25.07.19 Besuch besonderer Freunde

Nach drei Tagen in Flensburg sind unsere Freunde aus Norwegen auf ihrem Heimweg. Sie unternehmen die Reise mit einer ganz besonderen Yacht. Hier ein Porträt.

Das Boot heißt RAAK. Es wurde 1914 nach einem Entwurf des Norwegers Bjarne Aas nach der Meterformel als "Zwölfer" gebaut. Bjarne Aas zählt den besten Yachtdesignern der ersten Hälfte des  20. Jhdt. und hat unter anderen auch die Viking Einheitsklasse entworfen, zu der  die BRITTA am Steg der Klassischen Yachten im Historischen Hafen gehört. 

RAAK ist aber nicht allein durch ihren Konstrukteur exklusiv, sondern auch durch ihr für eine Yacht beachtliches Alter von 115 Jahren. Dazu ist sie ein "Zwölfer" der ersten Generation (first rule), von denen es auch nur noch sehr wenige Exemplare gibt. Zwei von ihnen, die CINTRA und HETI kann man immer mal auf der Inneren Förde sehen.



Meter-Klasse-Yachten werden nach einer Formel gebaut in der mehrere Parameter als Ergebnis die Zahl "12" ergeben. Ihre Namen sind manchen Bootsfreunden geläufig. Mit ihrem weit überragenden Bug und Heck gelten sie Vielen als Inbegriff der eleganten oder rassigen Rennyacht früherer Tage. Dass ihre Decks länger sind als die Wasserlinie hat den Vorteil, dass sich die Länge der Wasserlinie vergrößert, wenn sie "auf Kante" gesegelt werden. Sie können damit ihre "Rumpfgeschwindigkeit erhöhen. Genügend Wind vorausgesetzt, sind sie daher schneller zu segeln als Verdränger-Boote mit kürzerer Wasserlinie. Schließlich ist die Höchstgeschwindigkeit eines Bootes in Verdrängerfahrt proportional zur Länge der Wasserline. Woraus man leicht folgern kann, dass es sich nicht unbedingt lohnt, Spitzgatter mit viel "Lage" zu segeln - trotzdem wird es immer wieder versucht. 


Nicht so RAAK. Anders als ihre viel bewunderten "Klassenkameradinnen" hat diese Yacht keine langen Überhänge. Sie ist stattdessen in der typischen skandinavischen Bootsbautradition als Spitzgatter konstruiert, wie man ihn auch von Colin Archer kennt. Dem entsprechend ist sie auch rund zehn Meter kürzer in der Deckslinie als die meisten anderen. 
Für uns markiert RAAK als "Zwölfer" mit Spitzgatt auch das Ende einer wichtigen Epoche im Yachtbau. Historische Yachten sind auch Ausdruck des Lebensgefühls, der Mode und der Gebräuche ihrer Zeit.  Als RAAK gebaut wurde, war der Yachtsport schon längst nicht mehr ausschließlich dem Adel und hochgestellten Bürgerlichen vorbehalten. Es gab bereits viele bürgerliche und studentische Segelvereine. Die "Zwölfer" waren damals wie heute wenigen Menschen vorbehalten. 
Uns hat an RAAK beeindruckt, dass sie unter Deck weitgehend ihre alte Eleganz bewahrt hat, die heute auf Yachten der Meterklasse nur noch selten angetroffen wird. Wer heute seine Freunde beeindrucken will, muss Regatten gewinnen. Früher, so scheint es, wurden sie auch unter Deck eingeladen und standesgemäß bewirtet. Wir konnten wir uns  in dem getäfelten Salon aus Mahagoni, gemütlich auf stilechten Samtpolstern ruhend, gänzlich auf das Gespräch konzentrieren und unsere Augen an dem in Facetten geschliffenen Glas der kleinen Vitrinen erfreuen. Darin spiegelte sich das übrige Interieur, funkelte freundlich im gelblichem Lichtschein der Lampen.  
Nach drei Tagen ist RAAK wieder auf dem Heimweg. Leider. Wir konnten ihr von Holnis aus ein letztes "Farewell" zuwinken. Dann passierte sie unter Vollzeug die "Schwiegermutter", rundete die grünen Tonnen und verschwand schließlich im Dunst der sommerlichen Äußeren Förde. Ihre Reise konnten wir noch auf AIS verfolgen. Bei drei bis vier Beaufort aus West legte sie pro Stunde bis über sieben Meilen zurück.
 Dank an dieser Stelle an die Yachtwerft von Robbe & Berking. Sie hat unserem Besuch zu einem sicheren Liegeplatz in Flensburg verholfen. Unsere Freunde und die besondere RAAK wollen gerne wieder hierher kommen.