05.05.14 Träume und Schäume

Der Geschäftsführer der Flensburger Museumswerft hat sich vorgenommen, die Stadt mit einer Attraktion zu beglücken, die an die glorreiche Vergangenheit des ehemals dänischen Flensburgs erinnern soll, als die Stadt von dem Dreieckshandel mit den dänischen Inseln in der Karibik profitierte. Schon seit nahezu zwanzig Jahren, so berichtet jetzt das Flensburger Tageblatt, habe er  im Sinn gehabt, einen der Segler aus der großen Zeit der Stadt zu bauen.
Damals, im Schatten der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen England und Frankreich, konnte das neutrale Dänemark weitgehend ungestört seine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, als die Wunden des großen Nordischen Krieges mit Schweden zu heilen begannen. Flensburg war zweitgrößte Hafenstadt des Königreichs und der Handel mit den Kolonien florierte.
In Reisen von mehreren Monaten Dauer wurden Baumaterialien und Dinge des täglichen Bedarfs in die Kolonien geschafft, im Gegenzug kamen hauptsächlich Rohrzucker und Rum ins Land.  Flensburg profitierte darüber hinaus vom Schiffbau, der Proviantierung und der Ausrüstung der Schiffe. Die Arbeit auf den Plantagen wurde ausschließlich von Sklaven verrichtet. Mit Ende der Sklaverei und der zunehmenden Erzeugung von Zucker aus Rüben ab dem Wechsel von 18. zum 19. Jahrhundert ging diese Zeit zuende.

Der Seehandel wurde mit den damals modernen Zweimaster-Segelschiffen vom
Schnaubrigg des 18. Jahrhunderts
Abb. WIKIPEDIA
Typ "Schnaubrigg" abgewickelt. Solch ein Schiff also sollte gebaut werden und entweder schwimmend im Hafen oder in einer Art Dock an Land, vorzugsweise vor dem Schifffahrtsmuseum, öffentlich zugängig ausgestellt werden. Um die vierzig Meter lang würde der Bau und entsprechend hoch würden seine Masten aufragen. Unübersehbar würde er die Altstadtkulisse beherrschen, eine Attraktion, die nicht zu übersehen wäre.

Als historische Vorlage wurde ein Schiff ausgesucht, das zwar nicht in Flensburg gebaut wurde, das aber einem flensburger Original nahe kommt, die FORENING.
FORENING vor vier Wochen
Der Bau sollte nach zeitgenössischen Methoden handwerklich hergestellt werden, ein Objekt also von schiffsarchäologischer Qualität. Um das Projekt auch schiffsbautechnisch abzusichern wurde ein Modell im Maßstab 1:3,5 auf Kiel gelegt.  Das war im Frühjahr 2012. Seitdem wurden, so die Zeitung, 300.000 Euro verbaut, allerdings nach weniger historisch korrekten Methoden als gemeldet. Nicht Holzverbindungen, sondern moderne Klebstoffe und Schrauben halten den Rumpf zusammen. Aber sei's drum, nun ist der Rumpf des Modells weitgehend fertiggestellt und deshalb soll entschieden werden, wie es mit der Vision der "großen" Schnaubrigg für Flensburg weitergehen soll.

Die Stadt, so erwartet die Werftleitung, brauche lediglich den Bau "wohlwollend begleiten". Finanziell soll "niemand hineingezogen werden" wurde versprochen. Aber die Stadt ziert sich dennoch, so ist zu lesen. Es geht wohl nicht nur darum, wo das Schiff gebaut, sondern auch, wo es anschließend aufgestellt werden soll. Das Gelände der Museumswerft ist dafür zu klein. 

Blick auf ein kleineres historisches Schiff (30 Meter lang), hier die
WISSEMARA, kürzlich Gast im Historischen Hafen.
Das will sorgfältig überlegt sein.  Ein Schiff, an Land aufgepallt, wirkt erheblich größer als im Wasser. Das gilt vor allen Dingen, wenn der Betrachter dicht davor steht, wie es auf der Schiffbrücke unvermeidbar ist, solange die Durchgangsstraße samt Buspur und Radwegen erhalten bleibt. Die "neue Idee" von einem Trockendock erfordert im Historischen Hafen Flensurg  ausreichend hohen Schutzmauern. Schließlich wird das Gelände immer wieder überflutet.

Vielleicht lohnt es, sich bei der Gelegenheit auch einmal an die "Danske Jagt" zu erinnern. Auch mit ihr sollte eine Vision Wirklichkeit werden: Das Schiff sollte nach seinem Stapellauf im August 2009 einmal pro Woche zwischen Broager und Flensburg verkehren. Es hat den Werftbereich nie verlassen. Mittlerweile sieht es so alt aus wie seine originale Vorlage jetzt aussehen müsste, wenn es sie noch gäbe.