Archer berichtet werden, das Schiff sei "in trockenen Tüchern". Aber die gibt es noch nicht für dieses maritime Zeugnis einer längst vergangenen Zeit. Das "noch" steht für die Hoffnung, das sich das Schicksal noch einmal wenden könnte. Es hat der 119 Jahre alten Hochseeketsch in den letzten Jahren genügend Dramen zugemutet und jetzt wäre langsam Zeit für ein Happy End. Aber so weit ist es noch nicht, es gibt nur einen Moment Verschnaufpause in der die Fäden neu geknüpft werden können - wenn sie denn sinnvoll genutzt wird.
RAKEL wurde 1896 als Segelfahrzeug für den Fischfang, noch ohne Motor zu Wasser gelassen. Sie durchlief wie meisten Berufs-Segelfahrzeuge dieser Zeit die Entwicklung der Motorisierung, der Umwidmung zu Transport und Hilfszwecken bis sie schließlich aus der gewerblichen Nutzung entlassen wurde und Anfang der 1980-er Jahre als Freizeitfahrzeug in eine neue Zukunft starten sollte. Die Geschichte ist in groben Zügen im Schiffshistorischen Archiv Flensburg nachzulesen.
Wie auch andere Traditionsschiffe wurde sie in einer quasi "Ein-Mann-Reederei" betrieben. Das ging bis zu einem stürmischen Tag im Jahr 2013 südlich von Helgoland gut, als RAKEL mit einem unbekannten treibenden Gegenstand kollidierte und leck sprang. Als der Eigner bei der nachfolgenden Reparatur einen Unfall erlitt und schwer verletzt wurde, konnte er das Schiff nicht länger halten. Es wechselte den Besitzer, der Neue hatte große Pläne, aber unterschätzte die Kosten einer fachgerechten Reparatur. Er brach das Projekt ab. Seitdem liegt RAKEL, notdürftig durch ein Lecksegel aus Kunststoffplane an der Mole der Werft von Christian Johnson in Egernsund. Die Zeit verstrich, Interessenten für das Schiff tauchten auf und verschwanden wieder. Die Kosten für die Sicherung und den Liegeplatz gingen zu Lasten der Werft.
Schließlich fand sich ein dänischer Enthusiast, der RAKEL zum symbolischen Preis von einem Euro erwarb. Er hatte sich in den Kopf gesetzt, die Restauration zu vollenden und RAKEL vom Limfjord im Norden Jütlands aus zu betreiben. Zu dem Zweck gründete er den Verein "Rakels Venner" (Rakels Freunde). Auf Facebook werden seitdem viele Posts veröffentlicht, die auch mit vielen gehobenen Daumen belohnt wurden. Hätte es für jedes "like" einen Euro gegeben, wäre dem RAKEL schon heute gerettet.
Derweil liegt das abgebrochene Projekt immer noch an der Werftpier. Zwar sind Teile des Kiels, Spanten im Vorschiff und auch Planken fachgerecht getauscht worden, aber das Schiff ist weiterhin strukturell geschwächt. Schließlich ging die Restaurierung gemäß dem Auftrag des letzten Eigners nicht davon aus, dass RAKEL halbfertig zu Wasser gelassen werden sollte. Am jetzigen Liegeplatz besteht die Gefahr, das RAKEL in einem der häufigen Stürme aus West zerbrechen könnte. Nur weil das Wetter im letzten Winter ungewöhnlich ruhig war hat sie den Wellenschlag überstanden.
Noch in der letzten Woche sollte sich entscheiden, was mit dem Schiff weiterhin geschehen soll. Die Alternativen waren: Schwimmfähig machen oder abwracken.
Jetzt gibt es für die Entscheidung noch einmal Aufschub: Die Werft hat einen weniger exponierten Liegeplatz in der Nähe organisiert. Dort kann RAKEL nochmals überwintern.
Jetzt fehlt noch das Konzept, mit dem Rakels Venner die Mittel für Restauration und Betrieb des Schiffes dauerhaft auftreiben wollen.
Rakels Venner: Einstweilen wird das Deck geschruppt.
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Vielleicht sind den Bemühungen auch dadurch zur Zeit Grenzen gesetzt, weil das angedachte Projekt für die bisherigen Zielgruppen bei Sponsoren und Helfern den falschen Stallgeruch hat.
Mögliche Sponsoren in Norwegen möchten das Schiff nicht im Limfjord besuchen, dänische Sponsoren vermissen den Bezug zu Dänemark, deutsche zu Deutschland. Vielleicht müsste man über neue Zielgruppen nachdenken, der nationale Befindlichkeiten nicht so wichtig sind. Nur eins ist klar: Gute Absichten und Träume alleine werden RAKEL nicht weiterhelfen.