Vor ca. einem Monat war der Marstalschoner
MARILYN ANNE von 1919 aus Struer zu Gast im Historischen Hafen Flensburg. Wer jemals den Wunsch verspürte, ein Traditionsschiff in einem makellosen Zustand zu sehen, hätte bei ihrem Anblick große Freude empfunden. An der Frage, wie sich Traditionsschiffe darstellen sollen, scheiden sich ja oft die Geister. Eine Philosophie fordert, es müsse dem Zustand entsprechen, wie es ausser Dienst gestellt wurde. Eine andere, es solle möglichst so aussehen, wie es erstmals in Dienst gestellt wurde. Das können wir hier nicht entscheiden, zumal uns weder Dokumente über den einen oder den anderen Zeitpunkt im Leben des Schiffes bekannt sind. Aber wir können unterscheiden, ob ein Schiff gut oder schlecht erhalten wird. Beispiele für die Variante "schlecht" gibt es hierzulande leider häufiger. Die vor wenigen Tagen in Heiligenhafen gesunkene
DAGNY gehört unter anderen vermutlich genau so dazu wie auch RAKEL vor ihrer Havarie im letzten Jahr. (Wenn man der Bundesanstalt für Seeunfall-Untersuchungen Glauben schenkt). Um so schöner, auch mal wieder ein Beispiel vom anderen Ende des Spektrums zu sehen. Es lohnt, sich auch deswegen die Internetseite der MARILYN ANNE anzusehen.
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Ohne Unterschrift Foto: www.marilyn-anne.dk |
Ein anderer Grund ist eine Galerie von
Historischen Fotos aus dem Leben des Schoners. Da wird nicht nur eine andere Zeit sichtbar. Wer die Körperhaltung der Menschen, ihre Gesichter und Gebärden ansieht, gewinnt schnell den Eindruck, einen Blick auf eine andere Kultur zu werfen. So sind die Traditionsschiffe, die wir heute in Häfen und in Fahrt sehen, ein Überrest einer vergangenen Gesellschaft. Sie ist ohne zusätzliche Informationen für junge Menschen nicht mehr zu begreifen. Die Zeitzeugen werden jährlich weniger. Bald wird es keine mehr geben.