In vieler Hinsicht ist jetzt eine der schönsten Jahreszeiten für Fahrtensegler. Vor der Urlaubssaison findet sich immer noch ein ruhiger Ankerplatz. Das Gedränge an den Brennpunkten der "Wasserautobahnen" ist noch überschaubar und die Temperaturen sind durchaus erträglich. Wenn dann noch ein brauchbarer Wind weht, bleibt nicht mehr viel zu wünschen übrig.
Während der letzten Tage war das Wetter mittelmäßig, kühl und es regnete immer wieder. Der Wetterfrosch sprach von den Eisheiligen und versprach zum Wochenende Besserung. Ein Hoch weite sich von Westen aus, hieß es, und die Tiefs zögen nach Osten ab. Also verschoben wir unsere Pläne auf das Wochenende.
Anprobe: CHARLOTTE bekommt neue Kleider |
Wir jedoch wollen segeln, haben Essen und Trinken für ein paar Tage gekauft und fragen uns: "Was tun?" Für eine leichte Jolle noch ausreichend, hätte uns der sanfte Hauch in zehn Stunden etwa fünf Meilen vorangebracht, fast bis zu den Ochseninseln.
ALBATROS, gefolgt von ... |
... SEUTE DEERN |
Der nördliche Wind schiebt uns um die Schwiegermutter und um die Ecke von Brunsnæs in die äußere Förde. Irgendwann kommt Kragesand in Sicht. Dort nimmt der Wind zu und unsere Geduld wird endlich belohnt. Mittlerweile haben wir nicht nur ordentlich zu Mittag gespeist, auch Nachmittagskaffee ist längst getrunken. Eine Rotte Segeljachten kommt von achtern auf. Alle unter Vollzeug, die Maschine läuft mit. Unseren Ankerplatz erreichen wir unter Segeln kurz vor Dämmerung. Wo der Anker fällt, setzen wir, wie gewöhnlich, die Markierungsboje. Nun schläft auch der Wind wieder ein. Die Sonne sinkt über dem spiegelnd glatten Wasser.
In der Nacht hören wir ein Motorboot dicht vorbei fahren. Da es ohnehin Zeit für die Toilette ist, werfen wir einen Blick nach draußen. Der Blick reicht höchstens zwanzig Meter weit. Dichter Nebel hat uns eingehüllt, von der Ankerlaterne hell erleuchtet. Schwalben zwitschern über den Masten. Plötzlich tauchen sie auf, landen auf der Reling und putzen aufgeregt ihre nassen Federn.
Vormittags hebt sich der Nebel und ein strahlender Sonnentag beginnt mit einer angenehm warmen Brise. Weit und breit ist kein anderes Schiff zu sehen. Kein Geräusch stört den Frieden. Nur hin und wieder quaken ein paar Enten. Wo mögen die Schwalben geblieben sein?
Am nächsten Morgen verspricht der Wetterbericht NE drei bis vier, abnehmend,
E drehend, später Schauerböen. Wir entscheiden uns, nach Flensburg zurück zu segeln. Beim Ankeraufgehen vermissen wir die Ankerboje. Nur noch ein winziger Rest baumelt an der Trippleine. Nun ja, bei Nacht und Nebel passiert so allerlei. Diebstahl kann wohl ausgeschlossen werden.
Die Ankerboje am Morgen danach |
Jetzt, am Sonntag, ist die Sønderborg Bugt von vielen Segeljachten belebt. Viele segeln "dänisch", also mit gleichzeitig laufender Maschine. Vielleicht haben sie Notrufe erhalten und müssen schnell nach Hause, denken wir und freuen uns, dass uns das erspart bleibt. Die Windrichtung ist günstig um außer dem
"großen" Klüver (30 m²), dem Toppsegel ( acht m²) auch das Besan-Stagsegel (38 m²) zu setzen. Und natürlich auch, um die Baumfock weiter zu testen. So kommen wir insgesamt auf 147 m² bei raumem Wind. In der Äußeren Förde kommt eine große klassische Jacht entgegen. Was für ein schönes Schiff! Wir philosophieren über die Entwicklung des Segelsports im Laufe der Zeiten. Da sehen wir, jetzt schon wieder bei Brunsnæs eine moderne Rennjolle. "Es ist alles schon mal dagewesen" passte da genau ins Bild. Was sonst soll man denken bei dem Segel dieser kleinen high-Tech Maschine? Der Umriss ähnelt doch sehr dem Gaffelsegel samt Toppsegel auf Gaffelseglern von vor mehr als einhundert Jahren.
Unter den Wolken |