10.10.16 Werftzeit

Ein Vorteil von Booten aus Holz ist, dass sie weder rosten noch Osmose bekommen. Zudem sehen sie einfach umwerfend schön aus. Vor der Helling der Werft in Egernsund wartet ein kleines Beltboot gut geschützt an langen Leinen auf das Ende des steifen Nordostwindes, der das Wasser im Nybøl Nor zu kabbeligen Wellen aufpeitscht.
Auf dem großen Slipwagen liegt der Kutter M/S LAERKE aus Egernsund und lässt sich oben und untenrum neu anmalen.
MS LAERKE
Auf dem Platz neben der Helling wartet ANTILOPE seit Mai auf einige neue Spanten und Planken. Der Zweimaster wurde 1925 gebaut und wie das bei sehr alten Schiffen so ist bergen Reparaturen manchmal große Überraschungen. Der neue Eigner aus Island wird das wohl bestätigen können. Wie dichtete Friedrich Schiller "Drum prüfe wer sich ewig bindet, ob sich nicht eine bess're findet" oder so ähnlich.
ANTILOPE
Die Plankenmasse sind je Spant in einer Art Polardiagramm
notiert und können mit einem Innentaster übernommen
werden.
WIEBKE BOHLEN  ist mit weniger Aufwand zufrieden. Aber auch der ist groß genug. Der hintere Teil vom Schergang, das ist die oberste Planke, soll auf Steuerbord erneuert werden. Das Holz ist bei der Colin Archer Kreuzeryacht klar lackiert. Schon längst hätte sie wieder im Wasser sein sollen. Aber die Beschaffung der nordischen Kiefer zog sich hin. Zu wenig Nachfrage, deshalb ist keine fein gemaserte und gut gelagerte Planke zu bekommen. Glücklicherweies gibt es Lärche aus Dänemark von einer besonders hellen Sorte. Die wird gut zum klar lackierten Schergang vorne passen. Der ist ja nach wie vor aus Kiefer.

Wie schon früher berichtet, wird für Schiffbau geeignetes Holz langsam zum Engpass. Ganz nebenbei erzählte ein Bootsbauer, dass auch nicht mehr alle Sorten der speziellen Bootbaunägel zu bekommen sind!


Die neue Planke der WIEBKE BOHLEN. Noch mit Aufmaß
zugeschnitten, wartet sie darauf, "gekocht" zu werden.
Wir demontieren alles, was der Reparatur im Wege ist: Scheuerleisten, Wanten, Püttinge, Namenschilder, Innenausbauten, Ladegerät..., legen Laufbretter aufs Deck.
Mittlerweile hat ein LKW die über sieben Meter lange neue Planke gebracht und vor der Werfthalle abgelegt. Dort, wo sie am Rumpf hin soll, liegt mittlerweile ein Haufen kleiner Holzstücke. Das war die defekte Planke. Ihre Reste landen im Abfallcontainer. Trotz großer Sorgfalt fallen viele Späne ins Boot; der Staubsauger wird zum wichtigsten Gerät an Bord. Im Rumpf klafft jetzt eine sieben Meter lange und bis zu 25 cm breite Öffnung. Die wird über Nacht mit einer Folie notdürftig gesichert.

In der Nacht pfeift ein kräftiger Sturm mit schweren Schauerböen über das Nybøl Nor. Das Regenwasser drückt durch die provisorische Abdeckung und füllt die Bilge. Morgens springen die Lenzpumpen an. Wir trösten uns mit dem Gedanken, dass unser Boot die Nacht "hoch und trocken" überstanden hat. 




Inzwischen wurde die neue rohe Planke auf die notwendige Dicke gehobelt. Das sind in unserem Fall beachtliche 42 mm. Stehende Ringe, fein gemasert, keine Äste. Jetzt können die Spantenabstände markiert und auf das neue Holz übertragen werden. Eine Schablone aus dünnem Holz mit im Spantabstand aufgenagelten Leisten kopiert die Form. Die Enden der Leisten markieren Punkte für die Kontur der Planke. Sie ist wellig gebogen, weil der Rumpf dreidimensional gekrümmt ist. Jetzt wird die Kontur auf die rohe Planke übertragen. Da sie mehr als doppelt so breit ist, kann der günstigste Verlauf der Maserung ausgesucht werden. Sobald die Kontur an der gewünschten Stelle markiert ist, wird die neue Planke auf der Bandsäge ausgeschnitten. Nun liegt sie da und wartet darauf, gekocht zu werden.
Wir nutzen die Zeit, um das Freibord zu schleifen, während die Werft noch ein paar Arbeiten erledigt. Das Wetter ist kühl und der Wind ist jetzt unser ständiger Begleiter. Am Sonntag wollen wir den Decklack auftragen. Da beginnt es zu regnen. "Nimm' doch Wasserfarbe" rät ein mitfühlender Besucher. Humor ist, wenn man trotzdem lacht.