Wir sind mit Freunden verabredet, für die Segeln vollkommen neu ist. Aber gegen unser Versprechen, es werde keinen Sturm geben, sondern "Damenwind", versprachen sie, nicht ungeduldig zu sein und genügend Zeit einzuplanen. Auch würden wir nicht besonders weit segeln. Es könnte dazu kommen, daß wir es nur bis zu den Ochseninseln oder nach Glücksburg schaffen. Auch das war kein Problem. Zwei Windstärken auf der nach Sir Francis Beaufort benannten Skala sind vorhergesagt. Das ist gerade genug Wind, um an Land Blätter rascheln zu lassen und um den Hauch im Gesicht zu spüren. Das ist, bezogen auf zwanzig Tonnen Vedrängung, weiß Gott nicht viel. Aber wir wissen, das es für eine durchschnittliche Geschwindigkeit von etwa zwei Seemeilen pro Stunde (= 3,78 km/h) ausreicht. So langsam ist man zu Fuß bei einem Schaufensterbummel ohne Einkaufspause. Diese Brise soll dazu aus West kommen, das bedeutet auf der Inneren Flensburger Förde nur wenige Kreuzschläge. Also planen wir, den Nachmittagskaffee im Hafen einzunehmen. Wir werden also heute die Langsamkeit entdecken. Auch das soll kein Problem sein, sind doch interessante Gespräche oft genau so spannend wie aktives Segeln bei einer Brise, die "frisch" genannt wird.
Verpflegung für den Ausflug ist vorhanden und nach der obligatorischen Sicherheits- Schiffs- und Segeleinweisung geht es los.
ALEXANDRA demonstriert die Überlegenheit der Dampftechnik |
Der alte Logger PIROLA hat schon guten Wind, wir kurz darauf ebenfalls. |
Aber zu uns will er nicht kommen. No wind, no fun, sagt der Engländer. PIROLA hat im Augenblick bessere Karten. Die große weiße Ketsch aus dem Museumshafen kommt mit dem Windfeld gut voran, während wir immer treiben. Nun ist das Windfeld endlich bei uns.
Während PIROLA auf die Enge zwischen den Ochseninseln und dem Festland zu steuert, passieren wir die hübschen Eilande auf der Fördeseite. Also das hätten wir dann schon mal geschafft. Jetzt dreht der Wind nochmals und geht mehr auf Südwest und nimmt zu. Das war's also zum Thema wenige Kreuzschläge. Aber Segeln ist schließlich Sport und so kommen wir im Zickzack-Kurs Schlag auf Schlag dem Heimathafen näher. Zwischendurch kommt ALEXANDRA zurück und überholt mit geringem Abstand. Diesmal begrüßt sie uns mit einem langen Signal aus dem Horn.
An der Hafeneinfahrt wird es spannend. Wir haben den Ehrgeiz, bis hinter den Museumshafen zu segeln und diesem Anspruch opfern wir die nächsten 60 Minuten. Der Wind kommt an jedem Silo aus einer anderen Richtung, wenn er überhaupt kommt. Was dagegen garantiert kommt, wie immer wenn es eng wird, ist ein anderes Fahrzeug mit Vorfahrt. Da kann man nix machen und so kommt ein kurzer Schlag zum nächsten. Noch haben wir alle Segel stehen: Leichtwindklüver, Baumfock, Großsegel mit Toppsegel und Besan. Der Wind dreht weiter auf Süd und so geht das Toppsegel als erstes runter. Das ist bei uns ein "Eine-Frau-Manöver" mit drei Leinen aus einer Hand gefiert. Getreu dem Motto: bei uns wird nichts verlangt, was eine alte Dame nicht alleine könnte, ist das wie gewohnt kein Problem. Unseren Gästen ist zu unserer Freude der Spaß am Seglen immer noch geblieben. Nun umrundet uns die kleine Dampfpinasse SWAN VESTA mit leisem Zischen und Klacken. Dann, wir sind schon beim Anleger der Wasserschutzpolizei, stirbt der Wind endgültig. Enttäuscht wird der jetzt nutzlose Klüver geborgen und auch die Fock. Auf einmal, die Dirken am Großbaum sind schon gesetzt, wacht der unzuverlässige Wind wieder auf und mit einem letzten Hauch kriechen wir am Bohlwerk vorbei. Nun sind wir zufrieden. Ein Aufschießer, die Gaffelsegel fallen. Unsere Gäste falten das Tuch munter und perfekt in die Lazyjacks. Die letzten Meter bis in den Liegeplatz bemühen wir "Sir Henry", wie der Ford-Diesel bei uns mal liebevoll und mal mit strengem Unterton genannt wird.
Im Museumshafen angekommen, klaren wir das Schiff gemeinsam auf. Zum Kaffetrinken ist es schon zu spät. Also schließen wir den Tag mit einem herzhaften Abendbrot ab. Es war ein schöner Tag und den verdanken wir auch unseren Gästen.