07.11.18 Herbstruhe am Bohlwerk

Himmlisch ruhiger Herbsttag am Bohlwerk. Wo sich mittags sonst dutzende Gäste der Fischütte versammeln um eines oder mehrere der begehrten Brötchen zu kaufen und sie gleich an Ort und Stelle zu verehren, konmen jetzt nur noch wenige Besucher zum Museumshafen. 


Einige der alten Segler haben das Bohlwerk über den Winter verlassen und liegen bis zum Frühling in anderen Häfen. Und jetzt ist seit dem letzen Wochenende auch noch die Fischütte geschlossen. Die rührigen Gastronomen haben ihren Wirkungskreis zum Weihnachtsmarkt verlegt.

Seit dem herrscht am Bohlwerk nahezu himmlische Ruhe. Kein Gedränge dutzender Fischbrötchenlovers, keine emsig kauenden Menschen auf den Anlegerstegen, dem Geländer und den Sitzmöbeln der "Letzten Fischbrötchen vor der Grenze". Keine Rufe der Verkäufer, wenn
bestellte Brötchen fertig sind "Zweimal Markrele! Einmal Stremellachs" oder was immer sonst. Kein "Plop!, Plop!" Stakkato der Bügelflaschen und kein lebhaftes Stimmengewirr. Selbst die Möwen und Ratten sind jetzt weniger zu sehen, die sich während des Sommers um heruntergefallene Speisereste balgten.


Wer jetzt hierher kommt, besucht den Ort ohne spezielle gastronomische Bedürfnisse. Bleibt also der Wunsch nach Bewegung an frischer Luft,  und der Anblick der alten Boote weshalb Besucher jetzt hierher kommen.


Einige Boote sind bereits für den Winter vorbereitet, liegen unter Winterplanen und lassen nur vom Rumpf einen Streifen frei sichtbar. Oben ragen die Masten aus der Verkleidung. Einzelne Wimpel und Flaggen trotzen dem Herbstwetter. Es ist immer noch gut genug für Arbeiten am Boot. Auf einem Haikutter wird ein Luk erneuter, auf einer Kreuzeryacht entsteht eine neue Winterpersenning. Aber von Tag zu Tag
werden die hellen Stunden weniger.

Wer sich aus Liebhaberei mit alten Schiffen beschäftigt, beherrscht oft mehrere Handwerke, kann Segel und Leinen ausbessern, Holz- und Lackierarbeiten erledigen. Dazu kommen noch viele andere nützliche Fertigkeiten wie löten, schweißen und Motoren warten. Auch Grundkenntnisse als Elektriker oder Mechaniker können das Leben mit den alten Kulturzeugnissen sehr erleichtern. Als die Boote jung und noch in Lohn Brot arbeiteten, hat man schließlich alles selber gemacht, was nicht unbedingt einen Facharbeiter benötigte. Das war bis weit in das letzte Jahrhundert ganz normal. Auch Reparaturen an seinem Motorrad oder, Automobil, wenn schon vorhanden, machten die meisten Besitzer selber. Radwechseln war das Mindeste, was man können musste. Heute haben viele PKW nicht einmal mehr ein richtiges Ersatzrad.

Liegt es am Herbst oder an der Ruhe? Das Bohlwerk als Ruhepol wer hätte das gedacht? Manchmal bringt der Blick zurück ganz merkwürdige Gedanken hoch.

Noch ein prüfender Blick nach oben zum Masttopp - und schon ist es mit der Ruhe zuende. Eine Sorgleine hat sich verabschiedet und die Blöcke direkt unter dem Masttopp hängen leer und ohne Funktion an ihren Schäkeln. Da bleibt keine andere Wahl, als noch einmal hochzuklettern und die Sorgleine für das Klüverfall neu einzufädeln. (Anm.: Über den Winter sind Sorgleinen Platzhalter für die Fallen, um das teure Leinenmaterial zu schonen. Vor der Saison werden die Fallen mit Hilfe der Sorgleinen wieder eingeschoren.) Der Lohn der Mühe? Geld für Fitness-Studio gespart, Körper ertüchtigt und eine tolle Aussicht genossen. Es zahlt sich eben alles aus!

06.11.18 Maritimer Untoter

Beinahe pünktlich zu Halloween machte sich heute morgen in Kiel ein maritimer Untoter von sich reden. Das Boot sank gleich dreimal. Nun machten sich seine Reste des einstigen Stagsegelschoners unangenehm bemerkbar. Sie stiften seit 10 Jahren Streit zwischen den betroffenen Parteien.  

Wer erinnert sich noch an den Stagsegelschoner GIDDY UP? Sie machte in den 1990-ern im Flensburger Hafen fest und lag jahrelang auf der Hafen-Ostseite. Ohne Übertreibung kann man sie eines der meistgesunkene Schiffe nennen. Zumindest ist sie allein im Flensburger Hafen gleich zweimal gesunken und später noch eimal in der Kieler Förde. Beim bislang letzten Mal im Jahr 2009 ging sie an der Außenmole des Kieler Sportboothafens Stickenhörn auf Grund und war eigentlich schon fast vergessen - bis sie sich heute morgen wieder in Erinnerung brachte. Die Kieler Nachrichten brachten den Anlass auf den Punkt: "Wenn versunkene Schiffe sich in Erinnerung rufen wollen, lassen sie Öl frei." 

GIDD UP nach ihrem letzten Untergang 2009
Foto: Kieler Nachrichten online

Das Boot, 1958 an der franzöischen Atlantikküste nach Vorlagen von Tunfischern der Irischen See aus Teak gebaut, kam 1994 nach einigen Reisen im Mittelmeer nach Flensburg. Schon wenige Jahre später lag es verwahrlost am Harniskai und verfiel trotz ein paar Reparaturen immer mehr, bis es im Jahr 2006 gleich zweimal sank. Beim ersten Mal hatte sich ein Schlauch an der Lenzpumpe gelöst, beim zweiten Mal lag es wohl am allgemein schlechten Zustand. Es wurde noch im selben Jahr gehoben um es nach Kiel zu überführen. Dort sank es nach einem missglückten Anlegemanöver vor dem Sportboothafen Stickenhörn abermals. Erneut gehoben, lag es außen an der Mole. Dort sank sie 2009 in einem Herbststurm erneut. Und noch einmal sollte sie gehoben werden. Aber die Bemühungen scheiterten an unklaren Zuständigkeiten. So entschloss man sich, lediglich die Untergangsstelle als Gefahrenbereich zu markieren, die Tanks leer zu pumpen und die Masten zu kappen.

Heute bildetet sich ein "leichter Ölfilm" (kn-online) auf dem Wasser, dem die Berufsfeuerwehr mit einem Ölbekämpfungsgerät zuleibe rückte. Nun streiten sich die beteiligten Parteien Eigner, das Hafenamt und die Wasser- und Schifffahrtsdirektion erneut über die Zuständigkeit für die Schadensbeseitigung. Derweil nimmt die Wasserschutz-Polizei Ermittlingen auf. 

Wer das Schiff kennt, wird sich an seine sehr kräftige Bauart aus massivem Teak erinnern. Aber  fortwährender Verwahrlosung kann auch das beste Holz nicht widerstehen. In Flensburg laufen derzeit mehrere Experimente, um diese Behauptung zu widerlegen. Mal sehen, wie das ausgeht.