Wie die Zeit vergeht! Fast sechs Wochen sind seit unserem letzten Besuch auf der Werft von Christian Johnson in Egernsund vergangen. Weil das Wetter endlich auch mal wieder etwas freundlicher ist, wollen wir nachsehen, ob es etwas Neues zu berichten gibt.
Der Besuch hat sich von daher gelohnt und wegen der schönen Aussicht auf die friedliche Förde auf dem Weg nach Dänemark sowieso. Sie läd zum segeln ein, bei Sonnenlicht und mäßigem Westwind. Leider ist das eigene Schiff noch eingewintert und sechs Grad sind auch nicht wirklich angenehm warm.
Wie beim letzten Besuch freuten wir uns, dass auf der Werft "der Laden brummt". Auch auf traditionelle Holzschiffe spezialisierte Bootsbauer müssen im Training bleiben, um ihre Aufgaben gut zu beherrschen. Heute können wir uns wieder freuen.
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„Lepelboor“ (Löffelbohrer) von Rasbak - Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons - |
Der Marstalschoner MARTHA aus Veijle liegt zwar immer noch auf der
Helling. Aber mittlerweile ist der
Spiegel fertig geplankt und eine obere Rumpfplanke wird mit Setzschlägen passgenau zwischen ihre Nachbarinnen eingefügt. Als nächstes werden die Bohrungen für die Nägel gesetzt. Während oben auf der Stellage kräftig mit schwerem Hammer gearbeitet wird, geht es unten am Achtersteven ruhiger zu: Der Durchgang für das Wellenlager der Schiffsschraube wird gebohrt: Von Hand und durch die an dieser Stelle gut einen Meter fünfzig dicke Konstruktion aus Eichenholz. Entsprechend lang ist der Schaft für den Löffelbohrer. Gedreht wird er von Hand an einem Rad und geführt durch ein Lager, das am Achtersteven befestigt ist. "Wie wird der Bohrerschaft ausgerichtet?" wollen wir wissen. Der Bootsbauer Palle zeigt auf eine Markierung auf der Planke "In der Höhe war der Mittelpunkt der alten Bohrung". Aha, "Und wie habt ihr die Richtung bestimmt ?" "Wir haben den Winkel der alten Welle mit einer Wasserwaage gemessen". Da wäre man zur Not selber drauf gekommen- Ist man aber nicht. Währenddessen macht der Bohrer leise schabend helle Späne aus Eichenholz.
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Der Loskiel wird Stück für Stück von den Kielbolzen gestemmt. |
Nebenan liegt immer noch
FRIEDA von HADERSLEBEN S90 auf ihrer Helling. Gerade jetzt wird der Loskiel *) stückweise entfernt. Zwei präzise Schnitte mit der Kettensäge neben jeden Kielbolzen, dann wird das alte Holz auseinandergestemmt, bis die Kielbolzen frei nach unten ragen. Ausgespart werden nur die Stellen, die auf den Trägern des Slipwagens aufliegen. In vierzehn Tagen wird auch der Kielbalken ausgebaut, erfahren wir. "Es muss sein, der alte ist verrottet. Innen ist nur noch Torf", sagt der Bootsbauer Peter. Wir sehen hin und glauben ihm.
Etwas seitab liegt eines der beiden Deckshäuser des Snurewadenkutters auf dem Boden. Offensichtlich macht neue Eigner keine halben Sachen.
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Ex Lotsenversetzboot KAMPEN |
Üblicherweise sehen wir auf dieser Werft Holzschiffe und -boote jeder Größe. Metallschiffe sind zumeist aus Aluminium hergestellt. Heute steht ausnahmsweise ein Stahlschiff. Es ist das (ex) Lotsenversetzboot
KAMPEN mit Heimathafen Emden. Es war von 1956 bis 2011 bei der Emder Lotsenbrüderschaft in Dienst. Nun ist es seit Ende 2014 in neuen Händen. Ob es vielleicht bald in einem Museumshafen zuhause sein wird? Es hätte sicherlich das Zeug dazu.
Am Schlengel der Werft liegt ein Holzkutter. In diesem Winter gab es nur wenige Tage lang Eis. Es hat dennoch gereicht, den Holzrumpf anzusägen. Das ist ein Schaden, der besonders durch dünne Eisschollen entsteht, wenn sie mit den Wellen langsam aber wirkungsvoll gegen den Rumpf drücken und mit jeder Bewegung Holz abtragen oder die Kalfaterung aus den Plankenfugen in der Wasserlinie ziehen. Nun hängt das Schiff an der Lenzpumpe, bis die Helling wieder frei ist.
Auf
RAKEL hat sich seit dem letzten Besuch nichts geändert. Eine Gruppierung aus Dänemark hat sich gefunden, die das letzte originale existierende Fischereibegleitfahrzeug aus der Werft von Colin Archer übernehmen und wiederherstellen will. Nun ist der aktuelle Eigentümer schon seit Monaten nicht mehr auffindbar. Ein Jammer, denn anscheinend kann er das Schiff nicht halten und die abgebrochene Restaurierung fortsetzen. Aber das Schiff kann in diesem Zustand nicht überleben.
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*) Loskiel, der, (engl. false keel, shoe of a keel). Profilierte, auswechselbare Holzplanke unter dem eingebauten Kiel, den Bootsrumpf bei Grund- oder Bodenberührung vor Beschädigungen schützen soll...
Quelle: Schult, Seglerlexikon, Delius Klasing ISBN 3-87412-060-0