War das Wetter am Samstag heiter bis wolkig, kommt es am Sonntag schon herbstlich-heftig daher. Schon kurz nach dem Ablegen fallen erste feine Regenschauer auf die noch friedliche Förde. Die Vorhersage von Westwind mit vier Beaufort ist nicht wirklich erschreckend und die weiterhin "niedrige" Temperatur entschädigt für die lange lastende Hitze der letzten Wochen. Die Vorhersage hat jedoch auch Böen um sieben Beaufort versprochen. Sieben ist für uns die Grenze zwischen Vollzeug und einem Reff im Groß - bei halbem Wind. Und den sollten wir ja bekommen, laut Vorhersage. Wie so oft denken wir uns ein Reff kann man ja eigentlich immer stecken und segeln mit Vollzeug los. Nach und nach legt der Wind zu, aus den moderaten vier werden frische fünf und die Böen wollten sich bald auch nicht mehr mit sechs Beaufort begügen. Sie legten einfach nochmal nach. Wir freuen uns, dass die Ketsch immer noch ihre 1:1 Regel einhält. Sie sagt, dass sie bei halbem Wind ihre Geschwindigkeit mit jedem Schritt auf der Beaufort-Skala um einen Knoten steigert.
Wir machen bald über sechs Knoten über Grund. Die ursprüngliche Idee, Holnis zu runden geben wir schon bei Kollund auf. Der kleine Ausflug vom Vortag hatte uns daran erinnert, dass die Windgeschwindigkeit in der gewundenen Enge mit den hohen Ufern immer nochmal zulegt. Und das Goßsegel war ja immer noch nicht gerefft.
Wer auf der Inneren Förde bei Westwind unterwegs ist weiß, Richtung Nord segelnd kommt der Wind raumschots. Zurück muss aber maximale Höhe gesegelt werden. Sonst nimmt das Kreuzen kein Ende. Hoch am Wind segeln läßt das Boot auch stärker krängen, zumal dann, wenn der Wind wieder einmal bockig und schralend daherkommt. Dann ziehen wir auf der Kreuz vor zu halsen, anstatt zu wenden. Mit den Halsen ist das so: Wenn's klappt ist das sehr befriedigend, wenn nicht, hat man was zu diskutieren. Fazit: Besser, es klappt. Heute klappt es mit Hartruder ganz hervorragend. Wir haben mehr Zeit, die Vorsegelschoten dicht zu holen als in der Wende. Denn wir sind darauf angewiesen, dass sie im Manöver ganz dicht belegt werden und ohne Winschen können wir sie anschließend nicht nachsetzen.
Mittlerweile wir sind auf der Fahrt von der "Chaussee" zurück zum Flensburger Hafen. Als wir der Meierwik nahe kommen, ist aus der Wolkendecke eine dunkelgraue Schicht geworden. Über Flensburg gehen dichte Regenschauer nieder. Der Wind hat noch einmal zugelegt, die Wasserslebener Bucht und das Fördeufer bei Kollund ist jetzt einfach weg, wird von Regenschleiern verhüllt. Wir sind jetzt dicht unterm Ostufer. Hier soll uns die Böe nicht treffen. Also halsen wir für einen Holeschlag, jetzt auf Steuerbordbug, weichen ein paar Yachten aus, die mit rauschender Bugwelle nach Süden streben. Mittlerweile zeigt die Logge beständig über sechs Knoten. Kurze Absprache: Wenn der Wind das nächste mal etwas nachlässt, kommt die nächste Halse. Stattdessen aber kommt die Schauerböe. Sie hat es in sich. Die Ochseninseln, eben noch sichtbar, sind einfach weggewischt, Der Winddruck presst das Seitendeck unter Wasser in der Böe dreht der Wind nach rechts und anstelle der Halse ist jetzt "ablaufen" angesagt. Besanschot freigeben, Großschot ebenso. Der Regen prasselt wie aus einem Wasserwerfer und schleudert vom Unterliek der Segel in breiten Bahnen nach Lee. Sicht nahe bei null. Zum Glück sind nur wenige Boote unterwegs. Unsere Geschwindigkeit nimmt weiter zu. Doch der neue Kurs macht beim Ablaufen alles zunichte, was wir uns vorher mit kreuzen und Höhe knüppeln erkämpft hatten.
So schnell wie die Böe über uns herfiel, so schnell ist sie auch weitergezogen. Wir hatten nicht einmal Zeit, eine Regenjacke über zu ziehen. Glücklicherweise ist der Wind immer noch warm und zuviel Seife ist sowieso schlecht für die Haut. Wie sehen uns strahlend an, lachen. Gut gemacht. Und gut zu wissen, das wir das immer noch können. Der Wind lässt nach und auch unsere Geschwindigkeit. Was solls? Wir hatten ja unseren Spaß!
Im Hafen weht nur noch ein laues Lüftchen.
P.S. Das Video entstand auf dem Rückweg. In der Böe kamen wir nicht zum filmen.