27.05.16 Das Nydam-Boot

Das Nydam-Boot nach Sheteling und Johanessen
Bild: aus Nydam und Thorsberg - Opferzüge der Eisenzeit - Begleitheft zur Ausstellung von Michael Gebühr
Gemessen am bescheidenen Maßstab der HAFENMELDUNGEN ist das Interesse am Nachbau des Germanenbootes NYDAM TVEIR riesig. Wie berichtet, kommt es morgen Mittag zu Besuch nach Flensburg und wird bis Sonntag bleiben.
Wer sich für den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse über das Boot und seine Zeit interessiert, sollte sich unbedingt auf den Weg zum Schloss Gottorf machen. Dort, nur 32 Kilometer vom Flensburger Hafen entfernt steht das Original in einer eigenen Halle. Es ist zu 70% in seiner Originalsubstanz erhalten und kann auf Armeslänge betrachtet werden. Außerdem gibt es dort auch sehenswerte maßstäbliche Modelle. Dort wird auch klar, warum der Nachbau NYDAM TVEIR heißt, also Nydam II. Denn 1934 wurde bereits ein anderer Nachbau von Abeking & Rasmussen fertiggestellt, den die Deutsche Reichsregierung bestellt hatte. In der Nydam-Halle ist ein Film über den damaligen Stapellauf zu sehen und wie der damalige Nachbau gerudert wurde. Morgen werden wir vielleicht wissen, wer es besser konnte. 
Beim Stöbern im Bücherladen des Museums neben dem Parkplatz haben wir eine kleine, sehr informative Broschüre*) gefunden. In ihr wird eine Verbindung zu einer weiteren Fundstelle in Thorsberg bei Süderbrarup gezogen. Interessant fanden wir auch die Beschreibung einzelner Fundstücke und wie sie wissenschaftlich untersucht wurden. Vermutlich war der größte Teil des Fundes nach einer gewaltigen kriegerischen Auseinandersetzung von den Siegern als Dankopfer in den Mooren versenkt worden. Wer sich dort mit wem bekriegte, ist nicht geklärt, da aus dieser Zeit hier im Norden keine schriftlichen Zeugnisse überkommen sind.
Sehr gut gefallen hat uns an der Broschüre, dass sie auch für uns in Geschichte Ungebildete sehr gut zu verstehen ist. 
Aber nicht nur die Frühgeschichte hat uns gefesselt, sondern auch die abenteuerliche Geschichte der 150 Jahre, nachdem das Boot gefunden wurde. Sie spiegelt in Vielem die großen Ereignisse der Weltgeschichte seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Als Dänemark und Preussen wegen des Herzogtums Schleswig Krieg führten, war das Nydam-Boot bereits eine wichtige Trophäe, genau so nach Ende des ersten Weltkriegs. Die Nationalsozialistische Reichsregierung hatte das Nydam-Boot selbstverständlich als Beleg für die vermeintlich jahrtausendelang zurückreichende Überlegenheit der sog. "germanischen Rasse" missbraucht und bei Kriegsende haben es dann die Allierten das Boot als Zeugnis für ihre gute Sache reklamiert.

Die Broschüren werden zurzeit ausgemustert und für nur einen Euro angeboten. Da kann man schon ins Grübeln kommen.
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*) Nydam und Thorsberg - Opferzüge der Eisenzeit - Begleitheft zur Ausstellung von Michael Gebühr
    Hrsg. Archäologischen Landesmuseum in der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloß Gottorf, Schleswig.
    Copyright und Werlag Verein zur Förderung des Archäologischen Landesmuseums e.V. Schloß Gottorf, Schleswig   

    Schleswig 2000