04.03.16 Eigentlich in Kriechenland

Der Klüverbaum liegt auf dem Seitendeck. Er ist mit je
einem Holzklotz an  den äußersten Enden unterstützt,
um ihn drehen zu können und damit eine dicke Unterlage
darunter passt. Vorne rechts ist eine Ecke des Schiebe-
luks zu sehen. Es liegt kopfüber auf dem Kajütdeck.
Wohl dem, dessen Boot eine helle Winterplane sein Eigen nennt! Schon in den letzten Wochen juckte Manchem und Mancher die Arbeit in den Händen. Und noch mehr, wir wären eigentlich am liebsten lossgesegelt. Tatsächlich kreuzten schon einige Segeljachten auf der Förde. Der Wind war ladylike und die Sonne hatte auch schon richtig Kraft. Aber da war ja noch die Plane!
Wenn wir nur mehr Zeit hätten! Heute, in der Schlange vor der Kasse eines Einkaufscenters, sagte eine betagte Dame: "Ich habe so viel Zeit und werde immer ungeduldiger". Wenn das so ist, wünschen wir uns besser mehr Geduld.

Stehhöhe gibt es im Winter nur unter Deck. Unter
der Plane ist an Deck "Kriegchenland". Es hat sich
bewährt, die Reihenfolge der Arbeiten zu planen.
Also alles schleifen, bevor das erste Teil lackiert
wird, Weiter entfernte Teile vor den besser erreich-
baren bearbeiten. Werkzeug vorher bereitlegen,
Überflüssiges beiseite räumen. So kommen wir
auch auf engem Raum zurecht.
Wir haben uns also geduldig Lackierarbeiten vorgenommen, soweit sie unter einer Plane machbar sind. Dazu gehört alles, was jetzt nicht nass werden kann. Das sind bei uns die Spieren, die über den Winter an Deck gelagert werden, die Sülls der Aufbauten und die Lukendeckel. Das ist eigentlich schon eine ganze Menge, zumal bei dem engen Raum unter der Plane.

Das Wort "Eigentlich" spielt bei der Wartung überhaupt eine große Rolle. Denn eigentlich wollten wir alle Lackierarbeiten noch vor dem Winter erledigen. Eigentlich hätten wir dann jetzt Zeit gehabt, um die Plane abzuschlagen. Aber dann war das Wetter im Herbst zu schön, um auf das segeln zu verzichten. Ende Oktober sagten wir uns "Das war's" und die Saison war für uns vorbei. An Lackieren war da nicht mehr zu denken, die Nächte waren schon taufeucht.

Also wird jetzt im März lackiert.
Zuerst schleifen wir nur die wenigen Stellen, an denen der Lack bereits durchgescheuert war. Nur sie werden anschließend zweimal dünn lackiert. Das geht recht schnell. Nach jedem Durchgang muss der Lack aber 24 Stunden trocknen. Erst dann werden die Holzflächen komplett geschliffen, sorgfältig entstaubt und ein weiteres mal dünn lackiert. Anschließend wir dalles noch einmal etwas satter lackiert - das war's dann. Dazu wählen wir Sonnentage mit mindestens fünf Grad Mittagstemperatur. Weil wir für einen Durchgang lackieren etwa zwei Stunden benötigen, ist das über Mittag erledigt. Nun hat die Oberfläche durchgängig mindestens vier Schichten Lack abbekommen und wir warten auf den nächsten trockenen Tag, um die Plane abzunehmen.

Seit Jahren arbeiten wir mit einem Lacköl. Es kann bei trockener Luft schon ab fünf Grad Celsius aufgetragen werden. Für ein gutes Ergebnis muss der Arbeitsplatz gut vorbereitet und sauber sein. Aber das ist ja ohnehin selbstverständlich.