25.04.13 Emsige Sprüche

Ein Bootsbauer aus Mecklenburg-Vorpommern erzählte einmal seine Eindrücke von städtischen Besuchern auf der Werft, wo er arbeitet. Es ist Februar, Temperaturen um die null Grad, Schauer von Schnee und Regen. Die Werkzeuge sind eiskalt, die Hände und Füße auch. Er  arbeitet im Freien an einem alten Zeesboot. Kommen Leute aus der Stadt gucken hier und gucken da. Schließlich sagen sie "Einen romantischen Beruf haben sie aber auch! Immer an der frischen Luft arbeiten! Sie müssen doch rundum glücklich sein!"

Im Museumshafen ist man in diesen Tagen noch glücklicher, weil die Temperaturen nun endlich angenehm sind. Noch. Für die kommenden Tage ist eine Kaltfront angesagt. Was das bedeutet weiss man ja: Regen, böiger Wind sinkende Temperaturen. Also heisst die Parole " emsig", emsig, um noch so viel zu schaffen wie die verbleibende Zeit zulässt. Leider sehen viele Passanten darin nur ein abschreckendes Beispiel. "Das wäre mir aber zu viel Arbeit" ist ein häufiger Kommentar. Dabei wird "Arbeit" so ausgesprochen, als ginge es um eine heimtückische Krankheit. Dass wir glücklich sind, hat noch keiner von ihnen vermutet. So weit ist es mit uns gekommen.
Vor langer Zeit, als die Schiffe im Museumshafen gebaut wurden, war Arbeit so selbstverständlich, dass es kaum lohnte, über sie zu sprechen. Sie war einfach da und musste gemacht werden. 
Spricht man heute mit den Nachbarn am Bohlwerk, ist  auch  die Arbeit ein Thema. Was machst Du gerade? Kannst Du mal bei mir mit anpacken? Lob ist eher selten, frei nach dem schwäbischen Motto "Net g'schompfe isch g'lobt g'nug" (nicht geschimpft ist genug gelobt). Und wenn es nichts zu loben gibt? Heute sagte ein Nachbar mit Blick auf einen desolaten Gaffelbaum: "Das erledigt sich natürlich nicht mit einer Flasche Bier in der Hand". Wie wahr! 
Das selbe kann man auch von dem rostigen Stockanker sagen, den Achim aus dem Hafen geangelt hat.
An MEJSEN  werden derweil augenscheinlich die Planken- nähte kritisch untersucht.
Das Deckshaus von CHARLOTTE kann ebenfalls nicht mit der Bierflasche in der Hand repariert werden. Die Jahre haben eben ihre Spuren hinterlassen. Die will der neue Eigner nun gleich zu Anfang seiner Liaison mit dem schönen weissen Haikutter beseitigen lassen.
Auch auf FULVIA wird emsig weiter gearbeitet. Was da genau gemacht wird, bleibt dem Blick verborgen. Eine Bierflasche ist auch hier nicht zu sehen.
Ebenso, wonach Uwe auf seiner BODIL ausspäht. Eine Bierflasche wird es nicht sein. Was Werner an seinem luftigen Arbeitsplatz sieht? Ist doch klar: Arbeit, jede Menge Arbeit. Und für eine Flasche Bier ist da keine Hand frei.