegenden Informationen hat die Volkskundlerin Julia Schramm zusammengetragen.

Neu ist auch, dass die Vorführung im Keller mit dem Rum-Museum für jedermann frei zugänglich ist. Für den Besuch des übrigen Museums wird weiterhin das übliche Eintrittsgeld fällig. 

Das Begleit- und Arbeitsheft zur Ausstellung
Das museumspädagogische Angebot von Frau Grigull zur Rum-Geschichte verdient, beachtet zu werden. Es folgt den wesentlichen Stationen der Ausstellung und regt junge Besucher im Alter von ca. acht bis zwölf Jahren in einer altersgerechten Form zur Auseinandersetzung mit den Themen der Ausstellung an. Dazu gibt es ein sehr ansprechendes Begleit- und Arbeitsheft, das sicherlich großen Anklang finden wird. 

Zum Abschluss der heutigen Pressekonferenz überreichte Herr  Hans A. Dethleffsen eine Münzwaage aus dem 18. Jahrhundert als Leihgabe an das Schifffahrtsmuseum. In unserer Zeit mit der (nahezu europaweit) einheitlichen Währung Euro kann man es sich kaum noch vorstellen: Schleswig-Holstein prägte eigene Münzen. Wer Münzgeld aus anderen Staaten in Zahlung nahm, musste sich vergewissern, dass er keinem Betrüger aufsaß. Dazu diente dieses für Kaufleute unverzichtbare Gerät. Es sei - so sagte er bei der Übergabe - zugleich auch ein Sinnbild für das kaufmännische Prinzip des "Wägens und Wagens", mit dem seine Familie ihre lange Kaufmannsgeschichte erfolgreich überdauert hat. Geholfen hat dabei vielleicht auch ein Wunsch, der die Jahrhunderte in der Familie überdauerte: "Gott gebe uns Geduld und vergnügte Herzen".  

Interessant in dem Zusammenhang ist auch ein Vortrag, den Herr  Hans A. Dethleffsen im letzten Jahr Anfang Dezember im Franziskanerkloster über ein Thema seiner Familiengeschichte hielt.

23.06.14 Neues von FORTUNA

Inzwischen gibt es neue Informationen von FORTUNA, die jahrelang in Flensburg lag, teils in der Museumswerft an Land, teils im Museumshafen im Wasser. Nachdem ihr hierzulande kein besonders glückliches Schicksal beschieden war, wurde sie im letzten Herbst nach Rostock verkauft (die HAFENMELDUNGEN berichteten). Dort kommt die gründliche Restauration nun so langsam zum Abschluss. Vom derzeitigen Stand der Arbeiten berichtet ihr neuer Eigner (Link auf die Werft Rammin von HAFENMELDUNGEN):
"Die Sache mit dem Achtersteven hat den Zeitplan und die Kosten gesprengt. Ich hoffe, dass das Boot im Juli/August segelklar sein wird. Persönlich habe ich seit Oktober 2013 ca. 450 Std. Eigenleistung geleistet. Die Werft Rammin in Barth ist, bis auf einige wenige Bootsbauer die einzige, wo noch das Know How für diesen Bootstyp (auf Sohle gebaute Zeesboote/Strandboote etc.) vorhanden ist."
Herzlichen Dank für die Information!
Bilder der Arbeiten können in Picasa aufgerufen werden. Hier eine Auswahl wesentlicher Stationen in der Restauration (Kommentare von HAFENMELDUNGEN). Ein beachtliches Projekt!

Fazit: Es reicht leider nicht, Zeit, Geld und Sachverstand in Bau und Restauration von alten Schiffen zu stecken (FORTUNA wurde vor Jahren auf der Museumswerft Flensburg restauriert), man muss dasselbe auch für den Unterhalt aufbringen können und wollen. In dem Sinne wünschen wir FORTUNA und ihrem neuen Eigner eine glückliche Zukunft.


Oktober - Dezember 2013 -
Entfernung des Betonballastes


Auch wenn in vielen Holzschiffen Beton als Ballast verwendet wird: Hier muss er entfernt werden, weil das Holz darunter unbemerkt verrotten konnte. Möglicherweise ist das aber auch dem Regenwasser geschuldet, das sich jahrelang immer wieder im Rumpf sammeln und nie vollständig entfernt werden konnte. Die Schimmelpilze werden sich darüber sehr gefreut haben.






April 2014 -
Der neue Achtersteven wird von oben eingefädelt
und passt auf Anhieb!


Das undichte Deck wird dazu beigetragen haben, dass Süsswasser von oben in die Sponung eindrang und Steven samt der Plankenköpfe dem Pilz als Nährboden bereitete.









April 2014 -
ca. 80% der Decksnähte sind offen und werden neu verfugt -
Blick auf den neuen Schwertkasten aus V4A




Der Schwertkasten ist vermutlich ebenfalls dem Süsswasser unter dem Beton zum Opfer gefallen. Er musste erneuert werden








Mai 2014 -
das neue Motorfundament




Mai/Juni 2014 -
Bb-Seite (neue Planken, Ansatz einer Stahlsohle
in Ausführung als Ruderharke)
Mai/Juni 2014 -
ca. 20m am Ansatz angefaulte Planken müssen im Zusammen-
hang mit dem Austausch des Achterstevens gewechselt werden.







22.06.14 Traditionswochen adé

"Eines steht jetzt schon fest: 2014 wird für das maritime Flensburg ein extrem maritimes Jahr", schrieb das Flensburger Tageblatt in einer Ausgabe von Anfang Juni. Das Adjektiv "maritim" wird, so WIKIPEDIA, "insbesondere dann angewendet, wenn es um Nutzungen des Meeres durch den Menschen oder eine auf den Menschen bezogene Sichtweise geht."
In Flensburg entsteht der Nutzen durch eine Reihe von Veranstaltungen im Hafen und auf der Förde. Sie beschäftigen außer den Organisatoren fliegende Händler, Gastwirte, das Transportgewerbe und die Hotellerie, samt deren Kundschaft von nah und fern. Kurz gesagt: Maritime Veranstaltungen fördern Flensburgs Tourismus.

Die Saison begann auch in diesem Jahr mit der Rum-Regatta, dann folgten weitere "events", wie man heutzutage sagt. Diese wurden erstmalig unter dem Oberbegriff "Traditionswochen" zusammengefasst, die gestern endeten. 



Ausrichter sind bekannte Größen unter den Hütern traditioneller Schifffahrt, wie Robbe&Berking, der Museumshafen Flensburg e.V., die Klassischen Yachten Flensburg e.V., die Fördervereine der GESINE und des Salondampfers ALEXANDRA und, last but not least, der Historische Hafen Flensburg gGmbH, um nur einige zu nennen.

In diesem Jahr kamen zwei Veranstaltungen einmalig nach Flensburg. Die dänische Traeskibssammenslutningen (wörtlich: Holzschiffsvereinigung) hielt sein Jahrestreffen in Flensburg ab, dem ehemals zweitgrößten Hafen im dänischen Königreich. Zu dieser Gelegenheit kamen viele alte Segel- und Motorschiffe, die meisten in hervorragend gepflegtem originalen Zustand.
Einige kommen nur selten nach Flensburg, andere waren noch nie hier.
Aufgefallen ist die sehr ruhige Art der Zusammenkunft bei diesem Treffen. Die
Gäste saßen auf Bänken an Tischen auf dem Bohlwerk, aßen und tranken eigene Speisen und Getränke. Selbst die Musik war selbst gemacht. Es wurde gesungen und von Bord waren Schifferklavier und andere Instrumente zu hören. Wollte man die Rum-Regatta "leise" nennen, wäre hier der Begriff "ruhig" angebracht.Es war, und das kann man nur auf dänisch benennen, einfach "hyggelig".

Das diesjährige Treffen der EMH (European Maritime Heritage) in Flensburg ist in der öffentlichen Wahrnehmung leider nahezu komplett untergegangen. Sie ist eine europäische gemeinnützige Organisation und vertritt die Interessen privater Eigner traditioneller Schiffe, maritimer Museen und anderer interessierter Gruppen, insbesondere gegenüber der Europäischen Union. Die EHM gibt es seit 20 Jahren. Sie hat die sogenannte Barcelona Charter entwickelt. Diese legt seit 2002 europaweit Prinzipien fest, nach denen historische Wasserfahrzeuge erhalten und wiederhergestellt werden. Der Titel der diesjährigen Konferenz lautete “Maritime culture across frontiers” ("Grenzüberschreitende maritime Kultur").  
Hochkarätige Vertreter von Museen, schiffsbetreibenden Vereinen, von Verbänden und aus der Wissenschaft in ganz Europa berichteten über ihre Projekte und Erfahrungen und diskutierten darüber, wie das maritime Kulturerbe in ihrem jeweiligen Bereich gesichert, entwickelt und an die Jugend weitergegeben wird. Auch die russische SHTANDART wurde im Rahmen eines solchen Projektes gebaut. Der Nachbau der Fregatte ist ein vollständig privates Projekt, für Russland eine Pionierleistung. Sie war während des Treffens Gast in Flensburg.

Einmalig ist auch, das steht zu hoffen, die Rückkehr des Schleppers FLENSBURG in seine frühere Wirkungsstätte. 

In den folgenden Jahren werden weniger Veranstaltungstermine so dicht zusammenfallen wie jetzt. Ob es dann noch einmal "Traditionswochen" geben wird, ist daher ungewiss.
Wegen der Werbung für die neuen "Traditionswochen" gab es in diesem Jahr erstmals keine eigenständige Ankündigung der Rum-Regatta und der Classic Week. Wer darüber trauert, kann sich damit trösten, dass die Tradition der Rum-Regatta Plakate mit dem Ableben der Traditionswochen wieder aufleben wird.

22.06.14 FLENSBURG zurück in Flensburg

FLENSBURG, aufgenommen vor einem Jahr beim Dampf-Rundum

Gestern endeten die "Traditionswochen" mit der Rückkehr des 60 Jahre alten Schleppers FLENSBURG in ehemalige Heimatstadt, die nun auch seine neue sein wird.
Nach langer Vorbereitung wurde er von Glückstadt, seinem letzten Heimathafen, zurückgeholt in die Stadt, wo er schon einmal seinen Wirkungskreis hatte, als Hafenschlepper im Dienste der Flensburger Schiffbau Gesellschaft (FSG). Das war von 1973 bis 1992. Anschließend wechselte er noch einigen Male den Besitzer bis drei Herren im Unruhestand im Jahr 2000 das mittlerweile außer Dienst gestellt Schiff kauften und in seinen ursprünglichen Zustand zurück versetzten. Da ging es nicht nur um Reparaturen, sondern auch um die Schönheit. Denn dafür blieb im harten Alltag eines Berufsschiffs nicht immer genügend Zeit übrig. Als es nichts weiter zu tun gab, als sich am Erreichten zu freuen, haben sie ihren Schlepper nach Flensburg zurückgegeben, wo der Historische Hafen nach einem geeigneten Objekt suchte, um seine "Dampfersammlung" zu erweitern. Nun liegt er an der sogenannten Dampferbrücke, wo sonst der Salondampfer ALEXANDRA festmacht.
FLENSBURG ist der dritte und der größte Hafenschlepper im Historischen Hafen. Die anderen beiden, SOLITÜDE und JONNY liegen schon seit einiger Zeit dort.
Sollte jetzt einmal Not am Mann, oder genauer, am Schiff sein, sind wir hier jetzt gut vorbereitet, falls es alten Schleppern nicht ebenfalls verboten ist zu schleppen und falls sich die Mannschaft der FLENSBURG etwas geschickter anstellt als die Crew von Mickey Mouse, Donald Duck und Goofy in dem Film von 1940. Aber davon können wir doch getrost ausgehen.






21.06.14 Maritimes Erbe (5)


Heute Kunsthandwerk - einst Freizeitbeschäftigung von Seeleuten
Maritimes Erbe wird auch in kleinen Dingen sichtbar. Einige sind unscheinbar und zeugen dennoch von einer Kultur, die, als Ganzes zerbrochen, sich noch in ihren Splittern spiegelt. Ein Beispiel dafür ist heute an einem der Gebäude der Museumswerft zu sehen. Es ist eine Arbeit in der Art von Makramee, die eine Qualle mit ihren Schleierfäden darstellt. Sie hängt am Fallrohr der Regenrinne einer der Hütten auf dem Gelände der Museumswerft. Um den haltenden Leinen auf der schräg aufwärts laufenden Blechröhre sicheren Halt zu geben, ist ein Holzkeil untergeschoben. Diese Art der Befestigung haben früher schon Seeleute und Hafenarbeiter gewählt, wenn Ladung sicher befestigt werden musste, oder aber wenn im Rigg Takel behelfsweise angeschlagen werden sollten.
Seeleute verbrachten ihre Zeit weniger mit Shantysingen, als man heute annehmen könnte, wenn man die Hafenfeste besucht. Als Handwerker waren sie sehr geschickt, gab es doch ständig etwas zu reparieren oder neu anzufertigen. Während ihr Arbeitstag mit vorgegebenen Aufgaben angefüllt war, genossen sie in ihren freien Stunden, selbst gewählte Aufgaben zu erledigen. So entstanden Schiffsmodelle, Pullover oder auch kunstvolle Schmuck- und Zierstücke. Ja, auch Pullover. Seeleute konnten sehr gut stricken. Auch mit Makramee, in mehr oder weniger kunstvoller Ausführung, verbrachten die Teerjacken ihre Freizeit. Fernsehen, Internet, Radio gab es nicht an Bord und immer miteinander reden ging auch nicht. Außerdem konnte man das Ergebnis auch gerne als Geschenk nach Hause mitbringen. Der Fantasie war keine Grenze gesetzt. So entstanden Schlüsselanhänger, Bilderrahmen, Tischdecken, Mützen oder aber auch Tiere und andere Figuren. Als Kunsthandwerk oder als Freizeitbeschäftigung hat sich diese Liebhaberei - heute sagt man Hobby - bis auf unsere Tage erhalten.

17.06.14 Bärendienst

Heute eröffnet das Flensburger Tageblatt den Lokalteil mit einer Mitteilung aus dem Museumshafen: "Kampf um die Flensburger Haifisch-Bar". Das klingt, als wäre ein zentrales Stück Flensburger Identität gefährdet, vergleichbar der (erfundenen) Nachricht "Pariser Eiffelturm soll abgerissen werden". Und das Wort "Kampf" wird bekanntlich seit Jahrzehnten benutzt, wenn vermeintlich übergeordnete Interessen mit Gewalt durchgesetzt werden. 
Darum geht es bei der Haifischbar mitnichten. Es handelt sich hier um ein paar Schilfhütten mit beachclubverdächtigem Mobiliar, das anlässlich der sogenannten Traditionswochen auf dem Bohlwerk die üblichen Verdächtigen mit karibisch klingenden Alkoholika versorgt. Um so unverständlicher, dass der Schreiber des Artikels solcher Sprachbilder bedient. Schließlich ist die Förderung der ohnehin grassierenden öffentlichen Trinkerei kein übergeordnetes Anliegen. Aber wenn es nach dem Geschäftsführer des Museumshafens geht, sieht das wohl nicht jeder so. „Die Bar stört niemanden, macht keine Probleme und ist ein Anziehungspunkt für Touristen, Einheimische und Anlieger.“ zitiert ihn die Zeitung. Deshalb habe er dem Antrag auf Verlängerung der Bar-Genehmigung beim städtischen Ordnungsamt ein Begleitschreiben hinzugefügt, in dem er mitteilt, dass er als Vermieter der Fläche eine verlängerte Frist der behördlichen Genehmigung begrüßen würde.

Dass die Bar niemanden stört, kann ja nur heißen, dass sich nur ein "Niemand" von der Bar gestört fühlen kann. Das sind dann wohl die Eigner der Schiffe im Museumshafen, die schon seit Längerem den täglichen Suff auf dem Bohlwerk kritisieren. Sie sehen das öffentliche Ansehen des Vereins gefährdet und damit auch ihr eigenes. Seit schon am Morgen die Korken knallen und "Plop, Plop", die gängige Geräuschkulisse in diesem "Kernstück maritimer Kultur" wurde, ist der Liegeplatz im Museumshafen keine seriöse Adresse mehr.

Flensburg war in diesem Jahr zusammen mit Apenrade Gastgeber der EMH (European Maritime Heritage). Dort wurden Konzepte und Beispiele aus ganz Europa für die Bewahrung des maritimen Erbes vorgestellt. Der Flensburger Museumshafen wurde von allen Rednern als wichtige Keimzelle dieser Bemühungen gerühmt. Sollte er jetzt tatsächlich sein öffentliches Ansehen gegen eine Standmiete eintauschen, erweist er dem Kampf vieler für den Erhalt unseres kulturellen Gedächtnisses einen Bärendienst.

16.06.14 Maritimes Erbe (4)

LANDRATH KÜSTER und ALEXANDER von HUMBOLDT II
Heute Mittag legte der alte Finkenwärder Hochseekutter LANDRATH KÜSTER
im Historischen Hafen  an, nur wenige Meter entfernt von der ALEXANDER von HUMBOLDT II. Welcher Kontrast! Auf der einen Seite die große Dreimastbark aus Stahl von 2011, nach modernsten Gesichtspunkten als Trainingsschiff entworfen und gebaut, ein typisches Schiff für die weltweite Fahrt auf den Ozeanen. Sie bietet die Anmutung ihrer historischen Vorlagen. Frachträume hat es auf ihr nie gegeben, sie ist für den Transport von Trainees, also Menschen konzipiert. Schon ihre Vorgängerin aus dem Jahr 1906 wurde für diesen Zweck eingesetzt. Diese war zuvor ein Feuerschiff, wurde aber Mitte der 1980er Jahre zum Segelschiff umgebaut.
Auf der anderen Seite der weitgehend original restaurierte Hochsee-Ewer von 1889, LANDRATH KÜSTER mit der ehemaligen Fischereinummer HF231. Aus Holz gebaut, könnte er im Grundsatz heute noch zum Fischfang eingesetzt werden. Sein Rumpf birgt sogar noch eine Bünn, in der früher der Fisch lebend transportiert wurde, als auf Fischereifahrzeuge noch keine Kühlanlagen installiert waren. Ein typisches Schiff für die Fischerei in den europäischen Nordmeeren.
Beide Schiffe sollen das maritime Erbe bewahren. Beide, indem sie das seemännische Handwerk lebendig erhalten, wie es auf Segelschiffen früher gelernt und ausgeführt wurde. Will man jedoch auf dem einen Schiff etwas über Frachtsegelei oder Feuerschiffswesen und auf dem anderen über Fischerei unter Segeln erfahren, könnte man genau so gut ein Buch oder ein Video ansehen. Denn was es heißt, von einem Segelschiff aus Fisch zu fangen, darf nicht einmal zu Lehrzwecken demonstriert werden. Das könnte der Fischbrut schaden, ist die Auskunft der Behörden.
Das ist bei den unabsehbaren Folgen genehmigter Bautätigkeit von Windparks auf See, Schießübungen, Verklappungen, Überfischung und anderen Eingriffen in das biologische Gleichgewicht eine durchaus weise und nachvollziehbare Entscheidung.

16.06.14 Teneriffa rund

Der Rund-um-Teneriffa-Rum beim Landgang
Nun ist der Rum wieder beim Absender angekommen und außer einem Kameramann beobachteten nur wenige Menschen den Vorgang. Heute Morgen setzte der Ladekran der ALEXANDER von HUMBOLDT II das kostbare Fass vorsichtig auf einem Stapel Holzpaletten ab. Es war glücklicherweise kein Land-"fall" und so kam niemand und nichts zu Schaden. Von dort ging es per Gabelstapler in einen unscheinbaren gelben Kastenwagen.
Bei der Abreise vor einem knappen Jahr war das noch anders. Am 12. Juli lieferte ein Oldtimer-Lastwagen die kostbare Fracht auf die Pier. Damals sollte der Rum, nach der geplanten Äquator-Querung, noch als so genannter Linien-Rum zurückkommen. Nachdem es nicht dazu kam, wollte man diesmal vielleicht nicht so viel Aufhebens von der Verladung machen. Dennoch wird  Wert der Ladung durch den langen Veredelungsprozess im Atlantik gestiegen sein.
Wir werden uns bei Gelegenheit bei Kennern erkundigen, wie er denn nun schmeckt, der Rund-um-Teneriffa-Rum.

15.06.14 Der Rum ist wieder da

Flensburg ist bekannt als "die" Rum-Stadt in Deutschland.
Rum nach Flensburg zu bringen ist deshalb so etwas wie Eulen nach Athen zu tragen. Die besagten Eulen brachten den Athenern keine neuen Erkenntnisse. Anders der Rum, der heute nach Flensburg gebracht wurde.
Früher ging jede Menge Rum in alle Welt. Auch heute gibt es hier Rum-Häuser, A.H Johannsen. Das Unternehmen, gegründet im Jahr 1878, ist der Tradition in besonderem Maße verpflichtet. Zum Beispiel erhalten die Teilnehmer und "zweite Gewinner" der alljährlichen Rum-Regatta seit Jahren ihre begehrten Portionen als Geschenk der alten Rum-Destille in der Flensburger Marienstraße.
Rum-Haus A.H. Johannsen
Foto: A.H. Johannsen
die für das süffige Getränk bekannt sind. Eines von ihnen stammt noch aus der goldenen Zeit, als Flensburg mit dem Rum-Handel zu Reichtum und Ansehen gelangte:
Im vergangenen Jahr hat das ehrwürdige Unternehmen an eine weitere Tradition angeknüpft und einen "Linien-Rum" auf die Reise geschickt. Hiermit sollte an die Geschichte der Übersee-Transporte der begehrten Spitituose angeknüpft werden. Der Linien-Rum war einst für seinen besonders ausgereiften Geschmack berühmt. Diesen sollte er den harmonischen Bewegungen verdankt haben, die für Segelschiffe in bewegter See typisch sind. Diese, die salzhaltige Luft und der monatelange Kontakt mit dem Holz der Eichenfässer sollen Ursache für das unvergleichliche Geschmackserlebnis gewesen sein. Und wahrscheinlich trug auch die Verdunstung mit dazu bei, die auch durch das Holz eines Eichenfasses wirkt.
Den Beweis sollte eine Passage auf der ALEXANDER von HUMBOLDT II liefern. wurde die Probe auf die Reise geschickt. Das Fass Rum sollte als Beiladung nach Brasilien und zurück gesegelt werden. Das hat nicht ganz geklappt. Es fanden sich einfach nicht genügend viele Menschen, die mitsegeln wollten und so verbrachte der Dreimaster den Winter mit Fahrten um Teneriffa und Gran Canaria. Der Äquator liegt bekanntlich weit davon entfernt im Süden.
ALEXANDER von HUMBOLDT ist zurück - und der Rum
Vor knapp elf Monaten
Genau genommen ist das Geschmacksergebnis der Ladung also kein Beweis für das Geschmackserlebnis eines Linien-Rum. Aber wer wird da schon pingelig sein?
Nun ist der Rum wieder nach Flensburg gekommen. Morgen um soll das Fass ausgeladen werden. Hoffentlich trotz Verdunstung noch genügend übrig geblieben, um die Probe aus Exempel zu machen. Allerdings soll der sogenannte Linien-Rum nicht gleich an der Schiffbrücke verkostet werden. Wer sich selber vom Geschmack überzeugen möchte, muss sich noch ein wenig gedulden. Am besten, man fragt bei A.H. Johannsen nach.

14.06.14 Robbe&Berking Classics

Das Regattafeld vor der Startlinie in der Wasserslebener Bucht

Bei strahlendem Sonnenschein und leichter Bewölkung am frischgewaschenen Sommerhimmel und ebenso frischem Wind aus NNW kreuzten die Teilnehmer aus dem Flensburger Hafen um ihre Leistung untereinander zu messen. Gestartet wurde um 10.30 Uhr auf der Startlinie zwischen der Sonwik auf der deutschen und Kollund auf der dänischen Seite der Inneren Flensburger Förde,  eine halbe Seemeile vor der Einfahrt zum Flensburger Hafen. Klassische Yachten aller Größen vom 20 über 20 Meter langen Schoner bis zur Hansajolle gingen in mehrere Gruppen gestaffelt auf die Bahn. Von Anfang an wurden gute Eigenschaften beim Kreuzen gefordert, und so sortierte sich das Feld schnell auseinander. Die großen hatten schon bald einen Vorsprung herausgesegelt, aber auch die kleineren Schiffe nahmen ihre Chance wahr. Bei dem böigen Wind war das nicht immer ganz einfach. Die Folge waren einige Sonnenschüsse, wenn eine Böe die Schiffe und Boote auf das Wasser drückte. Interessant war auch die vielen unterschiedlichen Rigg- und Rumpfformen ztu sehen. Spreizgaffelketschen, Schoner mit Fishermansegel, Yawls, Kutter, Sloops, Jollen mit Peitschenmasten und mit Steilgaffeln ... ein segelndes Kompendium der Yachtentwicklung der letzten 100 Jahre. Und dass alles konnte auf geringe Entfernung vom der Hafenkante in Flensburg und vom Ufer der Förde betrachtet werden. Wo sonst kann man das schon erleben?

In das Regattafeld mischte sich schließlich noch der gigantische Schwimmkran MATADOR-3. Mit seinem 80 Meter hohen Ausleger wirkte er wie ein riesiger Vogel, der kleine Insekten mit weißen Flügeln vor sich her trieb. 



 













Nachmittags versammelten sich die Teilnehmer wieder an ihren zeitweiligen Liegeplätzen in der Hafenspitze. Kaum waren die Schiffe aufgeklart, trafen sich die Crews an Bord und wogen ihre Chancen auf einen der vorderen Plätze bei der Siegerehrung ab. 
Der Tag endete mit einem festlichen Treffen in der Werfthalle der Robbe&Berking Yachtmanufaktur. Die Siegerehrung rundete den wunderbaren Tag auf dem Wasser ab.
Morgen werden die Teilnehmer der Classic Week nach Sønderbog segeln, der zweiten Etappe der auf dem Weg zur Kieler Woche. Während dessen starten die Teilnehmer der Robbe&Berking Classics auf der Förde bei den Ausscheidungsrennen der Meter Klasse Yachten. 

12.06.14 Flensburg, klassisch, maritim

 
Morgen beginnt in Flensburg die Classic Week. Die ersten Yachten haben schon an der Hafenspitze festgemacht, bei der Sammlung Klassischer Yachten. Von weitem sind die hohen Maste der ELLA zu erkennen. Weitere Teilnehmer werden folgen. Morgen beginnt das offizielle Programm mit der Begrüßung der Teilnehmer an der Hafenspitze. Der gesamte Ablauf der Veranstaltung ist auf der Seite "Terminübersicht" zu finden.


ELLA liegt schon im Hafen, die ClassicWeek kann beginnen
Foto: homepage ELLA


Die Classic Week gibt e seit 2006. Sie führt über die Stationen Flensburg, Sønderborg, Kappeln und Eckernförde zur Kieler Woche. In allen Orten werden gesonderte Regatten veranstaltet. Der Flensburger Teil des Treffens der Schnellen und Schönen wird von renommierten Sponsoren aus der Wirtschaft unterstützt. In  Flensburg findet gleichzeitig der Robbe & Berking 12 mR Sterling Cup statt, die internationale Regatta der klassischen Yachten nach der Meter-Formel. Zu ihnen gehört auch die Flensburger SPHINX, eine 12 mR Yacht, entworfen von Abeking  & Rasmussen, gebut im Jahr 1939.
Darüber hinaus finden zahlreiche Regatten weiterer Klassischer Yachten statt
Die Wettfahrten auf der Förde können, ein gutes Fernglas vorausgesetzt, von den Ufern beobachtet werden. Die Durchfahrt der Regatten durch Holnis Enge sind dabei besonders sehenswert. Dort kommen die Schiffe besonders dicht an den Zuschauern auf der dänischen Seite vorbei. 

Die Wettervorhersagen muss man immer mit großer Vorsicht beobachten. Von heute aus gesehen, wird es eine Regatta bei Sonnenschein mit schwachem bis mäßigem Wind geben. 

Das war auch schon einmal anders, wie das Video aus dem Jahr 2012 zeigt. ES wurde am Südende von Holnis Enge aufgenommen:






11.06.14 Maritimes Erbe (3)


Das wandernde Sklavenschiff, nach den Massen der AURORA aus dem 18. Jahrhundtert entworfen, hier in Nantes (F)
Dass die Zuckerrohrplantagen auf den dänischen Karibikinseln von Sklaven bewirtschaftet wurden, ist Teil der Flensburger Geschichte. Auch in dieser menschenverachtende Wirtschaftsform spielte die internationale Seefahrt eine zentrale Rolle. Schiffe brachten Waffen nach Afrika. Mit ihrer Hilfe konnten die indigenen Herrscher die Menschen ihrer Heimat und Familien entreissen um sie an europäische Sklavenhändler zu verkaufen. Auf speziell dafür entworfenen Sklavenschiffen kamen sie auf die Märkte in den Kolonien, wo sie von ihren
Der atlantische Dreieckshandel in der Sklavenwirtschaft
im 16. bis 18. Jhd.
Sklavenhaltern für die Arbeit auf den Plantagen gekauft wurden. Das Endprodukt ihrer Arbeit wurde von dänischen, vor allem flensburger, Kaufleuten wiederum mit Schiffen nach Europa gebracht: Zucker und Roh-Rum.  Auf der Reise in die Karibik hatten die Schiffe Dinge des täglichen Bedarfs aus Europa mitgebracht, denn die Kolonien konnten sich nicht selbst versorgen. In Flensburg, wie auch in anderen Hafenstädten Europas blühte die maritime Wirtschaft, die Werften, Ausrüster, Seilschläger, Weber, Schmiede, Forstbetriebe ... Die Liste der beteiligten Gewerbe war endlos. Die Kolonialprodukte wurden ebenfalls zu Geld gemacht. Flensburg verdankte diesem Handel seinen Aufschwung im 18. Jahrhundert. Viele Bauwerke, die das Stadtbild prägen stammen aus dieser Zeit.
Von der Sklavenwirtschaft profitierten fast alle europäischen Länder, darunter auch Frankreich. Von dort stammt ein Projekt, das diesen Teil der maritimen Geschichte aufarbeitet. Es wurde auf der EMH-Konferenz vorgestellt.

Es ist das begehbare Modell eines Sklavenschiffes, das in seinem Inneren eine Vorstellung davon vermittelt, was es bedeutete, Sklave auf einem Sklavenschiff zu sein. Das Modell ist demontierbar und kann in Containern verladen auf dem Landweg zu verschiedenen Ausstellungsorten transportiert werden. 
Es traf sich gut, das der Direktor des Flensburger Schifffahrtsmuseum bei der Präsentation anwesend war. Vielleicht kommt das "Pädagogische Schiff" (Bateau Pedagogique) eines Tages auch einmal nach Flensburg?



11.06.14 Maritimes Erbe (2)

Mittlerweile ist die Replik der Fregatte SHTANDART von 1703 nach Swinoujscie (Polen) abgereist. In diesem Jahr ist ihr Fahrtgebiet zwischen Finnland und Holland. Sie wird auf Hafenfesten zu besichtigen sein und mit Charterreisen, und als Kulisse für Filmaufnahmen Geld für den Unterhalt verdienen.

Wir sahen das Schiff zum ersten Mal im Jahr 2004 im Englischen Kanal auf dem Weg nach Brest. Damals waren wir mit CARMELAN auf dem Weg in zu den Fêtes maritimes de Brest. Der Wind blies kräftig aus Nordost und der alte Haikutter aus dem Museumshafen Flensburg rauschte nördlich Cap la Hague mit dem Ebbstrom in Richtung Atlantik, als hinter uns am Horizont ein Gebirge von Segeln auftauchte, das schnell näher kam. Bald konnten wir Rigg eines Schiffs aus dem 18. Jhd erkennen, wie wir es zuvor nur in Piratenfilmen gesehen hatten. Den Bug tief in die Welle gedrückt, zog es an uns vorbei mit dem typischen Galion vor dem Steven, Stückpforten in den Flanken und einem in Stufen ansteigenden Deck. Bald konnten wir das Heck mit der Galerie bewundern und es dauerte nicht lange, da war ihre Silhouette hinter dem westlichen Horizont verschwunden. So muss der Fliegende Holländer auf seine Zeitgenossen gewirkt haben; Wie ein Spuk, eindrucksvoll und unvergesslich. 

Später begegneten wir der Fregatte bei anderen Hafenfesten, in Kiel und auch in Flensburg. Bis zur letzten Woche hätten wir nicht gedacht, auch einmal selber auf ihr mitsegeln zu können.  Aber dann konnten wir als Teilnehmer des Treffens der EMH-Konferenz zumindest einen kleinen Ausflug auf die Innere Förde unternehmen.

Dieses Schiff zu betreten ist ähnlich wie eine Mauer zu queren um in das Innere einer Burg zu
kommen.  Erst klettert man die Gangway hoch, geht durch eine Pforte in der Schanz um dann über eine steile Treppe hinunter aufs Deck zu gelangen. Dort angekommen muss man sich auf die Zehenspitzen stellen, um "nach draußen" über die Schanz hinweg zu sehen - außer, man ist mit einer gehörigen Körpergröße gesegnet. Auf der Innenseite der Schanz sind die Kanonen festgezurrt, darüber Geräte an langen Stöcken für die Beschickung der Geschütze. 

Über den Köpfen liegen Reserve-Masten und Spieren. Grätings i
n der Mitte des Decks belüften und beleuchten die unteren Räume. Nur die Rettungswesten unter der Decke im Vorschiff erinnern daran, dass wir nicht vor 300 Jahren leben, sondern im Jahr 2014. Rechts und links von den gewundenen Treppen zum Campanjedeck starren uns geschnitzte Fabelwesen an. Das Geländer besteht aus geschlagenen Tauen, kunsvoll gespleisst. Die Masten sind umsponnen und umschlungen von massivem Tauwerk, dick wie Stämme junger Bäume, mit riesigen Taljereeps gespannt. Über uns drei Rahen am Hauptmast, mit riesigen, wie Wolkenstores hängenden Segeln. 

Am Heck eine Nationale in den Farben Russlands, weiss, blau und rot, groß genug, um ein Sportboot darin einzuwickeln. Alles sehr beeindruckend. Plötzlich ein scharfer Knall. Blauer, dichter Rauch hüllt die Steuerbordseite ein und nimmt die Sicht. Eines der Geschütze wurde in Höhe der Wasserschutzpolizei abgefeuert. Ob dahinter eine besondere Absicht steckte, blieb im abziehenden Pulverrauch verborgen. Imponiert hat auch die junge Frau, die das große Schiff mit unmerklichen Bewegungen am Radruder unter Segeln in den Flensburger Hafen steuert, bis fast an die Hafenspitze. Dort wo wir mit unserem eigenen kleinen Schiff schon überlegen, ob der Platz für eine Wende ausreicht, fallen die Segel und mit einem Rest an Fahrt und  Maschinenunterstützung legt SHTANDART an der Pier des Historischen Hafens an. 

Kommandant und Kapitän Vladimir Martus
und die Rudergängerin der SHTANDART
Das Motto der EMH-Konferenz war "Maritime culture across countries". Es hätte nicht besser in die Zeitgeschichte passen können. Hat doch Russland gerade versucht - und vielleicht auch endgültig erreicht - die Krim zu annektieren, die Zar Peter der Große einst dem Einfluss des Osmanischen Reiches entreissen wollte. Ihm ging es um den Zugang zu den Weltmeeren, wie heute auch Wladimir Putin. Schließlich erreichte er sein Ziel durch den Sieg über Schweden, das die Ostsee beherrschte.
Nordeuropa war auch danach Jahrhunderte lang Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen. Im Dänisch-Deutschen Grenzland spielten nationale und kulturelle Vorbehalte in noch gar nicht so lang zurückliegender Zeit eine wichtige Rolle. Sie wirkten auch nach Gründung der Europäischen Union weiter. Diese fördert deswegen grenzübergreifende Projekte, wie z. Bsp. auch die Kongelic Classic Regatta zwischen Apenrade (DK) und Flensburg.
Während der See-und Landkriege und in der Zeit dazwischen verband die seefahrende Bevölkerung der Küsten jedoch ein gemeinsames Verständnis für den Kampf um das Leben und Überleben auf See. Die daraus enstandene maritime Kultur wirkt bis heute fort.


SHTANDART in Zahlen und Fakten


Schiffstyp Sail Training Ship (Replik der Fregatte 1703)
Entwurf Zar Peter der Große
Schiffbauer Vladimir Martous
Eigentümer Shtandart Projekt, St Petersburg, Russland
Heimathafen St Petersburg, Russland
Kiellegung 04.11.1994
Stapellauf 04.09.1999
Werft Peter the Great Admiralty St Petersburg
Verdrängung 220 t
Bruttoraumzahl 128 t
Nettoraumzahl 38 t            
Rumpfmaterial Planken aus Lärche auf doppelten gesägten Spanten aus Eiche
Länge über alles (LOA) 34.5 m
Länge Wasserlinie (LWL) 24.2 m
Länge Hauptdeck 25.4 m
Rumpfbreite 6.95 m
Depth in hold 2.45 m
Depth molded 1.9 m
Tiefgang 3.3 m
Gesamt-Segelfläche 660
Anzahl Segel 14
HHöhe Hauptmast über WL 33 m
Antriebsmaschinen 2 x VOLVO PENTA TAMD-122P
Gesamtleistung 2 x 390 kW
Geschwindigkeit 10 knots
Frischwasser Kapazität 6 tons
Reichweite 250 miles from port/haven
Crew 6
Trainees 19




































10.06.14 Bilder von der 35. Rum-Regatta (2)


Hier kommt noch eine kleine Auswahl der Fotos von Harald Harpke.



Die meisten bieten einen ungewöhnlichen Blick von oben auf die Teilnehmer und Besucher des Spektakels.
Auch diese bitte Fotos nicht ohne seine Zustimmung kopieren!

10.06.14 Nachwuchs am Bohlwerk


























Wir freuen uns, die frohe Botschaft als erste zu übermitteln:

CHARLOTTE, seit Jahren Mitglied im Museumshafen Flensburg, ist auf ihre alten Tage eines strammen Nachfolgers genesen. Vorausgegangen war ein umfangreiches Face-Lifting und Body-Building Programm. Die Investition hat sich also anscheinend günstig ausgewirkt. Der etwas pummeligen Nachwuchs - ein Nordischer Prahm - sieht ganz propper aus, hat aber noch keinen Namen. CHARLOTTE und Kind sind heute abgereist, vermutlich in den Mutterschaftsurlaub. Wir wünschen den beiden alles Gute für den künftigen Lebensweg. Immer guten Wind, eine Handbreit Wasser unterm Kiel und allzeit gute Heimkehr!

Über den Vater ist nichts bekannt. Aus dem Museumshafen kommt jedoch nur THOR infrage; alle anderen Schiffe haben weibliche Namen, sofern sie sich nicht mit dem Namen eines Leuchtturms schmücken. (Wir wollen uns jedoch nicht weiter auf dem wackeligen Boden der Symbolik freud'scher Prägung bewegen.)  Aufgefallen ist zudem, dass sich CHARLOTTE in letzter Zeit offenkundig sehr zu THOR hingezogen fühlte indem sie versuchte, mit ihm den Liegeplatz zu teilen.

Nun, wie dem auch sei: Herzlichen Glückwunsch!


09.06.14 Maritimes Erbe (1)

Während der letzten Woche trafen sich die Mitglieder der EMH (European Maritime Heritage) in Appenrade und in Flensburg. Die gemeinnützige Organisation besteht in ihren Vorläufern seit fünfzig Jahren. In ihrer Satzung ist unter anderm festgelegt, dass sie sich für die Zusammenarbeit der weitläufigen Gemeinschaft der Organisationen in Europa, einschließlich der Museen, einsetzt, die das maritime Erbe lebendig erhalten. Sie fördert den Austausch von Erfahrungen und Unterstützung dieser Organisationen und das gegenseitige Verständnis der unterschiedlichen Kulturen und ihre öffentliche Wahrnehmung. Das geschieht in Kongressen, die alle drei Jahre stattfinden.
Dieses Jahr war die dänisch-deutsche Grenzregion Ort dieser Tätigkeit. 

Im Historischen Hafen liegt die russische Fregatte SHTANDART, Nachbau eines
Fregatte SHTANDART
Schiffes aus dem Jahr 1703, das Zar Peter der Große bauen ließ. Er wollte unter anderem durch militärische Stärke Zugang zur Ostsee erlangen. Dazu musste die bis dahin ungebrochene Vorherrschaft Schwedens überwunden werden, was ihm im Großen Nordischen Krieg gelang. Eine der entscheidenden Schlachten fand übrigens in Tönnig statt. Russische Truppen schlugen, gemeinsam mit dänischen und sächsischen, das schwedische Heer vernichtend. Es hatte sich dorthin zurück gezogen, weil das Herzogtum Schleswig-Gottorf sich unterderhand mit Schweden verbündet hatte. In der Folge verlor nicht nur Schweden seine Vorrrangstellung in Nordeuropa. Schleswig-Gottorf, bis dahin ein Lehen des dänischen Königs, wurde zum Teil Dänemarks, was letzlich mit zum Deutsch-Dänischen Krieg vor 150 Jahren beitrug ¹).
So gesehen ist das Schiff SHTANDART auch Zeuge einer Geschichte, die Flensburg unmittelbar berührt. Sie ist ein besonderes Beispiel für das maritime Erbe, wie es in Schiffen dokumentuiert ist, die von der Geschichte in einer Grenzregion erzählen.

Überflüssig zu erwähnen: Zu den Teilnehmern des EMH- Kongresses gehörten auch schwedische, dänische und russische Teilnehmer. Sie haben sich prächtig verstanden.  Ob auch Sachsen dabei waren, kann nicht bezeugt werden. Zumindest war kein einschlägiger Dialekt zu vernehmen.

¹) hierzu passt eine neue Video-Installation des Museums SØNDERBORG SLOT über diesen Krieg. Sprachkenntnis in Dänisch ist hilfreich, doch die Bilder sprechen auch für sich.