21.08.18 RAKELs Stunde schlägt

In Norwegen sind zehntausende Begeisterte auf den Beinen um die Rückkehr der MAUD zu erleben. Allein in Oslo waren 20000 Menschen an der Pier um zu begrüßen, was von MAUD übrig blieb. Das Expeditionsschiff Roald Amundsens kehrte aus Gröndland heim, wo sie nach 85 Jahren auf dem Meeresgrund geborgen wurde. Nun wird sie restauriert und Zentrum eines eigenen Museums. Norwegen bewahrt sein maritimes Erbe.

Und hier?
Anfang Juni kommen weniger als zehn Interessierte zur Museumswerft als das Expeditionsschiff FEUERLAND des weithin vergessenen Pioniers und Entdeckers Günther Plüschow nach einer Odyssee von Südamerika über Hamburg und Büsum schließlich auf der Museumswerft Flensburg eintrifft. In diesen Tagen wird OLINE, einer der ältesten Segler der Ostsee, in ihrem Leichenhemd aus Plastikplane ebendort zu Wasser gelassen. Und gleichzeitig schlägt, kaum 15 Seemeilen entfernt RAKEL, dem letzten großen Fischereisegler aus der Werft von Colin Archers in Larvik die letzte Stunde. Ihr Rumpf wird auf der Werft von Christian Jonsson mit Kettensägen in handliche Stücke zerlegt, passend für den Müllcontainer. Welch schmähliches Ende für ein großartiges Segelschiff! Wo waren die Organisationen, die sich hierzulande die Bewahrung des maritimen Erbes aufs Panier geschrieben haben?

Seit das Schiff auf einer Fahrt nach Helgoland beinahe gesunken war (Die BSU berichtete von gravierenden Mängeln) wurde das Schiff zum Abenteuerspielplatz für einige Projektamateure. Ihr Enthusiasmus reichte leider nicht für eine Rettungsaktion. Keiner hatte die Mittel, die Professionalität, oder Netzwerke, ohne die hier und heute derartige Projekte zum Scheitern verdammt sind. RAKEL wechselte noch in den letzten Jahren mehrfach ihre Besitzer, der letzte bekam sie für eine Dänische Krone und nannte sich "Finanzier". Ohne die Bereitschaft und Leidensfähigkeit von Chr. Jonsson und seiner großen Liebe zu alten Holzbooten, wäre es mit RAKEL schon vor ein paar Jahren zu Ende gegangen.

Aber RAKEL starb nicht anonym und unbeachtet. Heute bekamen wir eine E-Mail von Gerd Büker, dem Archivar und rührigen Geist des Schiffshistorischen Archivs Flensburg. Er schreibt:
"Trotz wohlmeinender Versuche durch engagierte Enthusiasten konnten die erforderlichen Mittel zur Restaurierung des Schiffes nicht aufgebracht werden.
Als Chronisten können wir das bedauernswerte Ereignis nur zur Kenntnis nehmen und für die Nachwelt  dokumentieren und vor der Vergessenheit bewahren.
Es bleibt zu hoffen dass möglichst viele der alten, bewahrenswerten Schiffe als Zeugnisse einer vergangenen Küstenkultur erhalten werden können.
Leider hat das Schicksal unerbittlich nun auch die RAKEL erfasst: Nun ist es endgültig zu spät  sie wird nun auf der Werft Christian Jonsson seit 20. August 2018 abgewrackt."

Ende eines bewegten Schiffslebens
nach 122 Jahren. Es fehlte nicht viel
Geld, um sie zu retten. Vielleicht hatte
sie einfach den falschen "Stallgeruch".
Für Dänemark zu norwegisch,
für Norwegen zu deutsch, 
für Deutschland zu unbedeutend.
Fotos: Gerd Büker
Schiffshistorisches Archiv Flensburg
(danke!)