21.08.12 Kaisers kleine Welt

Hier nun der zweite Bericht von der großen Modellschau des Modellclubs Flensburg e.V. am vergangenen Sonntag im  Hof des Schifffahrtsmuseum Flensburg. Der erste Bericht erschien am 19.08.12 unter dem Titel "Sommertag im Schifffahrtsmuseum".
Was wir im Zelt auf dem Hof zu sehen bekamen, war ein wirkliches Glanzlicht der schönen, aber leider wegen des Hochsommerwetters nur spärlich besuchten Schau: Die IG  KAISERLICHE MARINE präsentierte in einem 40 Quadratmeter und 3000 Liter großen Becken eine real/fiktive Hafenszenerie aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg, als das deutsche Kaiserreich nach Weltgeltung strebte, Kolonien "erwarb" um dadurch am Tisch der damaligen Weltmächte mitspielen zu dürfen. Die Kriegmarine spielte dabei eine entscheidende Rolle und die damit verbundenen Strategien trugen zum Ausbruch des ersten Weltkriegs bei aber auch schlussendlich zu den Matrosenaufständen und damit zur Demission von Kaiser Wilhelm II. Soweit zum historischen Hintergrund. Aber der war sicherlich nicht der Motor für die Begeisterung der durchweg gestandenen Männer, die das alles, was wir dort zu sehen bekamen, geplant, gebaut, getestet und unzähliche Male verbessert haben und, so ist zu vermuten, auch später immer wieder verbessern und ausbauen werden.
Da nur wenige Besucher kamen hatten wir Zeit, uns ausführlich zu erkundigen und wir bekamen bereitwillig Auskunft.
Es sind vornehmlich männliche Akademiker über dreissig, die in der IG KAISERLICHE MARINE zusammengeschlossen sind. Sie kennen sich seit langem, arbeiten unabhängig voneinander an ihren Modellen und bestreiten alla anfallenden Kosten selbst. Einer war früher professioneller Modellbauer, aber das Gewerbe stirbt aus. Heute werden Computermodelle eingesetzt, wo Firmen früher, speziell im Anlagenbau, reale Modelle in Auftrag gegeben haben. Leider vergaßen wir zu fragen, ob sich nicht auch Frauen für den Modellbau begeistern. Es fehlt an Nachwuchs, die jungen Leute spielen lieber am Computer.  Schade, aber wohl nicht zu ändern. Dabei wird ja erheblch mehr verlangt als der geschickte Umgang mit Material und Werkzeug. Allein die Recherche für den möglichst originalgetreuen Bau von Häusern, Schuppen, Eisenbahnen, Brücken, Krahnanlage und natürlich Schiffen erfordert sehr sorgfältige und detaillierte Arbeit. Das Diorama zeigt reale Gebäude, aber in einer fiktiven Zusammenstellung. Auch war die Ausdehnung des Werfthafens nicht ganz maßstäblich, hätten doch bereits die Kohlenhalden allein die gesamte für die Ausstellung verfügbare Fläche benötigt.



Und das Ergebnis? Der kleine Film zeigt einige Passagen der ca. 45 Minuten dauernden Vorführung, die mit dem Stapellauf des Kleinen Kreuzers EMDEN abschloß. Zu diesem Anlass fuhr fuhr seine Majestät samt Entourage in zwei Sonderzügen vor, taufte Ihre Kaiserliche Hoheit Kaiserin Auguste Viktoria den Neubau mit einer frei (!) fliegenden Flasche unbekannten Inhalts, war eine komplette Infanterie- Kompanie aufmarschiert, bevölkerten die Honoratioren der Stände und die Arbeiter der Werft, insgesamt 1049 Figuren die Szenerie, während der Rumpf samt Schlitten ins Wasser glitt, seinen Anker fallen ließ und schlußendlich durch Hafenschlepper zum Ausrüstungskai bugsiert wurde.
Während dessen arbeiteten Reepschläger auf einer voll funktionsfähigen Seilschlägerbahn und ein Hund stürzte bellend aus seiner Hütte, weil er sich durch ein Pferdegespann gestört fühlte.
Viele liebevolle Details wären noch zu erwähnen, beispielsweise die Festmacherdalben im Wasser, die von winzigen Möwen (Maßstab 1:100) bevölkert waren. Die Bilder sprechen für sich. Insbesondere die Kinder waren komplett gefesselt und studierten ernsthaft und intensiv alles was sie erkennen konnten. Aber auch die Erwachsenen kamen auf ihre Kosten.
Es war ein wirklich besonderes Erlebnis. Herzlichen Dank an die Mitglieder der IG KAISERLICHE MARINE, die nach der Vorführung alles wieder abbauen, einpacken und in ihren PKW nach Hause fahren mussten. Sie sind hoffentlich gut angekommen.
Beim nächsten Mal werden wir gerne wieder kommen und uns ihre kleine Welt ansehen, die doch auch Ergebnis einer riesengroße Leistung ist.

Im Hauptgebäude des Schifffahrtsmuseums gab es weitere Modellschauen zu sehen; dazu kommt ein separater Bericht.