19.03.17 Glanz und Schimmer


Über Reparatur- und andere Klarlackierungen an Bord.

Im  Beitrag "Der Lack ist ab" ging es darum, wie wir die Rundhölzer fürs alljährliche Lackieren vorbereiten. Inzwischen haben wir vier Lagen Lack aufgetragen und das Ergebnis ist sehr ansprechend. Wer noch in der Schukzeit Schillers Glocke gelernt hat, erinnert sich an das Lob der züchtigen Hausfrau das mit der Zeile endet: "Und füget zum Guten den Glanz und den Schimmer und ruhet nimmer". Wenn wir uns jetzt das Ergebnis ansehen geht uns diese Zeile nicht ganz zufällig durch den Kopf. Vor uns liegen die seidenglatt lackierten Rundhölzer und Blöcke und glänzen wie die Auslage bei Tiffany's. Sogar die Korallen und etliche Blöcke haben ihr Quantum Lacköl abbekommen und werden die Saison vermutlich gut überstehen. Dabei kamen wir schnell voran und jedem Tag blieben 22 Stunden für andere Beschäftigungen, unter anderem auch fürs Nichtstun.

Wir haben uns vor etwa 20 Jahren für ein klares Lacköl auf Leinölbasis entschieden. Und zwar nachdem wir gelernt hatten, dass ein geeigneter Lack vor allen Dingen ein gut zu reparierender Lack sein muss.
•  Das setzt aber an erster Stelle voraus, dass er einfach von Hand geschliffen werden kann. Nur dann kann ein Kratzer oder ein Nässeschaden auch mal unterwegs leicht repariert werden. Denn wer wird schon einen Generator an Bord führen um die Reparatur im Hafen oder am Ankerplatz mit dem Exzenterschleifer zu beginnen? Mal vom Krach ganz abgesehen, und vom unvermeidlichen Protest der Nachbarn sowieso. 
•  Zum zweiten soll der Bootslack keine Pigmente enthalten. Denn sonst wird die reparierte Stelle immer deutlich heller wirken und dadurch dem Rest der Welt zur Kenntnis geben "Ich wurde repariert". 
•  Schlussendlich sollte der Bootslack keine Zusätze wie Härter, Verdünner, Haftvermittler und andere Mittel benötigne. Man schleppt auch ohne das immer mehr Material an Bord mit sich herum.

Der Klüverbaum wurde an Deck unter der Plane lackiert und
ist jetzt bereit für die Saison. Sehr praktisch: Der Vierkant am
Fuß und die Klampen.
Die Rundhölzer liegen vor uns, mit Sandpapier 80-er Körnung von Hand geschliffen. Jetzt sollen die Spuren der letzten Saison beseitigt werden, bevor die Rundhölzer wieder an Bord kommen. Als erstes wird der Lackierplatz mit einem weichen Handfeger und mit langsamen Bewegungen staubfrei gereinigt. Schließlich wollen wir den Staub nicht umverteilen. Dann wischen wir die Oberflächen mit einem fusselfreien Lappen ab, auf den wir vorher einige Tropfen Leinöl gegeben haben. Dann nimmt er alle noch verbliebenen Staubkörner zuverlässig auf und imprägniert Stellen, die bis aufs rohe Holz durchgeschliffen wurden und kriecht selbst in kleinste Ritzen in dem alten Lack.
Achtung: Leinöl kann sich selbst entzünden. Deshalb den Lappen anschließend verbrennen, in einem geschlossenen Blechgefäß aufbewahren oder an frischer Luft zum Trocknen glatt aufhängen! Außerdem soll die Oberfläche nicht abgewaschen, sondern nur nebelfeucht abgewischt werden um den Staub zu binden!

Das war's für den ersten Tag. Danach kommt an jedem Tag eine weitere Lage Lacköl auf die Oberfläche. Die ersten beiden ganz mager aber sehr gleichmäßig verstrichen. Nach je zwei Lagen werden allfällige Körnchen oder Fussel in der Oberfläche mit 180-er Schleifpapier vorsichtig beigeschliffen, ohne die neuen Lackschichten durchzuschleifen. Die nächsten zwei Lagen Lack können ein wenig dicker aufgetragen werden. Es besonders darauf an, dass die Schutzschicht möglichst gleichmäßig dick ist. Lacköl hat den Vorteil, dass es lange offen bleibt und kleine Pinselspuren sich auch noch Tage später ausgleichen. Erst die letzte Lage wird "satt" lackiert und zwar in Richtung der Maserung.
Wichtig: "Girlanden" und "Rotznasen" vermeiden. Also besonders die senkrechten Flächen beim  Lackieren und kurz danach optisch kontrollieren. Wenn der Lack schon ein wenig angezogen ist und mit dem Pinsel nicht mehr glatt verschlichtet werden kann: Den Tropfen mit einer sauberen glatten Messerklinge verspachteln. Nach dem Trocknen ist das meist nicht mehr zu sehen.
Tipp: Die Ränder einer Fläche zuerst lackieren. Dann mit dem Pinsel Lack auf die Mitte satt auftragen und erst in der einen und dann in der anderen Richtung rasch über die ganze Fläche verteilen. Das mehrfach wiederholen und dabei den Druck auf den Pinsel verringern und die Bewegung immer gleichmäßiger ausführen. Zum Schluss sollten die Borsten nur noch über die Oberfläche gleiten. Jetzt nur noch in Richtung der Maserung lackieren Sobald der Widerstand größer wird, aufhören, sonst wird die Oberfläche matt.
Noch'n Tipp: Große Flächen einteilen, sodass jede Teilfläche an den Rändern noch nass ist, wenn die nächste in Angriff genommen wird. Dadurch können die Ränder ineinander übergehend lackiert werden. Bei mehreren Lagen die Übergänge immer an anderen Stellen wählen. Bei Rundhölzern bedenken, dass sie beim Lackieren gedreht werden können. Immer auf schmale Flächen auflegen. Die letzte Auflage sollte an einer schlecht sichtbaren Stelle gewählt werden, da sie ganz zum Schluss ausgebessert wird, was aber immer zu sehen ist.

Nach dem Lackieren den Pinsel auf einer sauberen Fläche ausstreichen und mit dem Lappen von vorhin in Borstenrichtung trockenreiben. Anschließend kommt er in ein Gefäß mit klarem Wasser. Wenn alle Borsten nahezu vollständig im Wasser stehen, kann er so mehrere Monate "überleben". Der Lack unserer Wahl darf auf keinen Fall (!) mit Terpentin oder anderen Lösungsmitteln verdünnt werden oder auch nur in Berührung kommen. Das gilt auch für die Pinsel!