29.06.17 Schönheit, Effizienz und Ästhetik

Spielende Kinder am Starnd - Lieblingsmotiv von Impressionisten
Wetterstimmungen über Wasser und Land ebenfalls
Vorgestern Sonne und schwacher Wind, gestern stürmischer Wind ohne Sonne und heute? Dichter Nebel liegt auf der Förde und der Wind? Welcher Wind? was sich in der Luft abspielt ist noch mittags zu schwach um auch nur leichte Wimpel zu bewegen. Dazu Nebel, schon im Hafen. Also nichts mit segeln. Dabei hätten wir gerne aus der Nähe einen Blick auf die Regatta der exclusiven, schönen, schnellen Regattayachten nach der zwölf-Meter Formel geworfen. Glücklicherweise gibt es nicht nur Wasser- sondern auch Landstraßen. Nach einer halben Stunde sind wir in Glücksburg am Hafen des Flensburger Segelclubs (FSC) angekommen. Jetzt, 15 Minuten vor dem geplanten Start, müssten doch zumindest die Schemen der Boote zu sehen sein. Und wenn nicht, sollten sie doch im Hafen liegen. Aber wohin der Blick fallt, wir sehen nichts, was an eine Regatta erinnert. Nur am Anleger im Hafen sind einige Menschen bei den Schlauchbooten versammelt, die üblicherweise als Manöverhilfe eingesetzt werden.



HETI, eine der wenigen verbliebenen 12-er mit Gaffelrigg
Weil es nun wirklich NICHTS zu sehen gibt, machen wir einen Spaziergang auf der Promenade nach Norden, sehen malerische Kindergruppen am Strand, Spaziergänger mit und ohne Hund und einige Radler, gemächliche und eilige. Kaum zu glauben - alle mit  einem freundlichen "Moin" oder emphatischen "Moin Moin" auf den Lippen. Nach ein paar Kilometern lassen wir uns auf einer Rastbank nieder.
Langsam gewöhnt sich der Blick an die graue Suppe über dem Wasser. Wir unterscheiden Konturen von Motorbooten, einem Frachter und einzelnen kleineren Segelbooten. Dann, wie von einer effektbewussten Dramaturgie gelenkt, zeichnen sich hohe weiße Segel ab. Obwohl wir kaum einen Hauch spüren, ziehen sie langsam ihre Bahn, sammeln sich in Gruppen, streben auseinander, kreisen in einer langsamen Choreografie. Wir zählen etwa zehn Boote, aber bei der schlechten Sicht verlieren wir auch immer wieder die Übersicht. Jetzt, es ist bereits 13:20 Uhr, werden die Pulks dichter und die Kurswechsel häufiger - die übliche Unruhe vor der Startlinie. Von Norden kommt noch ein Nachzügler, geschoben von dem Hauch aus Nordost. Dann, wie auf Kommando, das wir nicht hören, wenden die meisten auf Backbordbug. Das Rennen hat begonnen.

Drei Yachten haben sich für einen Start über Steuerbord entschieden. Eine von ihnen setzt sich rasch vom Feld ab und erreicht die Wendetonne weit vor den anderen. Wir fotografieren trotz großer Entfernung und dichtem Dunst. Mit Zoom können wir auf dem Bildschirm das Segelzeichen entziffern. Es ist die KIWI MAGIC aus dem Jahr 1986. Es dürfte die "modernste" unter den teilnehmenden Yachten sein.

Auf dem Vormwindkurs werden die Spinnacker gesetzt. Aha, denke wir, nun können wir SPHINX schnell erkennen. Sie fährt immer einen roten Spinnacker und müsste sich daher eindeutig von den übrigen Teilnehmern mit ihren weißen Segeln abheben. Aber diesmal haben wir es nicht so einfach. Es gibt zwei Teilnehmer mit einer roten "Blase".
Nun suchen wir unseren heimlichen Liebling, dem wir diesen Titel wegen des Gaffelriggs verliehen haben das wir einfach schönfinden. Es ist HETI von 1912, die älteste auf der Regattabahn. Sie segelt anscheinend weit abgeschlagen hinterher. Jedoch, was macht's. Geschwindigkeit ist nicht Alles. die Welt braucht Ästhetik! Die bekommen wir heute reichlich geboten.

Bald ist der erste Durchgang vorbei. Wir fahren nach Hause. Am Abend fällt kräftiger Regen. Wenn das Wetter weiterhin einem Gesetz der Abwechslung folgt, müsste es morgen eigentlich schneien. Doch wenn wir mal etwas wünschen dürfen: es darf  auch gerne mal wieder ein paar Sommertage geben.