10.07.15 Ja, wo laufen sie denn?


FEUERSCHIFF ELBE 3 bummelt die Zeit ab
Gleich am ersten Tag steigert sich das das Flensburger Dampf-Rundum zu einem seiner Höhepunkte: Für 19.00 Uhr ist der Start zur legendären Dampferparade und dem nachfolgenden Dampferrennen um das Brauereiband angekündigt. 

SEEZEICHENDAMPFER BUSSARD auf dem Weg zum Start
Wer das als Zuschauer erleben möchte, hat drei Möglichkeiten: Man sieht sich das Spektakel von einem der teilnehmenden Schiffe aus an, oder von einem Begleitboot oder aber von Land. Wir wählten die dritte Möglichkeit, fuhren über die dänische Grenze nach Kollund und parkten am Lille Strand. Da ist wenig los und die Aussicht auf die Förde ist einfach fantastisch. Nach links geht der Blick bis Holnis, nach rechts bis zur Einfahrt in den Flensburger Hafen. Gegenüber liegt der Hafen von Fahrensodde.
STETTIN (li), BUSSARD (mi) und SCHAARHÖRN
nehmen Fahrt auf
Ringsum blühen Sandrosen in großen Büschen und verbreiten einen betörenden Duft. Zum Fotografieren ist der Platz ebenfalls ideal, denn nachmittags hat man die Sonne im Rücken. Aber einen winzigkleinen Nachteil gibt es leider auch hier: Die dänische Grenze verläuft in der Mitte der Förde und damit ziemlich weit draußen. Seit Dänemark darauf beharrt, dass auch der friedlich geschützen Flensburger Förde Hochseestatus zukommt, darf sie, nach dänischer Sicht, von Traditionsschiffen nur mit wenigen Personen an Bord befahren werden. Das gilt zumindest im dänischen Hoheitsgebiet.
DAMPFEISBRECHER STETTIN in Eile
STAATSDAMPFER SCHAARHÖRN dreht noch eine Ehrenrunde.
Das Rennen ist gelaufen
Auch SALONDAMPFER ALEXANDRA kühlt sich vor dem Hafen noch ein
wenig ab.
Bei einer Veranstaltung zahlungswillige Gäste an Land stehen zu lassen kommt für die Betreiber der alten Dampfschiffe jedoch der Vernichtung von Bargeld gleich und so fahren sie strikt auf der deutschen Seite des Gewässers - auch beim Dampferrennen. Aber wozu gib es Ferngläser? und jede Kamera hat heutzutage einen starken Zoom.  Bald kommen die ersten Dampfer in Sicht. Sie ziehen noch mit verhaltenem Tempo gen  Norden und sammeln sich schließlich in der Bucht vor Schausende. Als letztes verlässt das ehemalige Feuerschiff ELBE 3 den Hafen und bummelt bis vor die Meierwik, eine flache Bucht auf der Ostseite der Förde. Sie wird später die Ziellinie markieren und kann sich deshalb den Weg zum Start sparen. Im abendlichen Sonnenlicht leuchtet der Rumpf kräftig rot. Sie soll ja auch gut zu sehen sein.  Mittlerweile haben die Teilnehmer des Rennens ihre Startposition erreicht. Vor den Kesseln muss jetzt Hochbetrieb herrschen, denn tiefschwarzer Qualm quillt aus den Schornsteinen und verdunkelt den Blick auf das grüne Ufer. Dazwischen helle Dampffahnen, vermutlich kann der eine oder andere Steuermann die Finger nicht von der Pfeife oder Sirene lassen. Zu hören ist hier davon nichts, wir haben den Wind im Rücken. Nun verschieben sich die Silhoutten der Schiffe und werden schmaler. Sie haben gewendet und kommen schräg auf uns zu. Das Rennen hat begonnen. Die Steigerung von dunkel heisst jetzt Kohlenqualm. Der Horizont ist wie von schwarzer Tusche ausgelöscht. Bald zeigen die Schiffe vor ihrem Bug dicke weiße Wellenkämme. Sie haben "einen Knochen im Maul", wie man so sagt. Gemessen an der Größe hat STETTIN demnach einen Dinosaurier abgenagt. Ihre Bugwelle geht fast bis zur Schiffsmitte und am Heck steht ebenfalls weiße Gischt: STETTIN läuft jetzt Rumpfgeschwindigkeit von unvorstellbaren 14 Knoten. Vor dem Kessel wird jetzt wohl sprichwörtlich die Hölle los sein. Schaufel um Schaufel - jede zig Kilo schwer - fliegt die Kohle in die gefräßigen Feuerlöcher. Die Temperatur in dem Raum ist menschenverachtend. Wer nicht schaufelt, wird literweise Mineralwasser trinken. Das ganze Schiff  wird unter den wuchtigen Stößen der Kolben und mit 2000 Pferdestärken und den Wirbeln an den Blättern der riesigen Schiffschraube beben.  Sie hat mehr als vier Meter Durchmesser. Aber davon spüren wir nichts, wir stehen am Strand und lassen die Fantasie laufen.
Bald hat STETTIN sich an die Spitze des Teilnehmerfeldes gesetzt. Den Platz wird sie bis zum Ende des Rennens nicht mehr verlassen.
Auf den anderen Schiffen wird der Kampf sicherlich nicht weniger ernsthaft bestritten. Sie wirken allesamt gegenüber dem Kraftprotz STETTIN zierlicher, nahezu elegant - wenn die Einschränkung überhaupt zulässig ist. Wir sehen die schneeweiße SCHARHÖRN, den langestreckten Rumpf der BUSSARD, ALEXANDRA natürlich auch und auch WAL, den zweiten Eisbrecher. Jetzt erkennen wir auch BØRØSUND, die Fähre aus Oslo. Einige Schiffe konnten nicht kommen,  der Fahrgastdampfer SKJELSKØR durfte wegen des stürmischen Wetters den Hafen von Faaborg nicht verlassen. 

Bald runden die Teilnehmer FEUERSCHIFF ELBE 3 und damit die Zielmarke. Nun ist auch der Himmel über der Förde wieder klar, jetzt noch Kohle nachzulegen wäre sinnlos, der Dampfdruck wird bis in den Hafen hinein ausreichen. Das zuvor stille Wasser in Lee des Strandes wird unruhig, Wellen von der Hecksee der rasenden Dampfer brechen sich im Sand. Das Rennen ist zuende.