18.04.13 Heil'ge Ordnung, segensreiche

dichtete F. Schiller in "Das Lied von der Glocke" und fuhr fort: "die das Freie und das Gleiche, frei und gleich und freudig bindet..." und schuf damit einen zeitlos gültigen Sinnspruch für die Grundlagen einer jeden Gemeinschaft.

Unter der Überschrift "Stadt macht Klarschiff für Klarschiff" (sollte wohl heissen Klar Schiff für Klarschiff) berichtet das Flensburger Tageblatt über eine absehbare Entwicklung. Die auf der Ostseite des Hafens liegenden Traditionsschiffe JONATHAN, KIMIK und LIBELLE sollen ihren Liegplatz räumen und auf Anweisung der Stadtverwaltung einen Liegeplatz im Historischen Hafen einnehmen. Dieser Historischer Hafen Flensburg ist eine gemeinnützige GmbH, in der unter anderen die ebenfalls gemeinnützigen Vereine "Freunde Klassischer Yachten Flensburg", "Salondampfer ALEXANDRA" und "Museumshafen Flensburg" Gesellschafter sind. Sie wurde mit massiver finanzieller Unterstützung der Stadt, des Landes und der EU gegründet und soll der Pflege des maritimen Erbes und, nicht ausdrücklich erwähnt, aber ausdrücklich gefördert, der Vermarktung desselben dienen. Diese stützt sich auf Veranstaltungen wie der Rum-Regatta und auf die Präsentation der Schiffe.
Schiffe lagen von alters her nach praktischen Gesichtspunkten geordnet und mehr oder minder getrennt an verschiedenen Stellen im Hafen. Diese sind nicht unbedingt dieselben wie heute. So lagen zum Beispiel viele Flensburger Jachten ehedem am Harniskai, wo jetzt die Frachtschiffe festmachen.
Eine Ordnung der Liegeplätze traditioneller Schiffe hat sich auch der Historische Hafen Flensburg vorgenommen. Dem entsprechend gibt es "Sammlungen" von Klassischen (Segel-) Yachten, Motorfahrzeugen, ehemaligen segelnden Berufsfahrzeugen, und Jollen, das sind in diesem Fall offene Fischerboote. Sie liegen in jeweils eigenen Abschnitten des westlichen Hafenufers. Dazwischen ist der "Gastseglerkai", dessen Funktion auch als "Kai für andere Schiffe" bezeichnet wird. Denn selbstverständlich müssen neben auswärtigen Segelschiffen auch auch Marineschiffe auf Besuch und die Ausflugsschiffe irgendwo festmachen. Dort liegt auch SUNTHORICE. Sie ist ein ehemaliges segelndes Berufsfahrzeug, müsste also einen Platz im Museumshafen haben. Dort kann ein so großes und schweres Schiff jedoch nicht festmachen. Also liegt sie in der Nähe der "Dampfersammlung". Sie ist also die Ausnahme von der Regel (sofern sie nicht "Gastsegler" oder ein "anderes Schiff" ist. Aber wer will das schon so genau wissen?)

Neben den "Gleichen", um auf Schiller zurück zu kommen, gibt es noch vier mehr oder wenig "Freie" im Hafen, bei denen die "Freudige Bindung" nicht wirklich angestrebt wird. Darüber schreibt das Flensburger Tageblatt in seiner Ausgabe von gestern und Holger Ohlsen liefert dazu gleich auch noch eine seiner bissigen Glossen unter dem Titel "Maritimes Legoland". In diesen Artikeln fehlt ein weiteres Schiff, das ebenfalls auf der Ostseite des Hafens liegt und ebenfalls ein ehemaliges segelndes Berufsfahrzeug ist, nämlich CAROL. Sie hat ihren Platz weiter nördlich als die beiden anderen, was den Verdacht bestärkt, dass nicht alle einschlägigen Schiffe in den Historischen Hafen verholen sollen, sondern nur jene, die jetzt den Blick auf die neueste architektonische Errungenschaft in Flensburg stören, einen Neubau mit dem Namen "Klarschiff". Diese Art der Ästhetik gefällt den Stadtverwaltern so sehr, dass sie dieses Ambiente nicht durch alte Schiffe kontaminieren will. Oder ist es vorauseilende Empathie mit den erhofften Mietern oder Käufern von Teilen der Immobilie, denen man den Blick auf "alte Kähne" ersparen möchte? Einerseits ist die positive Wirkung eines  maritimen Ambientes als Verkaufsargument unbestritten, obwohl es andererseits oft niemand unmittelbar vor seiner Haustüre haben möchte. Wobei, das kann man oft beobachten, die Regel gilt: Je wohlhabend desto oft. Jedenfalls will man es wohl bei Kaufinteressenten nicht auf eine Probe ankommen lassen. Nun sollen die Schiffe weg, deren Eigner über ein Jahr lang den Lärm und Schmutz der prominenten Baustelle ertragen durften.

So weit, so schlecht.
Die Auswirkungen dieses Begehrens haben schon gewirkt. Eines der Schiffe ist schon weg. JONATHAN, ein kleiner Schlepper, der schon vor langer Zeit vorübergehend dem Museumshafen gehörte, hat seinen Platz in der sogenannten "Dampfersammlung" des Historischen Hafens eingenommen.
Bleiben nur noch zwei, die in der Zeitung genannt werden. Das eine ist LIBELLE. Das Schiff gehört zur Flensburger  Stadtgeschichte und ist mittlerweile neben ALEXANDRA so etwas wie Teil des historischen Gen-Code der Gemeinde. LIBELLE also soll ihren Liegeplatz verlassen und auf die andere Hafenseite wechseln, ihr Eigner will aber nicht. Anders KIMIK, ebenfalls ein historisches Schiff. Dessen Eigner wollte zunächst garnicht dort liegen. Es musste aber seinen Platz im Museumshafen räumen, als der Historische Hafen gegründet wurde. Das Argument war, für diese Art Schiff sei dort die sog. Dampfersammlung eingerichtet. Nur wollte es dort niemand aufnehmen. So landete KIMIK auf der anderen Hafenseite. Nun soll sie auch dort weg.

Genau gesehen kann der Historische Hafen doch nur ein Angebot an die Stadt und die Schiffseigner sein. Dann können sich Vereine und Schiffseigner als Gleiche und Freie freudig binden. Anderenfalls muss alles so bleiben wie es ist.
Druck und Zwang kann nur dazu führen, dass historisch bedeutsame Schiffe und deren Eigner irgendwann nicht mehr den Hafen und damit die Stadt bereichern - auch solche, die schon lange in Flensburg zu Hause sind. Das kann doch niemand ernsthaft wollen.