Die Boote am Lüttfischersteg wurden vorsorglich aus dem Wasser genommen. Nur die vereinseigene Arendalsjekte des Museumshafens hat niemanden gefunden, der sich um sie kümmert. |
15.00 Uhr. Schon vor zwei Stunden war der Pegel mehr als einen Meter niedriger als normal. Dabei wird es nicht bleiben. Denn die Orkanfront ist hier noch gar nicht richtig angekommen. Im Gegenteil. Zeitweilig bleibt der Wind vollständig weg und das Wasser im Hafen ist so glatt wie an einem Hochsommertag. Plötzlich stiebt die Gischt auf einer kreisrunden Fläche, als wolle ein Hubschrauber landen. Solche Böen haben es in sich. Treffen sie auf die Schiffe, legen sie sich schwer über. Wer an Land erfasst wird, hat besser einen festen Halt, wenn er heil nach Hause kommen will.
16.00 Uhr. Wer jetzt über das Bohlwerk geht, tut das nicht zum Vergnügen, sondern um nach seinem Schiff zu sehen. Sind die Leinen lang genug? Ist die Plane gut befestigt? Wenn nicht, ist im Augenblick nicht viel zu machen. Es sei denn, jemand hat eine Leiter und kann so an Bord kommen. Wer ist gewandt und kräftig genug, um jetzt noch auf die Schiffe zu kommen? Hängt ein Schiff erst in den Leinen, bleibt sonst manchmal als Letztes nur noch übrig, die Leinen abzuschneiden. Der sichere Halt wäre ja ohnehin zum Teufel, wenn der Poller aus dem Deck reisst.
16.30 Uhr. Mittlerweile berichtet der NDR, dass am Leuchtturm Kiel Böen um 11 Beaufort gemessen werden. Für den Abend haben Wetterexperten des DWD 160 Stundenkilometer vorhergesagt. Dann könnte auch der Flensburger Hafen seine Sicherheitsreserven aufgezehrt haben.
18.00 Uhr. Die Böen werden heftiger, begleitet von schweren Regenschauern. Wenn sie einfallen, ächzt der Dachstuhl des alten Kaufmannshofes aus dem 18ten Jahrhundert gegenüber vom Museumshafen wie unter einer schweren Last.
19.00 Uhr. In die Regenböen mischt sich jetzt Graupel und erste Schneeflocken. Der Wasserstand ist weiter gesunken. Die Achterleinen der ersten Schiffe sind steif, das heisst: die Schiffe hängen in den Leinen. Der Hafenkapitän rechnet damit, dass der Wasserstand um 2,50 Meter sinken wird. Die Graupelböen auf dem Dach des Kaufmannshofs hören sich an, als würde eine Ladung Kies herunterprasseln. Auf FULVIA hat sich eine Sturmwache eingefunden.
21.30 Uhr. Der Wasserstand ist jetzt noch tiefer. Die vorhergesagten 2,5 Meter sind sicherlich erreicht. Der Wind hat nachgelassen, auch die Böen sind weniger und schwächer geworden. Die Temperatur ist beim Gefrierpunkt angekommen und der (wenige) Schnee ist auf dem Bohlwerk liegen geblieben. Jemand hat auf zwei Schiffen die Leinen gelockert. Danke an den unbekannten Helfer! Den Wetterberichten zufolge ist das Schlimmste aber noch nicht vorbei. Der Sturm holt wohl bloß einmal tief Luft. Der NDR berichtet jedoch auf seiner Internetseite: "Die Befürchtungen, Orkantief "Xaver" könnte noch heftiger in Schleswig-Holstein wüten als "Christian" vor knapp sechs Wochen, haben sich bisher nicht bestätigt."
OLINE ist jetzt aus einem ungewohnten Blickwinkel zu sehen |