20.03.16 Von Gafflern und Gaffern

Mit dem jetzt auch für Meterologen begonnenen Frühling strömen immer mehr Menschen ins Freie, wollen Sonnenlicht und frische Luft genießen: Das Bohlwerk hat sich mit den Jahren zu einer Naherholungszone entwickelt und an einem Tag wie heute ist zeitweise kein Durchkommen. Besonders in der Mitte, bei der ehemaligen Wachhütte des Museumshafens ist ein Gedränge wie früher bei Eröffnung des Schlussverkaufs. Dass die vielen Menschen sich nicht wirklich für Sehenswürdigkeiten wie alte Schiffe interessieren, ist leider der Motivationsstandard der Massen.
So dachten wir bis heute. Da gab es tatsächlich etwas, dass die Aufmerksamkeit stärker fesselte als der markante Ruf "Einmal Hering, zweimal Lachs", mit dem den Wartenden mitgeteilt wird, dass die ersehnte Speise fertig zubereitet ist. Heute sahen von geschätzt fünfzig Leuten in dem Pulk vor der schwarzen Bretterhütte mindestens die Hälfte so gebannt auf das kabbelige Wasser im Museumshafen, als würden die Fischbrötchen direkt aus dem kalten Nass in die Münder springen, so weit waren diese aufgesperrt.
Heute, ein Tag, den wir uns merken müssen, galt das Interesse tatsächlich einem Gaffelschiff. Wie konnte es nur dazu kommen? Wir haben uns immer wieder gefragt, wie das Interesse der Menschen, vor allem des jüngeren Teils, auf diese Zeugen der hohen maritimen Kultur früherer Tage gelenkt werden könnte. Was wurde nicht alles schon angestellt um zumindest Aufmerksamkeit zu erregen? Vor ein paar Monaten hat der Museumshafen sogar ein ganzes historisches Gaffelschiff angeschafft, um das schlafende Interesse zu wecken. Ein ehemaliger Fischkutter natürlich. Denn ohne Fisch, das war schon bald klar, ohne Fisch würde es nicht gehen. Nun ist das Geld für den historischen Neubau - denn darauf wird es wohl hinauslaufen - futsch oder so gut wie. Und das Interesse breiter Schichten ist immer noch nicht geweckt.
Dabei  hätte man nur die Statistiken analysieren brauchen, um zu schlüssigen Konzepten zu gelangen. Nehmen wir zum Beisspiel einmal die Besucherfrequenz einzelner Artikel in den HAFENMELDUNGEN. Absolute Spitzenreiter sind alle Berichte über Pleiten, Pech und Pannen. Havarien, Schiffsunglücke, Untergänge, Rammings, das ist es, was zählt. There are no goo(gle)d news but bad news. Die praktischen Auswirkungen dieser alten Weisheit konnten heute mittags beobachtet werden. Da hatte ein kleiner Gaffelsegler Pech. Eine Leine war in die Schraube geraten und das Boot wurde von dem frischen Nordwind seitlich vertrieben. Eine Situation, die auch sehr erfahrene Segler nicht mal eben so mit links meistern. Jetzt war die Neugier der Gaffer an der Not des Gafflers so groß, dass die Ankündigungsrufe "Einmal Hering, dreimal Lachs!" schlichtweg ignoriert wurden. Man wollte ja schließlich kein Fotomotiv verpassen. Selfie mit Panne und ab ins Netzt. Pfui Teufel!

Wir meinen, solche Besucher braucht der Museumshafen gewiss nicht. Und solche, die nur wegen Bier und Fischbröten kommen, würden auch nicht vermisst.