Wer so denkt, kann gerne auf moderne Kunststoffjachten mit klappernden Drahtfallen im Aluminiummast und teuren Winschen ausweichen. Jede Leine hat nur eine Funktion und wer dann immer noch die Übersicht verliert, braucht sich nur zu merken: Der Barber Hauler ist rot gestreift.
Womit wir bei den Vorsegeln wären. Es gibt allerdings einen Vorteil moderner Segelschiffe, den man auch als eingefleischter Traditionalist anerkennen muss. Die Fockschot hat auf heutigen Segeljachten in der Wende weniger Möglichkeit, festzuhaken.
Diese Belegnägel fangen sich die Fockschoten in jeder Wende und Halse |
- Wer wird denn solch einen schönen alten Beschlag verschandeln?
- Die Fallen müssten an einer anderen Stelle belegt werden und die Schoten würden dort einfach weitermachen
Das Problem wäre mit einer Selbstwendefock zu lösen. Dagegen sprechen allerdings die Kosten für einen Schotwagen auf dem Vorschiff. Der ist zudem eine üble Stolperfalle und die aufs Deck klappernden Blöcke sind ein bewährtes Folterinstrument.
Wir haben jetzt eine Baumfock ausprobiert und sind mit den Ergebnissen vollkommen zufrieden. Wenden und Halsen, bei wenig und bei viel Wind werden einhand gefahren und die Schot hat sich nirgends festgeklammert. Erfreulich ist der deutlich kleinere Wendewinkel auf der Kreuz.
Leider fanden wir für unseren Zweck wenig nützliche Informationen im Internet zu diesem Thema. Die meisten Beiträge schilderten alle möglichen theoretischen Probleme. Jedoch gab es wenig fundierte Beschreibungen oder Erfahrungsberichte. Der Fockbaum könne unkontrolliert steigen, wurde verschiedentlich vermutet und dann wäre das Segelprofil zum Teufel. Oft wurde gewarnt, dass der "Knüppel" unterschiedslos jeden vom Vorschiff prügelt, der ihm zu nahe kommt.
Beides blieb uns bisher erspart. Die Chancen, dass es dabei bleibt, sind nach den bisherigen Erfahrung sehr gut.
Manche Beiträge befassten sich mit der Frage, wo der beste Punkt für das Lümmellager des Fockbaums ist. Es ist tatsächlich so, dass ein nach hinten versetzter Drehpunkt bewirkt, dass der Zug auf das Unterliek bei dichten Schoten größer wird und damit das Segelprofil flacher. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass der Drehpunkt direkt unter dem Vorliek der Fock
auf allen Kursen zu einer gleich guten Strömung führt - wie die Windfähnchen (tell-tales) am Vorliek der Fock anzeigen.
Eine Einschränkung hat die selbstwendende Baumfock aber doch: Man kann das Segel nicht backstehen lassen, womit wir bisher die Wenden unterstützt haben. Jedoch gehen die Wendemanöver jetzt erheblich schneller. Deswegen ist dieser Trick nicht länger nötig. Zum Beiliegen reicht ein backstehender Klüver vollkommen aus.
Die Versuchsversion: Eine gebrauchte Genua und Holz vom Baumarkt |
Die ganze Einrichtung wurde von uns zunächst für einen Versuch entwickelt, ohne weitere Änderungen am Schiff. Der Versuch sollte wenig kosten und der vorherige Zustand sollte jederzeit wiederhergestellt werden können. Hätte das Ergebnis nicht befriedigt, hätten wir immer noch an Erfahrung gewonnen. Aber wir sind mit unserem Versuch sehr zufrieden und werden die Baumfock behalten. Vielleicht werden wir sie in einem späteren Schritt mit einer Reff-Möglichkeit versehen. Aber wir können auch eine Sturmfock auf herkömmliche Weise anschlagen.
P.S. ein kleiner Tipp zum Schluss: Es hat sich bewährt, vorm Segelsetzen den Unterliekstrecker zu lösen.