09.02.14 RAKEL und WIKING

Heute Morgen liegt ein Hauch Vorfrühling in der Luft, ideale Bedingung für einen  Strandspaziergang. Diesmal geht es zur "dänischen Seite" der Förde bei Sandager. Wir machen, was man bei solchen Ausflügen eben macht: aufs Wasser mit viel Schaum auf den Wellen schauen und aufs Treibgut am Strand. In der kleinen Brandung taumeln reife Tomaten wie erste Boten des fernen Sommers.
Weil wir in der Nähe sind, liegt ein Besuch auf der Werft in Egernsund nahe. Dort sind zurzeit zwei Restaurations-Projekte zu in Arbeit. Eines, das sich seinem Ende nähert und eines, das gerade erst begonnen hat. Ein Holzschiff zu restaurieren heißt glauben lernen. Glauben, dass die Mittel reichen, glauben, dass der Partner durchhält, glauben, dass man auch irgendwann wieder segeln kann. Doch um es kurz zu fassen: Alle Schiffe, die wir bisher hier besucht haben, kamen schließlich wieder ins Wasser und alle segelten wieder.
Nun nähert sich WIKING dem Ende ihrer Werftzeit. Es gibt schon einen Termin, zu dem das nächste Schiff auf den Platz soll, den wir unter uns die "Intensivstation" nennen. Dort wurden in den letzten Jahren neben anderen AURORA von ALTONA, FRIEDA von FLENSBURG, OLGA von SKAGEN, LUNA VIII und EMMA restauriert. Nun also WIKING. Über sie berichteten wir seit Mitte 2013 in lockerer Folge. Jetzt sind nach langer Vorbereitung alle Planken wieder an ihrem Platz. Als wir kommen, werden die Reste des Teers abgekratzt, mit dem die Nähte nach dem Kalfatern versiegelt werden. Große Flächen am Rumpf schimmern schon matt dunkelolivgrün. Das ist die Grundierung für die folgenden Anstriche. Eile mit Weile bestimmt das Arbeitstempo. Ein Tiefdruckgebiet soll sich nähern, noch mehr Wind und Regen bringen. Bis dahin will man fertig sein. Bei der guten Laune und fröhlichen Zuversicht wird das auch gelingen.
Auf der Helling nebenan liegt RAKEL, das alte Fischerei-Begleitfahrzeug von Colin Archer, dem legendären norwegischen Schiffsbauer schottischer Abstammung. Er hat es vor 116 Jahren gebaut und das Alter war ihr anzusehen. Schon seit Langem war sie an ihrem geringen Decksprung und den eingefallenen Flanken zu erkennen. Um sie wieder herzustellen, muß tief in die Struktur eingegriffen werden. Schon vor drei Wochen war das Ausmaß der notwendigen Arbeiten zu erkennen. Was jetzt zu sehen ist, fällt nicht mehr unter den Begriff "Reparatur". Man muss es wohl eher eine Rekonstruktion nennen. Mittlerweile wurde der Vorsteven ausgebaut und die jetzt haltlosen Planken ruhen auf massiven Holzständern, um die Struktur vorübergehend zu stützen. Inzwischen sind schon neue gewachsene Spanten in ihrem ursprünglichen Maß eingesetzt. Sie werden bald die Aufgabe des Hilfsgerüstes übernehmen. So kann der Rumpf, wie er heute zu sehen ist, auch einen Mutigen das Fürchten lehren, es sei denn, sein Glaube ist besonders stark. Aber wenn das Schiff wieder schwimmt, wird man es kaum wiedererkennen. Es wird, so viel ist sicher, dann wieder den kräftig gewölbten Rumpf zeigen, der für Schiffe seiner Art typisch ist.