20.09.14 Platz da!

Die Stadt Flensburg hat einen neuen Weg eingeschlagen, indem Bürger in Entscheidungen über öffentliche Belange stärker eingebunden werden sollen. In einem Experiment soll herausgefunden werden, ob und wie so etwas klappt. Über den ersten Tag dieses Versuchs berichtet das Flensburger Tageblatt in seiner heutigen Ausgabe.

Dass Entscheidungen an den Bürgern vorbei nicht immer zu optimalen Ergebnissen führen, konnte in jüngerer Zeit gleich zweimal an wichtigen Bauvorhaben beobachtet werden. Die Planung zur sogenannten Flensburg Galerie musste revidiert werden, weil sich die Bürger öffentlich zu Wehr setzten, nachdem sie von den Entscheidungen nachträglich erfuhren. Und das Gebäude "Klarschiff" auf der Ostseite des Hafens wurde gebaut, weil die ursprüngliche Planung für ein mit Kupfer verkleidetes hohes Hotelgebäude an der selben Stelle in der (nachträglichen) öffentlichen Diskussion durchfiel.
Vermutlich stellen die jetzt zu besichtigenden Eingriffe in das gewachsene Stadtbild auch nicht Alle und Jeden zufrieden. Aber die Zeit der Entscheidung über das Stadtbild ohne die Bürger auch nur im Ansatz einzubeziehen, ist nach dieser Erfahrung hoffentlich vorbei.

Also: die Bürger haben die Möglichkeit, bei einer möglichen neuen Gestaltung der Hafenwestseite mit Ideen und Vorschlägen beizutragen. Dort, wo jetzt die großen Parkplätze sind, zwischen der Straße mit dem sinnträchtigen Namen "Schiffbrücke" und der Hafenpier, wo der Historische Hafen gerne traditionelle Schiffe sieht und in größerer Zahl sähe, dort soll es künftig anders aussehen.
Und damit jeder einmal selber sehen kann, wie diese Fläche ohne Autos wirkt, hat die Stadt für drei Tage auf einem (kleinen) Teil die Autos verbannt um Raum fürs Sinnen und Mitdenken zu geben.
Die Fotos zeigen, wie es vormittags am zweiten Tag der Aktion dort aussieht. Offensichtlich war am bemüht, der Fantasie keine engen Fesseln anzulegen und viel Raum für Verbesserungen zu reservieren.

Die Museumswerft möchte dort einen lang gehegten Traum ihres Geschäftsführers verwirklichen: Das "Flensburg Schiff"  soll ebenda gebaut werden. Es sei unter unter dem Namen FORENING ab 1780 von Flensburg aus auf große Fahrt gegangen, so das Flensburger Tageblatt in seiner Ausgabe vom 16. September. Sein Modell im Maßstab 1:3 werde auf der Museumswerft in diesen Tagen fertiggestellt und solle am 23.09. zu Wasser gelassen werden.
Warten wir's ab, ob noch Besseres kommt.

Die Parkplätze an der Schiffbrücke belegen die größte Freifläche der Stadt. Sie prägte Jahrhunderte lang als weitgehend leerer Raum das Bild der Stadt. Sie ist darin einzigartig in Deutschland. Keine andere Stadt kann noch mit einer solchen kleinteiligen Gebäudestruktur aufwarten, mit großem Abstand zum Wasser, wenn man von Dresden einmal absieht. Die leere Fläche war dort sogar mit ausschlaggebend für das Prädikat "Welt-Kulturerbe", das inzwischen wegen des Baus der Elbschlösschenbrücke wieder aberkannt wurde. Auch wenn das Dilemma um Kaysers's Hof scheinbar dagegen spricht: Flensburg hat mit diesem Raum ein unverwechselbares Alleinstellungsmerkmale. Es ist der Stadt zu wünschen, dass den Bürgern zur Gestaltung dieser Fläche mehr einfällt, als Gastronomie, Parkplätze, Porree-Beete oder Stellfläche für Maritimes Gerümpel.
Ein Blick auf die Abbilder historischer Ansichten der Hafenkante können eine vernünftige Orientierung bedeuten. Sie hängen an den Sichtblenden der Glascontainer.

Die Schiffbrücke 1833
Abbildund: Stadtarchiv Flensburg