17.01.13 Abgehoben

Seit einiger Zeit geistert eine Nachricht durch die Presse, dass die  Firma Highship Idustries Ltd. aus Bristol (UK) an der Spitze des Harniskai ein Entwicklungszentrum für so genannte Bodeneffekt Fahrzeuge errichten will. Darüber berichtete das Flensburger Tageblatt unter anderem am 21. Juni des letzten Jahres. Dann wurde es still um die Planung, dem Investor schien zum Abheben die Luft, will heißen: das Geld zu fehlen. Heute nun verhaltener Jubel: Das Geld sei da, heisst es. Fragen an die Firma seien aber unbeantwortet geblieben, man habe Wichtigeres zu tun, so hiess es. Sollte es tatsächlich eine der in unserer Stadt leider immer wieder zu beobachtenden Luftnummern von Möchtegern Investoren handeln, brauchten wir hier nicht weiter nachdenken. 
Wenn aber, wie die Stadtplaner und Verwalter hoffen, das Projekt nun wirklich abhebt, stellt sich die Frage, was uns denn da ins Haus flattern wird.
Passagierversion (Quelle: Highship Industries)
Ein Blick in die Internetseite der Highship Industries zeigt wenig Ergiebiges. Das kann daran liegen, dass man jetzt erst beginnt nachzudenken. Aber werden aus den wenigen Informationen die Absichten erkennbar. Offensichtlich sollen die Bodeneffektfahrzeuge in verschiedenen Versionen gebaut werden, und zwar für die Einsatzbereiche Personenbeförderung, Frachttransport und Militär. Hier ein Foto aus der Internetseite. Es zeigt die Passagiermaschine in ein Foto des Hamburger Hafens montiert. Im Hintergrund ist die Bark RICKMER RICKMERS zu erkennen. Leider fehlt jeder Maßstab in der Darstellung. Jedoch geben die Fenster des Cockpit einen (schwachen) Anhaltspunkt. Demnach wird das in Flensburger Gewässern zu testende Fahrzeug um die bummelig 30 Meter lang sein, wenn das denn reicht. Da eine volle Flugfähigkeit nicht hervorgehoben wird, handelt es sich bei dem Gerät vermutlich um eine sogenanntes Tandem Airfoil Flairboat. Dieses Gerät wird, um den Bodeneffekt zu erzeugen auf die Geschwindigkeit eines startenden Wasserflugzeugs beschleunigt und bewegt sich dann mit annähernd konstanter Geschwindigkeit wenige Meter über der Wasseroberfläche. Die Planungen gehen davon aus, dass Wellenhöhen von bis zu vier Metern überflogen werden sollen. Das Youtube Video zeigt ein erheblich kleineres Exemplar als das in der Internetseite des englischen Investors. Als Eckwerte werden in dem Video genannt: Startgeschwindigkeit 60 km/h bei einer Höchstgeschwindigkeit von 135 km/h. Bodeneffektfahrzeuge werden in der Kollisions-Verhütungs-Richtlinien (KVR) als Schiffe gewertet.

 Dieses Video wurde nach der Veröffentlichung dieses Beitrags zeitweilig gesperrt.

 

Nun ist geschrieben worden, dass die Firma Highship Industries hier ein Entwicklungszentrum gründen, aber auch die Endmonzage und Abnahme durchführen will. Da werden sicherlich erst einmal kleinere Modelle zur Erprobung hergestellt. Aber früher oder später werden die dann auf die prospektierte Größe wachsen müssen. Denn kein Hersteller wird Produkte erzeugen, die nur in einer "Spielzeugversion" getestet wurden. Bei der Stadt hat Highship Industries übrigens in Aussicht gestellt, dass "Jedes Jahr 160 Fahrzeuge gebaut werden (könnten), später bis zu 487" (Flensburger Tageblatt). Diese sollen in der "Flensburger Bucht" auf der offenen Ostsee getestet werden. Auch wenn es die "Flensburger Bucht" nicht gibt: Ist die Förde selbst nicht Testgebiet, müssen die Fahrzeuge dennoch über die Förde hin und zurück fahren. Soll doch kein Mensch glauben, das ginge immer nur im Bummeltempo ab. Man wird sagen, es gingen Arbeitsplätze verloren, wenn die Geschwindigkeit begrenzt wird. Aber für den Tourismus gilt das Gleiche. Ist bei uns schon das Wetter oft nicht so gut, wollen die Menschen doch wenigstens Ruhe finden.

Deshalb machen wir als Stadt und Region vollkommen zu Recht Reklame mit unserer schönen Fördelandschaft und hoffen auf den Tourismus zu Wasser und zu Lande. Die Menschen sollen zu uns kommen und sich in einer noch weit gehend unverbrauchten Uferlandschaft erholen. Etliche Millionen Euro Steuergelder werden aufgewendet, auch und gerade in grenzüberschreitenden Projekten, um dieses Potenzial zu fördern. Namhafte Konzeptionäre und Strategen haben  sich den Kopf über die beste Art und Weise zerbrochen, wie das zu erreichen ist. 
Gleichzeitig werden jedoch lange wirkende Fakten geschaffen, mit denen diese Bestrebungen zu Makulatur werden. Neben Wasserflugzeugen, Wasserschifahrern (auf dänischem Gewässer) und zunehmend vielen Jet-Booten (Wassermotorrädern) sollen jetzt noch diese Bodeneffektfahrzeuge auf der Förde fahren und entsprechend lärmen. Hat sich schon mal jemand ausgemalt, wie sich das an einem schönen Ferientag anhören wird? Was werden die neu in die Sonwik gezogenen Eigentumswohnungsbesitzer davon halten. Es wäre nicht verwunderlich, wenn sie gegen die nachfolgende Entwertung ihrer Immobilien vorgehen werden. Von den vorhersehbaren Konflikten mit den Freizeitschiffern mal ganz abgesehen. Kein Segler kann einem so schnellen Fahrzeug rechtzeitig ausweichen. Behält er aber sein Vorfahrtsrecht auch gegenüber dem Neuzugang auf der Förde, wird der Hersteller mit der Testerei nicht weit kommen.

Die ganze Planung erscheint doch ziemlich abgehoben und deshalb zum Scheitern verurteilt. Wäre es so, wäre es schlimm genug. Sollte aber jemand auf die Idee kommen, das Projekt tatsächlich umzusetzen, wären die Folgen für Flensburg und die Region fatal.