Sie wurden sorgfältig von den Spanten gelöst und gewähren nun einen ungewöhnlichen Blick in das Innere der Anatomie des Rumpfes.
Die Fotos zeigen die linke Schiffseite vom Heck aus betrachtet. Deutlich ist die kraftvoll geschwungene Form des alten Fischkutters zu erkennen wie sie durch die Spanten vorgegeben wird. Lange vor der heute im Flugzeug- und Karosseriedesign üblichen Flächen-Modellierung mit komplexen mathematischen Formeln haben Bootsbauer mit einfachen Mitteln ideale Linien für Schiffskörper entworfen. Das Ziel: Schnelle und zweckmäßige Rümpfe, handwerklich aus gewachsenen Planken gebaut. Das Ergebnis sind zeitlos harmonische Linien. Manche sagen, Schiffe seien schwimmende Kompromisse und wir meinen, traditionelle Holzschiffe gehören zu den die schönsten Kompromissen, die je geschlossen wurden.
Jetzt wird die zweite neue Planke ebenfalls unter ihrem künftigen Platz in der "Trockenposition" mit Schraub- zwingen befestigt. |
Derweil drücken zwei weitere Bootsbauer das freie Ende gegen den Rumpf. Der Anschlag in der Schiffmitte gibt die genaue Lage vor. |
Für jede neue Planke wird zuerst aus minderwertigem Holz eine individuelle Schablone mit passgerechten Maßen angefertigt. Sie gibt die Maße vor, nach denen die neue Planke aus gelagerten Holz gesägt wird.
Diese Planke wird in einem Dampfkasten "gekocht". Das kann man wörtlich nehmen, denn das Verfahren hat mit einem Dampfkochtopf vieles gemeinsam. Dadurch wird das feste Holz geschmeidig und kann gebogen werden, ohne zu brechen. Jetzt muss es schnell gehen, denn das Holz wird wieder fest, sobald es wieder kalt ist. Es ist übrigens ein Gerücht, dass Planken immer nur im Winter getauscht werden, damit sich die "Werfties" an dem heißen Holz die Finger wärmen können. Obwohl nicht mehr Winter, ist es heute besonders kalt, es regnet in kräftigen Schauern, mit nassem Schnee durchsetzt.
Da wird es nicht lange dauern, bis die Planken wieder abgenommen und weiterbearbeitet werden können. Ein wesentlicher Schritt ist dabei, die Schmiege anzupassen. Noch sind die Kanten der Planken rechtwinklig, so wie sie aus der Bandsäge kamen. Damit sie bündig mit den anderen Planken zusammengefügt werden können, müssen sie dem dort durch die Spantenkrümmung vorgegebenen Winkel, der Schmiege, angepasst werden. Ganz zum Schluss wird auf eine der beiden aneinanderstoßenden Kanten eine Fase, die Kalfatfuge, gehobelt. Erst dann wird die Planke endgültig angeschlagen.
Wer die Fotos genau betrachtet, wird in den dunklen Spanten helle Punkte erkennen. Sie stammen von Holzdübeln, welche die alten Löcher ausfüllen, die von den Nägeln stammen, mit denen die alten Planken befestigt waren.
Während wir zusehen geht die Arbeit zügig voran. In sechs Wochen ist Rum-Regatta in Flensburg. Dann soll AURORA wieder Zweite werden.
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*) zum Beispiel hier in den HAFENMELDUNGEN "Wintersport mit BODIL"