13.05.18 Nun ist sie vorbei

Die 39. Rumregatta ist Geschichte - eine schöne Geschichte. Bei herrlichem Sommerwetter und frischem Wind gab es am Samstag auf der Flensburger Förde Segeln vom Feinsten.

BODIL nur mit Fahrtwind
Noch am Freitag bestimmt die Flaute, Feind jeden Seglers, auf der Flensburger Förde das Regiment. Anstatt wie die meisten Teilnehmer aus Flensburg zur ca. 20 Seemeilen entfernten dänischen Hafenstadt  Sonderburg zu segeln, um mit den meisten Teilnehmern der tags darauf startenden Rumregatta nach Flensburg zurück zu fahren, wollen wir auch in diesem Jahr den einlaufenden Schiffen und Booten entgegen segeln um möglichst viele schöne Fotos von dem Feld der alten, historischen, traditionellen oder auch nur so aussehenden Booten und Schiffen zu schießen.
Selbst die als besonders schnelle Seglerin bekannte ANA
bemüht ihren Motor.
Doch wie so oft im Leben gilt auch jetzt: Der Mensch denkt, Gott lenkt. Ein J.W. von Goethe dichtete. Nach vier Stunden haben wir dennoch die Ochseninseln erreicht aber noch keinen Teilnehmer der Fjord Regatta gesehen. Erst am Nachmittag kommen sie, vom Dieselwind bewegt, mit rauschenden Bugwellen durch Holnis' Enge und streben unverzüglich Richtung Flensburg. Allen voran JENSINE aus dem Jahr 1852, laut dem  Schiffshistorischen Archiv Flensburg der "älteste hölzerne Segler Dänemarks im Originalzustand" (wenn man mal vom Dieselmotor absieht). Also nix mit Fotos von alten Seglern mit vielen Quadratmetern Leinwand an den Masten. Um Aufsehen zu vermeiden ("habt ihr einen Maschinenschaden?") packten wir schließlich ebenfalls die Segel ein und drückten den Startknopf. Das hat auch seine gute Seite, kann doch der Motor mal wieder zeigen, wozu er an Bord ist.
Zwischenhoch über Dänemark und Schleswig-Holstein lässt die Luft still stehen. "Tiefe Stille herrscht im Wasser, ohne Regung ruht das Meer", wie
Die alten Schiffe liegen auch unter dem Historischen Krahn
Wer als Letzter von rund einhundert Schiffen in den Hafen einläuft, muss festmachen, wo noch ein freier Platz ist. Aber es macht sich schon bemerkbar, dass in diesem Jahr weniger Traditionssegler nach Flensburg kamen, als sonst. Das Flensburger Tageblatt berichtet von 99 Seglern, die an der Regatta teilnehmen. Wir finden gleich am Bohlwerk einen guten Platz neben angenehmen Nachbarn und machten uns erst mal was zu essen. Nicht, dass es während der Rumregatta an Nahrung mangelt, aber
... und auch am übrigen Bohlwerk
die Skipperin kocht eben doch besser. Auf der hölzernen Anlegebrücke herrscht Hochbetrieb, denn zusätzlich zu den ohnehin meist sehr zahlreichen Gästen von Bens Fischütte, versammeln sich zahllose Besucher und Schiffsleute um mal zu gucken, wer alles gekommen ist. Über das  vielsprachige Stimmengewirr hinweg klingen die Melodien eines gemischten Chors junger Leute. A capella gesungene, tolle Melodien und ein endloses, fröhliches Repertoire. Langsam senkt sich die Dämmerung über den Hafen und auf Schiffen und Booten gehen unter Segeln die Lampen an, lassen hier die Leinen aus dem Dunkel aufscheinen und dort
Auch die Jollen sind gut vertreten.
die eine Ecke eines Deckshauses. An Bord der alten Fischkutter und Frachtsegler sitzen Gruppen junger und jung gebliebener Seefreunde und Sehleute zusammen.
Schon um Mitternacht lichtet sich die drangvolle Enge auf dem Bohlwerk und zwischen den Buden des Gaffelmarktes. Wer will, kann jetzt ruhig schlafen.

Am Samstag Morgen um sieben Uhr ist die Welt immer noch in Ordnung. Wenige
Fotografen sind an der Kaikante auf der Suche nach einem interessanten Motiv unterwegs.
Begegnung auf der Regattabahn
Auf dem Gaffelmarkt bauen die erste Gastronomen Tische und Bänke auf. Um neun Uhr ist Skipperbesprechung die wir diesmal wieder schwänzen. Wir sind bekennende Regattamuffel und wollen das auch nicht ändern. Aber schon bei der Begrüßung auf dem Motorgüterschiff GESINE haben wir eine Startnummer bekommen, die wir jetzt wunschgemäß auf Steuerbord befestigen. Man kann ja nie wissen. Schließlich hat so eine Wettfahrt auch ihre interessanten Seiten. Nehmen wir beispielsweise den Start. Bei Regatten, die unter Wettkampfbedingungen stattfinden, fällt an der Startlinie oft die Entscheidung über Sieg
Beim Kreuzen wird es manchmal eng ...

und Niederlage. Als Erster über die Startlinie: Der einzige Moment, wo die Chancen unterschiedlicher Schiffe noch gleich verteilt sind und allein Taktik und Gefühl für das eigene Schiff zählt.  Die Rumregatta ist glücklicherweise nur eine "unernste" Geschwaderfahrt auf der bekanntlich nicht der Erste, sondern der Zweite den begehrten Preis erhält. Nur hat sich das bei manchen Teilnehmern auch nach mehrmaliger Teilnahme immer noch nicht rumgesprochen. Vielleicht weil zu oft vom Rum gesprochen wird, wenn wir
... manchmal auch nicht
uns mal diesen Kalauer erlauben dürfen.
Es gibt Schiffe die auch unter guten Skippern schlecht abschneiden, und es gibt andere,  die immer Erste werden (oder Zweite, respektive) ohne damit ein Werturteil über die Skipper zu fällen.
Wie gesagt, unser Vergnügen ist, möglichst als Erste über die Startlinie zu gehen. Ob uns das heute wieder einmal gelungen ist, wissen wir leider nicht, notiert wird nur, wann die Ziellinie überfahren wird. Weil der Wind beim Start aus Ost weht, starten wir auf der Westseite, segeln auf Backbordbug, haben also das Wegerecht schon gleich beim Start. Ab der ersten Wende müssen wir bis Holnis Enge kreuzen.
Ideal für halben bis raumen Wind: Das Besanstagsegel
Foto: Johannes Bieniek
Dort, Beim Runden der Tonne 12 fällt uns auf, dass wir jetzt doch die Hälfte der Regatta mitgesegelt sind. Wie es dazu kam? Null Ahnung - sind wir doch eigentlich Regattamuffel. Zurück geht es heute erheblich schneller. Backstags mit vier bis fünf Windstärken. Ideal, für das Besanstagsegel. Sobald es steht, geht die Geschwindigkeit um fast einen Knoten rauf. Der Gedanke, jetzt auch noch schnell auf den großen Klüver zu wechseln, müssen wir seufzend verwerfen. Zu viel Zeit ginge dabei verloren. Aber die 15 qm mehr an Segelfläche wäre noch gut zu verkraften. Doch wir sind
Dazwischen auch die Jollen -
mit beachtlicher Geschwindigkeit.
nur zwei Alte plus einem netten Nachbarn an Bord, der aber noch nie auf einem Segelschiff war. Also lassen wir es dabei, sechs Knoten ist für uns auch schon ganz nett.
Bald ist die Ziellinie erreicht und weil wir nun doch so halb gegen unsere Absicht das Rennen mit gefahren sind, zeigen wir auch die Regattanummer 038 und werden mit einem kurzen tröten als Teilnehmer quittiert.
Die Teilnehmer der Rumregatta segeln extrem unterschiedliche Boote: Wikingerboote, Fischerboote, Frachtsegler, Zollkreuzer unterschiedlicher Größe und Baujahre. Um für ein Mindestmaß an Gerechtikeit zu sorgen, wird jedes teilnehmende Schiff oder Boot einer Klasse zugeordnet. Also, alle Wikingerboote gehören zur selben Klasse.
In diesem Jahr gehören wir mal wieder zur Klasse "Besonders schnelle, modifizierte Repliken". Das ist besonders nett, dadurch konnten wir in dieser exklusiven Gruppe mit dem anspruchsvollen Namen immerhin einen ehrenvollen fünften Platz belegen.

Heute, am Sonntag sind die ersten Teilnehmer der Rumregatta schon sehr früh abgereist, andere liegen auch abends noch an der Stadtpier. Mittags haben uns nette Nachbarn geholfen unsere Leinen an den außeren Festmacherpollern zu befestigen. Nun liegt das Boot wieder an seinem gewohnten Platz in der gewohnten Richtung. Die Rumregatta ist Geschichte; eine schöne Geschichte.

Abends am Samstag sendet der NDR im "Schleswig-Holstein- Magazin" einen Bericht über die Rumregatta und GRETA.