30.05.19 Alles hat seine Zeit

Stühlerücken am Bohlwerk. Nach fast 20 Jahren hat WIEBKE BOHLEN, die Colin Archer Kreuzeryacht aus dem Museumshafen, Flensburg verlassen


Eine Hafenrunde vor dem Anlegen ließen sich die Eigner selten nehmen.
So wird WIEBKE BOHlen  manchen Freuden des Bohlwerks in Erinnerung bleiben.
Das Video hat Jo Staugaard aufgenommen - Danke!


Lange war der Spitzgatter am Bohlwerk ein Anziehungspunkt für Liebhaber klassischer Fahrtenyachten. Manche Junge oder jung Gebliebene machten auf ihrer Reise von Nord oder Süd am Museumshafen Station, um das Boot zu sehen. So auch eine Besucherin aus dem Rheinland "Ich muss hier immer wieder mal vorbeikommen und sie angucken, sie ist so schön!" 

WIEBKE BOHLEN vor 22 Jahren ...

... beim Umbau ...
... und vor ihrem Abschied von Flensburg
Das Boot wurde 1987 von der seinerzeit in Norwegen hoch angesehenen Werft von Christian Djupevaag in Torvigbygd am Hardangerfjord als Baunummer 72 mit dem Namen MARGRETHE zu Wasser gelassen. Ihre Konstruktion gründet auf dem Entwurf der Colin Archer Yacht MARIE aus dem Jahr 1899. WIEBKE BOHLEN wurde jedoch zusätzlich in der Art der letzten Colin Archer Rednigsskjoiten als Motorsegler mit einem Ruderhaus vor dem Besanmast ausgestattet. Bauherr war ein norwegischer Kaufmann, der eine repräsentative und seetüchtige Yacht für seine Frau und sich selber suchte. Es gab sogar einen separaten Schrank für sein Sakko und den Sherry nebst Gläsern. Die Freude war aber nur kurz. Dazu gibt es diese kuriose Geschichte: Die erste größere Reise sollte von Bergen nach Kopenhagen führen. Aber die Eignerin soll so seekrank geworden sein, dass sie sich weigerte, mit dem Boot auch wieder zurück zu fahren. So kaufte er ihr für die Rückreise ein Motorboot. Wie das auf die Seekrankheit wirkte, ist nicht überliefert. 
Unterwegs im Skagerak
MARGRETHE wurde verkauft und fuhr unter dänischer Flagge, bis sie verwahrlost in einem Hafen auf Grund ging. Ihre hervorragende Bauqualität überstand das Desaster und bot ideale Voraussetzung für die Wiederherstellung. Einen Rumpf wie den ihren mit nahtlos gehobelten Planken und einen Innenausbau mit Eichentäfelung und Lederpolstern sucht man auch heute noch bei vielen Klassischen Yachten vergebens. 

Von Ebbe Andersens Werft in Marstal und von uns als ihren neuen Eignern zur reinen Segeljacht nach traditionellem Konzept umgebaut, kam sie 1999 in den Museumshafen Flensburg. Wir segelten oft nach Dänemark, Schweden und Norwegen und verbrachten teils mehrere Monate an Bord. Lagen vor Anker in Buchten oder in Häfen interessanter Städte entlang der Küste. 

Aber alles hat seine Zeit. Alter und Gesundheit forderten letztlich ihren Tribut. So ging es oft nur mal so eben auf die Flensburger Förde. Wie vorher auch, immer nur zu zweit "aus der Hand" gesegelt. Immer noch ohne Rollsegel und Winschen, war sie angenehm zu uns und Seekrankheit blieb uns erspart. Dennoch war sie stets eine willkommene sportliche Herausforderung. 

"Leinen los", Jetzt mit ihrer neuen Crew
Heute hat WIEBKE BOHLEN ihren Liegeplatz vor der Wachhütte am Bohlwerk in Richtung Roskilde (DK) verlassen. Sie wird mit neuen Eignern im dortigen Wikinghafen einen neuen, würdigen Platz einnehmen.  Zurück bleiben wir mit der dankbaren Erinnerung an ein außergewöhnliches Boot. Uns bleibt die Erinnerung an  die 22 Jahre dauernde intensive Beziehung mit vielen Höhen und manchen Tiefen. Wir wünschen "unserer" WIEBKE BOHLEN und ihren neuen Eignern allzeit guten Wind und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel. 


Farewell! Ein letzter Blick von Holnis Kliff