Der Hochdruckreiniger ist das Gerät der Wahl, wenn der Rumpf unterhalb der Wasserlinie gereinigt werden soll. Wohl dem, der kräftige Arme hat. Der Rückstoß ist gut zu spüren. Jedoch aufgepasst! Es geht nur darum, den Bewuchs wegzublasen. Die Farbe und erst recht das Holz soll da bleiben, wo es ist. Die Fugen zwischen den Planken dürfen nicht beschädigt werden.
Einmal pro Jahr sollte ein Holzschiff seinem Element entrückt und auf Land gesetzt werden, um auch den Teil des Rumpfes zu inspizieren, zu reinigen und zu schützen, der sich sonst nur Tauchern zeigt oder anderen Booten, die bei Starkwind in Luv passieren. Denn hoch am Wind entblößt sich alles, was sonst unter der Wasserlinie verborgen ist - zumindest teilweise. Und da zeigen sich die Folgen der wuchernden Urgewalt von Meeresfauna und -flora. Ihr Siedlungsdrang entfaltet sich in drei Phasen. Es beginnt mit einem grünen Schleim; er wächst vorzugsweise auf den glatten Oberflächen von Planken, Steven, Kiel, Ruder und Schiffsschraube. Phase zwei der Siedlungsstrategie, ist an den Seepocken zu erkennen, den so genannten sesshaften Rankenfüsslern der Gruppe der Krebse. Schon als es noch keine Schiffe gab, siedelten diese Hartschalentierchen unter anderem auch auf Buckelwalen. Kein Wunder, dass sie sich auch auf Holzschiffen wohlfühlen. Sie bevorzugen Flächen. die dem Sonnenlicht zugewandt sind und bilden den Haftgrund für nachfolgende Siedler, als da sind Seepocken und noch mehr Seepocken. Dazu kommen dann auch noch Entenmuscheln, die ebenfalls Rankenfüssler aus der Gruppe der Krebse sind. Wer bis dahin nur zugesehen hat, wird in der Folge Seetang, Algen und sonst noch alles wiederfinden, was sich unter der Wasseroberfläche aufhält. Apropos aufhält: Als Naturfreund (wer ist das nicht?) könnte am das Resultat mit einer gewissen Nachsicht behandeln, wenn es nicht dem ursprünglichen Zweck des segelns zuwider liefe: nämlich dem Vorankommen. Mit der wachsenden Besiedelung wächst der Strömungswiderstand und das macht die Hoffnung auf erste Plätze in der Regatta-Wertung zunichte. Im Konflikt zwischen Siedlungsdruck der Lebewesen und dem Leistungsdruck der Segler, sind die Prioritäten somit klar vergeben.
Wie vieles in der Natur verläuft auch diese Entwicklung in Jahreszyklen. Im Herbst besamen sich die Seepocken, ihre Larven schlüpfen im Frühjahr. Da ist es folgerichtig, das Schiff noch vor dem Winter von dem unerwünschten Bewuchs zu reinigen. Dazu kommt, dass die Slipanlagen im letzten Jahres-Drittel weniger ausgelastet und die unerwünschten Krebschen sich ohnehin erst im Frühjahr stärker verbreiten. Damit ist der Themenkreis "sachliche Zusammenhänge" auch schon erschöpft, zumindest in diesem Beitrag.
Das Leben besteht zum Glück nicht nur aus Kausalketten. Wir hatten nach diesem schrecklich verregneten "Sommer" heute das unvorstellbare Erlebnis, unser Boot morgens bei schönstem Wetter aus dem Wasser ziehen zu können, bei milden 20 Grad zu reinigen um dann in nahezu meditativer Ruhe und Entspannung den Propeller wieder auf Hochglanz zu bringen. Dabei schienen noch gestern die Wetterbedingungen eher ungemütlich. Regenschauern und schlechte Sicht ließen an Ende November statt an den letzten Tag im August denken. Heute nun dieses wunderbare Wetter! Und das in einer Gegend, in der die dänische Königsfamilie Urlaub macht: In Gråsten, am Nybøl Nor, wo es heute noch nahezu so aussieht, wie es die Ekensundmaler Ende des 19. Jahrhunderts auf ihren Ölbildern hinterlassen haben.