23.05.13 Auflagen für Auflieger

Der Flensburger Hafen kommt nicht zur Ruhe. Kaum hat Hihgship Industries und ihre Tiefflieger die "rote Karte" gesehen, weil sie alte Auflagen nicht erfüllten, sollen jetzt Auflieger im Hafen neue Auflagen erfüllen. Die Rede ist wieder einmal von dem historischen Polizei- und Rettungsschiff aus Grönland KIMIK und dem ebenfalls historischen Ausflugsschiff LIBELLE. Sie sie sind an ihrem derzeitigen Liegeplatz nicht länger gelitten und sollen einen anderen Platz im Flensburger Hafen einnehmen, was sie nicht so ohne weiteres wollen. Die Sache ist auch dadurch etwas pikant, weil diese Verwaltungsentscheidung in zeitlichem Zusammenhang mit der Fertigstellung des Neubaus an der Hafen-Ostseite mit dem markigen Namen "Klarschiff" steht. Einen sachlichen Zusammenhang hat der Bauherr und Investor mit der sybillinischen Formulierung zurückgewiesen, er habe nichts gegen alte Schiffe, solange sie vorzeigbar seien.
Nun hat der zuständige Hafenkapitän laut einem Artikel in der heutigen Ausgabe des Flensburger Tageblattes genau diesen Zusammenhang bestätigt. Er wird mit einem Papier vom Februar 2013 zitiert, dass "aufgrund des geänderten Umfeldes am Ballastkai" die Liegeplätze dort "nicht mehr dauerhaft an aufliegende Schiffe vergeben werden".
"Klarschiff" neben LIBELLE (links) und KIMIK (rechts)
Da sich außer dem Neubau nichts am Umfeld geändert hat, scheint der Zusammenhang ja eindeutig zu sein.
Egal aus welchem Grund so entschieden wurde, der Politik scheint das Ergebnis so nicht zu gefallen und man versucht, die Entscheidung zu revidieren. Das könnte auf einen Rechtsstreit zwischen dem Stadtrat einerseits und der Stadtverwaltung andererseits hinauslaufen. Die Stadtverwaltung vertritt den Standpunkt, dass der Hafenkapitän in diesen Fragen autonom entscheiden kann, auch gegen den Willen des Stadtrates (hier: in seiner Funktion als Hauptausschuss). Das sei in Paragraf 3 der Gemeindeordnung geregelt. Der lässt sich im Text darüber aber garnicht aus. Es sei denn, man hofft auf die Gesetzgebung des Landes. Also bleibt wohl noch eine Weile verborgen, worüber man hier streitet. Das Ganze ähnelt einem Kartenspiel, wie es einmal von Ephraim Kishon beschrieben wurde, wo der unterlegene Spieler seine Auffassung der Regeln durchsetzen konnte, wenn er "Ben Gurion" rief.

Neugierig macht auch die Bildunterschrift des großen Fotos, mit dem der Artikel illustriert wird. Hier sieht man in extremer Tele-Einstellung einen Ausschnitt der Liegeplätze auf der Wasserfläche der Museumswerft, unmittelbar vor dem Gebäude "Klarschiff". Was der Fotograf damit sagen will, kann sich jeder denken. Vielleicht wollte er ausdrücken, dass diese Schiffe, die wenn sie Autos wären, auch als Rostlauben bezeichnet würden, den Ausblick der künftigen Bewohner stören könnten. Die Unterschrift korrigiert das aber eindeutig, denn dort steht: "Klarschiff im Binnenhafen: Rostige, reparaturbedürftige Schiffe sollen künftig an der Museumswerft (vorn) und nicht in der Nähe des Neubaus (hinten) liegen."
Auch dadurch wird, "Klarschiff" zum Trotz, für die Schiffe nichts klar. Was denn, wenn die Schiffe garnicht rostig sind? KIMIK zum Beispiel ist aus Holz gebaut mit Aufbauten aus Aluminium. Beide Werkstoffe sind nicht gerade für Rostanfälligkeit bekannt. LIBELLE ist auch nicht rostiger als andere Stahlschiffe nach einem langen Winter. Über die Reparaturbedürftigkeit zu entscheiden, steht vermutlich einem Hafenkapitän ohnehin nicht zu; dafür gibt es andere Fachleute. Und dass von nun an jedes Schiff seine Nicht-Bedürftigkeit regelmäßig nachweisen muss, ist bisher nicht angeführt worden.
Sollte es einmal so weit kommen, wären erheblich mehr Schiffe betroffen, als bisher diskutiert. Und schon stünde das nächste Problem zur - wie gewohnt enorm professionellen - Lösung an: Die Erweiterung der Wasserflächen der Museumswerft. Da nördlich bereits ein Anleger der Wasserschutzpolizei ist und südlich der Museumshafen, bliebe nur eine Ausweitung in Richtung Hafen-Ostseite. Und damit wäre ist alles wieder so, wie es begann: Rostige Schiffe vor Klarschiff.

Also belassen wir es wie jetzt schon ist.

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