Ganz schön schmerzhaft, wenn man Rücken hat. Ein morsches Rückgrat zieht den ganzen Körper herunter. Das ist bei Menschen so und auch bei Schiffen. Unterschiedlich ist nur, wo es schmerzt. Sind es die Bandscheiben, quält der Ischiasnerv, ist es der Kiel, schmerzt der Blick auf das Bankkonto.
Der Kiel des Snurrewadenkutters FRIEDA ist so morsch, dass er eigentlich nur noch aus Torf besteht. Er kann den Rumpf nicht mehr stützen, und das Schiff zieht zunehmend viel Wasser. Das kommt von den Spalten zwischen den Planken. So war es im letzten Sommer, als ein Nothafen angelaufen werden musste, weil der Wasserstand in der Bilge unaufhörlich stieg. Das Leck konnte durch Kalfatern nicht mehr geschlossen werden. Seitdem hatte die alte Dame ein Pflaster aus Bleiblech an der Kielplanke. Aber Bleiblech kuriert keinen Rumpf und kann einem "weichen" Schiff nicht seine alte Festigkeit zurückgeben. Um das zu erreichen, muss der Kiel ausgetauscht werden.
Diese Transplanation bekommt man selten zu sehen. Sie ist etwa so anspruchsvoll wie wenn man unter einem Haus das komplette Fundament austauscht. Dabei kann die gesamte Statik durcheinander kommen und der Rumpf seine Form verlieren. Die Folge: weitere Lecks an den übrigen Planken und überlastete Verbände.
Um den Kiel auszubauen, muss der Rumpf angehoben werden ohne seine Geometrie zu ändern. Wenn schon ein gesunder Schiffsrumpf keinen punktuellen Druck verträgt, ein Rumpf ohne Kiel verlöre seine Form und Festigkeit. Also muss er in den besonders kritischen Bereichen auf möglichst großer Fläche unterstützt werden. Ideal wäre ein äußeres Gerüst, ähnlich einer negativen Form. Die müsste jedoch für jedes Schiff individuell angepasst werden.
Für FRIEDA wurde eine andere Lösung gefunden.
Wer mit offenen Augen über eine traditionelle Holzschiff-Werft geht, sieht Holzkeile in allen möglichen Größen. Keile gehören vermutlich zu den ältesten Werkzeugen, die sich Menschen geschaffen haben. Schon die Steinquader der Pyramiden wurden mit Hilfe von Keilen angehoben. Und jetzt also der alte Kutter FRIEDA. Werden sie zwischen den Stapel aus Holzquadern und den Rumpf getrieben, heben sie den Rumpf an. Jeder Schlag mit einem Hammer auf den Keil, wird im Verhältnis der Steigung des Keiles übersetzt. Ursache dafür ist das Prinzip der "Schiefen Ebene".
In der Werfthalle wartet der künftige Kiel darauf, bearbeitet zu werden. Im Hintergrund der Kutter ANEMOR |
Draußen ist schon der künftige Ballastkiel abgelegt. Er soll die Stabilität verbessern und den Innenballast ersetzen. Das sorgt für Platz und Übersicht in der Bilge. |