24.05.18 Yachting Heritage Centre aktuell

Das Leben schreibt immer noch die unwahrscheinlichsten Geschichten, deren Handlungsstränge kein auf seinen Ruf bedachter Schriftsteller zu entwerfen wagt.
Die Einladung heute in das Yachting Heritage Centre in Flensburg ist der vorläufige Schlusspunkt einer Geschichte dieser Art. 
Das Kontor des Firmengründers
Die Belegschaft
Dort wurde die aktuelle Ausstellung anlässlich des 111-jährigen Bestehens der international hoch angesehenen  Werft  von Abeking & Rassmussen eröffnet. Rund 100 geladene Gäste kamen zu diesem Ereignis, das Oliver Berking mit einer tour d'horizon über wesentlichen Stationen der verschlungenen Wege eröffnete, die Abeking & Rasmussen mit der Robbe & Berking Werft verbinden. Für die Werft Abeking & Rasmussen war ihr Geschäftsführer Hans Schaedla, Urenkel von Henry Rasmussen gekommen. Ihm blieb danach nur noch die Feststellung, dass er soeben den Vortrag zu hören bekam, den er selber halten wollte. 
Die Geschichte beginnt 1877 in Svendborg, wo  Henry Rasmussen als Sohn einer Familie von Schiffbauern zur Welt kommt. Schon früh interessiert er sich für das Segeln und baut bereits in jungen Jahren sein erstes Boot. Wer sich dem Heritage Centre nähert, kann es
High-tech für den traditionellen Holzbootsbau
schon vor dem Betreten der Räume sehen. Mit dreißig Jahren gründet Henry Rasmussen seine eigene Werft in Lemweder bei Bremen, wo sie bis heute besteht. Anfangs werden kleine Boote hergestellt, später kommen größere Yachten hinzu, alle aus Holz gebaut. Wichtige Kunden werden in Deutschland, aber auch in den USA gefunden, dort allein 99 mal für Concordia-Yachten. Über die Entwicklung informiert die Website des Heritage Centre:

"Die Geschichte der Werft, die heute von Henry Rasmussens Urenkel Hans Schaedla geleitet wird, begann in einer Zeit, in der es noch ganz normal war, dass Boote einzeln, von Hand und meist aus Holz gebaut wurden. Bei A&R waren es Piraten- oder Olympiajollen, Yachten der Meter-Klassen, Schärenkreuzer, Seefahrtkreuzer und Schoner. Später wurden die Yachten noch größer und auch aus Stahl oder, noch später, Aluminium angefertigt. Dann kam die Zeit der industriell produzierten Plastikyachten. Liebevoll von Hand  gebaute Boote wurden zu einer vom Aussterben bedrohten Spezies, zu Raritäten. Sie sind es bis heute geblieben. Nicht so bei Abeking & Rasmussen ! Auch 111 Jahre nach der Werftgründung werden dort ausschließlich einzeln angefertigte Yachten und Schiffe gebaut. Spezialschiffe, wie Lotsenboote, Seenotrettungskreuzer oder Marineboote sind es heute und immer wieder viel beachtete und spektakuläre Megayachten."
Unter anderen Bauten sind es auch genau zehn Yachten 12mR Klasse, die letzte von ihnen SPHINX, im Jahr 1939. Sie wurde für den Norddeutschen Regattaverein gebaut, überdauerte den kurz nach dem Stapellauf ausbrechenden Weltkrieg, wurde anschließend trickreich an zwei Mitglieder mit chilenischem Pass des Norddeutschen Regattavereins verkauft - Deutsche durften nach den Statuten keine Schiffe besitzen, die länger als sechs Meter waren. Die neuen Eigner waren außerdem Besitzer einer großen Holzhandlung. So bezahlten sie die Yacht mit einer Ladung Holz, die anschließend bei Abeking & Rasmussen gegen "12 Hummelboote, fünf Piraten, zwei kleine Kielboote vom Typ Sonderling und acht Hansajollen" eingetauscht wurden. 
Die Hansajollen wurden ein großer Erfolg; sie sind bis heute eine nationale Klasse im DSV.  
SPHINX kam später als Ausbildungsschiff unter dem Namen OSTWIND an Oliver Berking, gemeinsam mit zwei weiteren Eigner aus Flensburg. Aus der Restaurierungswerkstatt entstand schließlich die heutige Robbe & Berking Werft. 
Die Ausstellung zeigt viele originale Exponate aus dem Bestand der Werft, darunter das Kontor von Henry Rasmussen, Halbmodelle, Zeichnungen, zauberhafte Schiffsmodelle, alte Fotografien, Bootsbauwerkzeuge - man muss sich das einfach mal selber ansehen. 111 Jahre sind eine lange Zeit. Sie hat viele Zeugnisse hinterlassen - zu viele um sie hier einzeln aufzuführen.
Die Ausstellung hat uns auch durch ihre Präsentation angesprochen. Um das Foyer, mit dem wunderbar erhaltenen 30-er Schärenkreuzer 
BREMEN in der Mitte, werden in angrenzenden Kabinetten besondere Themenschwerpunkte aus der Geschichte der Werft abgehandelt. 
Für uns war es ein lohnender Besuch. Die Ausstellung ist bis zum 15. Oktober geöffnet. 


35-er Schärenkreuzer BREMEN von Abeking und Rasmussen, dient während der Eröffnung als stilvolles Buffet