29.06.16 Quod erat demonstrandum

Aktion auf MINNA ROEDER
Da wir nun schon mal einen neuen historischen Kran haben, sollten wir ihn auch nutzen, dachten sich die Männer der Jollenfraktion aus dem Lüttfischerhafen. Und so startete ein bislang einmaliges Experiment in Sachen vergleichender Archäologie. Ging es hier doch nicht um einen Vergleich von barock- zu neuzeitlicher Hebetechnik, sondern um den "benchmark" zweier gleich alter technischer Konzepte.
Was zu untersuchen war, ist eines maritim historischen Museumshafens würdig. "Wieviel Mann braucht man, um einen hoch zu kriegen?" Die Frage ist mit Blick auf den Historischen Krahn von 1726 nun geklärt. Die Antwort lautet: "Fünf". Fünf Mann um ein ausgerauschtes Klüverfall der Buttjolle MINNA ROEDER wieder durch den oberen Block zu fädeln. Im Einzelnen waren folgende Rollen zu vergeben:
  1. Ein Mann an Bord, um das ausgerauschte Fall zu sichern und anzugeben.
  2. Ein Mann der das Spill dreht.
  3. Ein Man, der das Seil gegenhält.
  4. Ein Mann, der den Beiholer sichert. 
  5. Und schlussendlich einen Mann, der hochgehievt wird.
Die Aktion war in etwa einer halben Stunde beendet, macht summa sumarum einen Einsatz von 2,5 Mannstunden.

Die Vergleichsaktion auf einem anderen Schiff des Museumshafens ergibt eine günstigere Bilanz, wenn der Mann traditionell am Topfall hoch gehievt wird. Bei vergleichbarer Dauer der Aktion werden üblicherweise drei Mann benötigt. Das entspricht einem Einsatz von 1,5 Mannstunden.
  1. Ein Mann, der das Fall holt.
  2. Ein Mann, der das Fall sichert
  3. Nach erfolgreichem Benchmark auf WIEBKE BOHLEN
  4. Ein Mann, der hochgehievt wird.
Noch günstiger wird die Rechnung, wenn, wie auf WIEBKE BOHLEN üblich, der Mann sich mit einer vierpartigen Talje selber hochzieht. Dazu wird nur ein weiterer Mann eingesetzt, um die holende Part zu sichern. Bei gleicher Aktionsdauer beträgt hier der Aufwand lediglich 1,0 Mannstunden, wobei die Hälfte davon (bei WIEBKE BOHLEN) auch noch eine Frau ist. Womit wieder einmal das alte Vorurteil bekräftigt wird, dass eine Frau einen Mann mit geringstem Aufwand hochbringen kann. Es ist eben alles eine Frage der richtigen Technik.

Was zu beweisen war.

RAKELs venner's latest attempt

nearly one thousand readers of HAFENMELDUNGEN read our recent post "RAKELs letzter Versuch". Among them many from abroad, who may not be firm enough in german to read it. Here is an english version as a courtesy to all who want to understand how to help rescue the last existing sailing fishery vessel from Colin Archer (translated by Rakels venner):

29.06.16 GRETA allein zu Haus

Kieler Woche im  Museumshafen
Der 30-er Schärenkreuzer TRE SANG
Die Teilnehmer an der Kieler Woche aus dem Museumshafen Flensburg sind wieder da und der rote Logger RYVAR hat seinen Liegeplatz schon wieder verlassen. Dafür gab sich BODIL, der blauer Haikutter mal wieder die Ehre und machte am Bohlwerk fest. Langsam stellt sich der sommerliche Tagesablauf wieder ein. Der unermüdliche Carsten macht schon am frühen Morgen "Rein Schiff" in der Fischhütte, während sich die ersten Hafenbummler ein Frühstücksbier gönnen. An manchen Booten wird schon gearbeitet und auf der Museumswerft klopft jemand Tok-tok---tock Werg in Plankenfugen.
Vor dem Wind keine Lage
Vor ein paar Tagen war um diese Zeit noch selige Ruhe. Der Hafen wie leergefegt, wenige Besucher, keine morgendlichen Hafenbummler - Kieler Woche eben. Als dann auch noch wir mit WIEBKE BOHLEN und danach THOR, die beiden Colin  Archer des Museumshafens zu einem Wochenendtörn ausliefen, war der Elbfische GRETA allein zu Haus und durfte die "Sammlung ehemaliger segelnder Berufsfahrzeuge" vertreten. Ob sie den Museumshafen gegen Einbrecher verteidigen musste, hat sie nicht gesagt. Vermutlich hat sie sich auch, wie Kevin, "nur gelangweilt". Die ruhigen Tage haben einen ganz besonderen Reiz. Trotz der Autos auf der Schiffbrück, trotz der Bauarbeiten am Hotel Stadt Flensburg wirkt der Hafen schläfrig und wer hinsehen will, kann Klassiker der Yachtfraktion betrachten, wie sie ruhig einen Stadtbummel per Schärenkreuzer unternehmen. 
Als die Wettervorhersage am Freitag westliche Winde, drei Beaufort versprach, verließen wir den ruhigen Hafen für eine Nacht vor Anker in Hörup Hav. Wie so oft in letzter Zeit hätten wir die Prognose der Meterologen auch aus dem Kaffeesatz beziehen können. Der Wind kommt aus Südwest und die langen Schaumstreifen auf der spürbaren Windsee in der Inneren Förde lassen irgenwas zwischen sechs und sieben Windstärken vermuten. Vor Hörup bergen wir den Klüver und segeln tief in die Bucht, die einst Kegnaes von Als trennte.
Kurz bevor wir unser Zugpferd, den großen Klüver, von Hand an Deck zerren, überholt uns eine große moderne Jacht mit sechs oder sieben jungen, kräftigen Leuten an Bord. Mit Sonnenbrillen wie Ameisenkönige. Die haben ihr Tuch mit Motorkraft eingerollt. Wir nehmen uns vor, darüber auch mal nachzudenken, wenn wir neunzig sind und nicht wissen, was wir uns zum Geburtstag wünschen sollen. Nach nur vier Stunden fällt der Anker. Kaum hat er Grund gefasst, ist es schon vorbei mit dem Wind. In der Nähe ankert der Toppsegelschoner SWANSBORG. Seine Masten leuchten in der Abendsonne. Gute Nacht.


25.06.16 RAKELs letzter Versuch

RAKEL vor 30 Jahren
Foto: Falk Pfau

RAKEL möchte wieder segeln

Die 120 Jahre alte Colin Archer Ketsch RAKEL wartet schon lange darauf, dass ihre Restauration weitergeht. Zur Erinnerung: das historische Fischereifahrzeug war fast auf den Tag genau vor drei Jahren auf einer Reise von Bremerhaven nach Helgoland im Sturm havariert und konnte nur mit Mühe den rettenden Hafen erreichen. Ursache war ein Wassereinbruch, der mit den Bordpumpen nicht kontrolliert werden konnte. Die nachfolgende Reparatur musste abgebrochen werden, als der Eigner einen schweren Unfall erlitt. RAKEL wurde verkauft, der neue Eigner hatte große Pläne und ließ den alten Segler auf der Werft von Christian Jonsson in Egernsund fachmännisch instand setzen. Wesentliche Partien des Rumpfes wurden sorgfältig ersetzt wie beispeilsweise Teile des Kiels, des Vorstevens und verschiedene Spanten und Planken. Dann wurde auch dieses Projekt vorzeitig beendet. Seitdem liegt der Rumpf, mit einer Plane schwimmfähig gemacht und wartet darauf, dass die Restauration mit einem neuen Finanzierungskonzept weitergeführt wird. Versuche, über den neu gegründeten dänischen Verein "Rakel's venner" (Rakels Freunde) das Projekt sozusagen mit Bordmitteln fortzuführen waren nicht erfolgreich.
Nun wagen die Rakelfreunde einen neuen Versuch, nachdem Sponsoren großer Beträge nicht gewonnen werden konnten. Es ist hoffentlich der letzte, weil erfolgreiche Ansatz der Finanzierung. Er baut auf das relativ neue und in vielen Fällen erfolgreiche Konzept der Schwarmfinanzierung. Grob gesagt werden dabei (viele) Investoren mit (jeweils geringen) Beiträgen gesucht. Sie erwerben - anders als Sponsoren - dadurch bestimmte Rechte. Falls die benötigte Summe nicht zusammenkommt, erhält jeder Teilnehmer sein Geld zurück. Im Falle von RAKEL sind Preisstaffeln vorgesehen, die niedrigste beträgt 20 Euro. Es werden aber bestimmt auch kleinere Beträge akzeptiert. Insgesamt sollen 40.000 Euro zusammenkommen, um die Restauration entscheidend fortzusetzen. Die Initiatoren rechnen vor: 400 Euro sind schon ein Prozent der benötigten Summe. Es wird soviel Geld für Nonsense ausgegeben, da müssten sich doch einhundert bis zweihundert Menschen für die Rettung des letzten Fischereifahrzeugs aus der Feder des berühmten norwegischen Konstrukteurs finden lassen.
Und warum werden diese Retter nicht in Norwegen gesucht, wo das Schiff Teil der maritimen Geschichte ist? Leider müssen wir feststellen, dass die uns bekannten Wege zu entsprechenden Stellen in RAKELs Geburtsland alle im Nichts endeten.

Hier die Internetanschrift des Aufrufs "Rakel möchte wieder segeln".

Rakels venner Kontakt:
Andre Springer
0049 171 9372157

Die HAFENMELDUNGEN haben in verschiedene Beirägen über RAKEL berichtet. Die kann man hier nachlesen.

Und zum guten Schluß noch zum Appetit machen: Drei historische Aufnahmen von einer Reise Azoren - Bremerhaven im Jahr 1986.





         

24.06.16 Offener Stammtisch im World Café

Das 100. Gedenkjahr des Verkaufs der dänischen Kolonien in der Karibik an die USA steht in 2017 bevor. Ausstellungen und Dokumentationen werden geplant. Neben der institutionellen Seite (Schifffartsmuseum, Dänische Zentralbibliothek) gibt es in Flensburg ab 30.06. bis November jeweils am letzten Donnerstag um 19 Uhr das World Café für jeden, der sich auf die Geschichte der  Kolonien, Sklaverei, Handel und die bis heute gehenden Auswirkungen einlassen will. Dabei handelt es sich nicht um eine Vortragsreihe, sondern um eine offene “Stammtischrunde”. Stichworte sind Rumhandel, Zuckerhandel, Sklaverei,  Reichtum und Aufstieg dieser Region in der Kolonialzeit und die Auswirkungen bis heute. Ein spannendes Spektrum, das uns in der sich momentan schnell verändernden Welt auch heute noch überall begegnet.

Moderieren werden Nicole Gifhorn (Bündnis Eine Welt Schleswig-Holstein e.V.) und Dr. Imani Tafari-Ama (Flensburger Schifffahrtsmuseum). Dr. Imani Tafari-Ama ist Kulturwissenschaftlerin von der University of the West Indies in Jamaika, die Dank der Förderung im Programm "Fellowship -  Internationales Museum der Kulturstiftung" des Bundes für insgesamt 18 Monate als Gast-Kuratorin im Flensburger Schifffahrtsmuseum tätig ist. Anlässlich des 100. Gedenkjahres des Verkaufs der Dänischen Kolonien in der Karibik an die USA bereitet sie für 2017 die Ausstellung „KulturTransfer“ vor.
Nicole Gifhorn ist Bildungsreferentin für Globales Lernen beim entwicklungspolitischen "Landesnetzwerk Bündnis Eine Welt Schleswig-Holstein e.V.". Ihre Aufgabe ist, landesweit entwicklungspolitische BildungsakteurInnen zu vernetzen, Qualitätsstandards für Globales Lernen im Rahmen von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) zu verankern und Kooperationen zu Trägern der kulturellen Bildungsarbeit zu knüpfen.





26.06.16 Was lange währt ...

... steht endlich Rum. Richtig gelesen: Es ist das Motto der Aktion des Rum Kontors der Muse Maritim im Foyer des Flensburger Schifffahrtsmuseums. "Geduldig Wartende, gespannt Lauernde, durstig Darbende" werden heute um 16.00 Uhr erlöst, denn die Aktion "Genuss der langen Weile" wechselt in die entscheidende dritte Phase. Zuvor war erlesener Rum aus Barbados in einem Holzfass wie in alten Zeiten auf Segelschiffen über den Atlantik nach Amsterdam und von dort nach Flensburg geschippert worden. Am 29. April erreichte die kostbare Fracht ihren Bestimmungsort und konnte sogleich mit dem rechtzeitig neu errichteten Historischen Krahn an Land gehievt werden (Wir berichteten).


Dazu schreibt Beate Falkenberg, sie ist die "Muse Maritim" und Initiatorin der Aktion:
"Das Rum Kontor Flensburg ist der Rum-Handel im Flensburger Schifffahrtsmuseum unter dem Dach der muse maritim, Museumsladen und Café.
Wir machen die Flensburger Rum Geschichte erlebbar, erfahrbar und genießbar – im historischen Zollpackhaus und Rumlager der Seehandelsstadt Flensburg.
Nach und nach ist dieses Flaschen-Projekt gewachsen und immer runder geworden – jetzt bin ich sehr froh und stolz, mit dieser RumReise aus meinem Standort im Museum heraus Flensburger Geschichte, Schifffahrt und Rumhandel verbinden zu können und zu beleben. Seit mehr als einem Jahr planen wir an dem passenden Etikett, Namen und der möglichen Verpackung der kostbaren Einzelstücke. Das Etikett zeigt jetzt eine historische Szenerie an der Schiffbrücke mit Fassverladung aus Frachtseglern, Holzkisten sind maßgeschneidert und mit Brennstempel veredelt worden. Besonders froh bin ich, die Tres Hombres als Lieferanten für den Rum entdeckt zu haben. Mit ihren jeweils vor Ort in der Karibik bei ausgesuchten Destillen erworbenen Rum-Lagen haben diese auf der Rum-Messe in Berlin diverse Auszeichnungen erhalten und ich kann von der Qualität überzeugt sein.
Hinter den
Tres Hombres steht eine von passionierten umweltaktiven Seglern gegründete Organisation, die die Idee lebt, den Transport von Gütern ohne Schaden für die Umwelt aber mit Gewinn für die Waren und Mitreisende zu verwirklichen. Emissionsfreier Transport als Erlebnis und Imagegewinn. In regelmäßigen Reisen zwischen der Karibik und Europa werden Rum, Kakao und andere Güter transportiert."
Beate Falkenberg
Rum Kontor Flensburg
Schiffbrücke 39
24939 Flensburg

0461-851081
0160 3129409

24.06.16 Sail ahoi!


Kaum zu glauben, dass der jetzt so ruhig und verschlafen wirkende Hafen in zwei Wochen Ort des größten Stadtfestes in diesem Jahr wird. Die Sail Flensburg 2016 wird als das "Maritime Bürgerfest" Vereinen und Organisationen aus der Stadt und der Region Bühne und Schauplatz sein. Unter dem Motto " Wasser, Sport und Kultur für alle" präsentieren sie sich von der Hafenspitze bis zum Nordertor auf zwei Bühnen, vier Kultur-Oasen dazu ein Kultur-Schauplatz vor der Museumswerft, dazwischen viele Stände, die was fürs Herz und Hirn und gegen Hunger und Durst bieten. Damit die Stille nicht unerträglich wird, unterhalten über zwanzig Musikgruppen mit Klängen und Rhythmen von Rock über Folk bis Beat und Blues. Und natürlich auch Shantychöre, unverzichtbarer Bestandteil maritimer Großveranstaltungen in den hiesigen Häfen. Auch das Hohenloher Drehorgel-Orchester wird nicht vermisst werden. Wie überhaupt der Hafen als Verbindung zur Welt in den Angeboten sichtbar, hörbar und erlebbar wird. Mit Eindrücken vom Balkan, aus Vorderasien, Südamerika, Afrika und sogar aus China. Die Organisationen der Migranten werden ein eigenes Kulturprogramm bieten.
Weit gespannte Bogen sind als Grundmotiv erkennbar: Während auf dem Wasser traditionelle Segel- und Motorschiffe die Szene beleben (einige nehmen auch Gäste mit) werden ernstere und tiefere Bedürfnisse in philosophischen Gesprächsrunden und literarischen Lesungen befriedigt. Zu alledem: ein weiterer Bogen spannt sich von Unterhaltung und Kultur bis zu sportlichen und sozialen Themen. So soll beispielsweise weltweit erstmals der Flensburger Hafen trockenen Fußes überquert werden können. Stand-Up-Paddler wollen ihre Bretter dicht an dicht wie eine Pontonbrücke überspannen. Auf und unter Wasser soll der Blick auf den Erhalt der Schweinswale gelenkt werden und himmelwärts wird auf dem Salondampfer ALEXANDRA zum (christlichen) Gottesdienst eingeladen und am Freitag Abend ein großes Feuerwerk (für Gläubige und Ungläubige) abgebrannt. Auch der Bogen von Jung bis Alt ist weit gespannt: speziell für die Jungen werden Schnuppersegel auf modernen und traditionellen Jollen geboten, während die älteren und Alten vermutlich die stäbigen Großsegler, die ALEXANDRA oder Schlepper FLENSBURG als schwimmenden Untersatz vorziehen werden.
Bundeswehr und Seenotretter runden die Palette ab, geben dem maritimen Bild markante Akzente.
Wer das ganze Programm im Detail studieren möchte: Das Angebot der Sail-Flensburg kann auch auch auf einer eigenen Internetseite nachgelesen werden. Wer mit seinem eigenen Boot teilnehmen möchte, kann sich dort anmelden.

Quelle: Volldampf e.K.

23.06.16 Time is money

Foto: AFP (c) in FAZ online
Im gestrigen Beitrag ging es um die Aussagekraft der Bilder. Anlass waren Fotos über den "Stand der Dinge...", sprich wie weit die Restauration des Isefjordbootes ABSALON bisher gediehen ist. Drei Mann widmen seit Jahren ihre Freizeit der Aufgabe, ein historisches Fischerboot vor der Säge zu bewahren.

Heute veröffentlichte die F.A.Z. online einen Artikel über die Vermögensverteilung in der Welt und was Millionäre mit ihrem Reichtum machen. Zur Illustration der in diesen Kreisen beliebten Anlageobjekte wird ein Foto aus Monaco gezeigt, auf dem vor der Kulisse großer Motoryachten eine klassische Segelyacht zu sehen ist - oder ist es ein Traditionsschiff? Ganz genau kann man das nach dem Foto nicht entscheiden. Denn der Kutter stammt vermutlich aus einer Zeit, als Arbeitsschiffe und Yachten sich eher im Material, dem Finish und der Innenarchitektur unterschieden als in der äußeren Form. Egal wie, die Kombination Millionär, Monaco, Motoryacht und alter Kutter legt den Schluss nahe, es könne sich bei dem gezeigten Boot um eine klassische Segelyacht handeln, zumal es Werbeträger für die Jean Boulle Group unterwegs ist. Aber es gibt ja auch hierzulande Traditionssegler mit Werbeaufschriften auf den Segeln oder Werbebannern an den Masten. Doch auch die lassen sich nicht das teure Tuch verschandeln, bloß weil sie zuviel Geld haben. Wer dennoch auf die Idee kommt, die Eigner solcher Schiffe in Flensburg gehörten allesamt zu den oberen zehntausend und ihre Schiffe schwämmen in Euros, irrt sich auch aus einem anderen Grund. Der beruht auf der gedanklichen Verbindung von Millionenvermögen und traditionellem Segelschiff. Die gängige Definition des Millionärs wird in dem Artikel gleich mitgeliefert: es ist ein Mensch der mehr als eine Million frei investierbares Vermögen besitzt. Von frei und investierbar kann bei einem Segelschiff natürlich keine Rede sein. Wer's  nicht glaubt studiere mal die Anzeigen der Yachtmakler unter dem Aspekt, wie lange es dauert, bis ein Boot verkauft ist. Wenn es also um investierbares Vermögen geht, kommt der Spruch "time is money" der Sache schon viel näher. So ein Schmuckstück zu unterhalten erfordert in erster Linie Zeit. Zeit für die Wartung und für Reparaturen, falls nötig. Allerdings kann der normale Eigner auch mit sehr viele Zeit keinen Anker schmieden, Lack herstellen oder eigene Seekarten zeichnen. Und die Helling für die regelmäßige Inspektion wird auch nicht allen umsonst überlassen. Und schlussendlich sollte auch noch genügend Zeit zum Segeln übrig bleiben. Sonst ist selbst einem Millionär nicht zu helfen.  

22.06.16 Bilderrätsel

In unserer atemlosen Zeit fehlt oft die Muße für kurze Nachrichten. Viele Mails sind ermüdend lang und verworren. Worte, nichts als Worte, aber keine Nachricht.
"Vollkommenheit ist erreicht, wenn man nichts mehr weglassen kann" sagte Antoine de Saint-Exupéry. Heute erhielten wir ihm zufolge ein vollkommene Mail. Sie ist erfrischend kurz obwohl sie mehr sagt als 4000 Worten gesagt werden kann - sofern man der Spruchweisheit Glauben schenkt, dass ein Bild mehr sagt als mit tausend Worten möglich ist. 
Es geht um das Isefjordboot ABSALON, das Boot mit der längsten ununterbrochenen Abwesenheit von seinem festen Liegeplatz im Museumshafen Flensburg.

 







 

Im April erfuhren wir, dass sie noch zwei weitere Spanten bekommt, bevor die nächsten Planken angeschlagen werden. Das scheint jetzt gerade in Arbeit zu sein. Wer es genauer wissen möchte, lausche den Bildern. Denn der Text der erfrischend kurzen Mail von heute ist eines Lakoniers würdig "Stand der Dinge...". Dem haben wir nichts hinzuzufügen.

21.06.16 GRETA abgestaubt

Sommeranfang. In Kiel strebt der jährliche Rummel rund um das weltgrößte Segelereignis seinem Höhepunkt entgegen und ein Event jagt das andere. An der Hörn gehörschädigende Lautsprecherbeschallung und Kirmesrummel für zahlende Gäste.

Welch ein Kontrast zu Flensburg! Der Hafen ist noch immer nahezu verwaist und ist doch gerade deswegen ein ganz besonderer Ort. Das gute Wetter, der Sonnenschein und der milde warme Wind lädt zum Verweilen ein. Einige Bummler sitzen am Wasser und genießen die Ruhe. 

Nur auf GRETA brummen Exzenterschleifer, verwandeln die verwitterte Oberfläche der Verschanzung in grauen Staub, legen das helle Eichenholz der Schandeckel frei. Eine Gruppe junger Frauen und Männer aus dem
Skizze: Werner Kühn
Freundeskreis der GRETA haben sich zu dem Arbeitseinsatz zusammengefunden und bringen den alten Elbfischer des Museumshafens wieder auf Vordermann. "Tut mir leid, dass wir dein Schiff vollstauben", sagt einer und weist sich dadurch als ein angenehmer Nachbar aus. Er hat gerade ein verdiente Pause eingelegt. "Ich weiß garnichts über Segelschiffe und finde das alles hier sehr spannend". Dem Mann kann geholfen werden und schon bald reden wir über Bootsbau, die Wikinger, die Vorzüge verschiedener Segelformen. Das Thema hat so viele Facetten. Bald sind wir bei aktuellen Bestrebungen zur Wiederbelebung der Segel-Frachtschifffahrt gelandet. Zu rasch vergeht die Zeit. Es könnte sein, dass wir uns noch oft über diese Themen unterhalten werden. Als wir uns trennen, wird das frische Holz der GRETA schon imprägniert.
Der Staub wird uns nicht wirklich stören. Zum einen ist es trocken. Da wird das meiste morgen schon vom Winde verweht sein. Und außerdem soll auch auf unserem Boot noch einiges geschliffen werden. 

17.06.16 Verwaist

Heute ist der Museumshafen nahezu vollständig verwaist. Von den "Großen" legte morgens auch noch der Logger PIROLA ab und entschwand, vermutlich in Richtung Kiel, wo morgen die Kieler Woche beginnt. Grund der grassierenden Nestflucht ist, dass die Schiffe für ihren Unterhalt Geld einfahren müssen. Und das geht nun mal bei der Großveranstaltung in Kiel besser, als im beschaulichen Flensburg. Der Museumshafen Abteilung Bohlwerk ist also weder aus- noch verstorben, er ist nur ein bisschen verwaist.
Ohnehin liegen am Lüttfischersteg manchmal mehr Boote als am Bohlwerk, wo die Haikutter, Jagten und Galeassen vertäut sind. Der Plural ist im Augenblick allerdings ein Überbleibsel aus der Vergangenheit. Im Schatten des Historischen Krahns gibt es nur von den Loggern mehr als ein Exemplar jeder Gattung.

Apropos mehr Leben bei den Lüttfischern: Ein freundlicher Leser hat uns auf ein Video aufmerksam gemacht, das bei Youtube veröffentlicht wurde. Es zeigt schöne Szenen der Sjekten-Regatta während der diesjährigen Rumregatta. Und es zeigt auch, wie lebendig die kleinen Boote segeln! Hierzulande sieht man sie nur noch selten, dabei waren sie früher an der Küste so zahlreich wie derzeit die Fahrräder auf der Straße. Und genau so wurden sie gebraucht. Zum Einkaufenfahren, für den Warentransport, für Familienbesuche oder nur so zum Spaß. Und das Segeln mit diesen quicklebendigen Booten reiner Lustgewinn sein kann, ist leicht zu erfahren.


Wer einmal selber ausprobieren möchte, wie es sich auf diesen historischen Arbeitsbooten segelt, kann im Sommer immer mittwochs nachmittags auf den Jollensteg der Lüttfischer gehen. Manche Boote nehmen Gäste mit, wenn es das Wetter zulässt. Viel Vergnügen!


14.06.16 Mother's little helpers (2)

Das Dyarchy-Stag von Laurent Giles.
Beachten Sie die Art und Weise, wie der Hals das Stag
durchsetzt mkit Hilfe eiens Umlaufblocks (B) und des
Klüverfalls (C). Wenn der Ausholer (D) gefiert wird ,
kann das ganze Geschirr kontrolliert binnenbords
geholt werden.
Abb.: Tom Cunliffe, Oldtimer Segeln

Das DYARCHY-Stag
"Der Klüver gehört zu den lebendigsten Segeln eines Kutters" schreibt Tom Cunliffe in seinem Buch "Oldtimer segeln" ¹) und empfiehlt, ihn immer unter Kontrolle zu halten. Denn seine Bedienung "kann eine schmerzhafte Angelegenheit werden, wenn man ihm auch nur halbwegs gestattet, verrückt zu spielen". Wohl wahr. Besonders beim Setzen und Bergen nutzt dieser Teufel jede Chance, sich auszutoben. Wird das Segel zudem auf einem Rackring gefahren, ist es dadurch nicht einfacher zu bedienen. Irgend jemand hat mal geschrieben, einen Klüver zu bergen brauche nur zwei Hand an Deck. Eine am Fall, die andere an der Schot. Das Fall wird gefiert und der Laufring rutscht auf dem Klüverbaum in Richtung Vorsteven, während die Schot dichtgeholt wird. Wenn das Segel dann unten ist, werfen sich die anderen sechs Mann auf das tobende Tuch.
Als wir vor Jahren bei Starkwind unseren frei fliegend auf einem Rackring gesetzten Klüver bergen mussten, landete das teure Tuch prompt im Wasser und wischte uns das Antifouling vom Rumpf.
Die kleine Crew muss sich da schon etwas einfallen lassen, um mit so einem Flattermann zurecht zu kommen. Ein Rollklüver kam für uns nicht infrage, schließlich ist WIEBKE BOHLEN eine klassische Kreuzeryacht. Was wir suchten, sollte vor allen Dingen sicher zu handhaben und letztlich auch bezahlbar sein. Glücklicherweise hat der englische Yachtkonstrukteur John Laurent Giles mit seiner Yacht DYARCHY ein System bekannt gemacht, das Klüverstag, -fall und -vorliek zu einem selbst stabilisierenden Ganzen zusammenfasst. Das System haben wir vor mehreren Jahren installiert und ein paar tausend Meilen gesegelt - immer nur zu zweit.
Das Klüverstag System Giles
auf  WIEBKE BOHLEN.
Das Klüversegel wird an Stag-
reitern auf dem umlaufenden
Klüverstag als Jolltau geführt,
das zugleich den Klüverhals
nach unten zieht. Der Jolltau-
block ist auf dem Rackring
angeschäkelt.
Es uns erlaubt uns, den Klüver in einer sicheren Position vom Vorsteck aus einzuholen und zu sichern und zwar alleine. Anfangs stellte sich jedoch heraus, dass seine praktische Anwendung beim Bergen nicht ganz befriedigte. Das Klüverstag hing um so stärker durch, je mehr sich der Rackring dem Vorsteven näherte. Deshalb wollten sich die Stagreiter nicht auf dem Stag abwärts bewegen und das Segel blieb auf halber Höhe hängen. Auch ein Niederholer konnte daran nichts ändern. Diesen unschönen Zustand wollten wir ja eigentlich vermeiden. Also musste ein weiterer Vertreter der Gattung "Mother's littele helpers" her, um das Klüverstag auch in diesem Zustand straffen zu können. Wir haben deswegen das Klüverstag nicht wie bei Cunliffe beschrieben am Mast befestigt, sondern durch einen Block in Richtung Deck umgelenkt, um es auf der Nagelbank zu belegen. Und so weit gekommen, setzten wir noch eine Streckertalje in die stehende Part des Stags. Dadurch können wir die Überlänge aus dem Stag nehmen, wenn der Rackring vor dem Vorsteven ankommt. Es streckt sich sofort gerade und die Stagreiter rutschen ganz leicht nach unten. Unsere Variante hat den zusätzlichen Vorteil, dass wir das Vorliek des Klüvers auch sehr stark durchsetzen können, was uns oft schon fünf und mehr Grad Höhe am Wind bescherte.
Wenn wir das Klüversegel wechseln wollen, geben wir dem Stag lose. Dann können wir die Stagreiter bequem an Deck aus- und einhaken. Dieser Vorteil hat uns das Segeln auf langen Strecken oft erleichtert.
______________________
¹) Tom Cunliffe, Oldtimer segeln - Segeln und Seemannschaft auf gaffelgetakelten Yachten, 1994 Pietsch Verlag, ISBN 3-613-50204-6

13.06.16 Petuhfahrt auf ALEXANDRA



Noch keine Idee wie den Sonntag Nachmittag (19. Juni) zu verbringen? Hier ein besonderer Vorschlag für Freunde des Salondampfers ALEXANDRA

13.00 bis 16.00 Uhr

Die „Alex“ fährt die Stellen der Flensburger Innenförde ab, die schon zur Blütezeit der Fördeschifffahrt 1910 bedient wurden. Damals fuhren unter der Reederei „Vereinigte“ 25 Dampfer im Liniendienst. Es gab bis zu 50 Abfahrten vom Dampferpavillon.
Mit an Bord natürlich auch eine der Dauerkartenbesitzerinnen, eine Petuhtante. An Bord gibt es neben kleinen Stärkungen und Getränken auch jede Menge Informationen über die damalige Situation auf der Förde. Es werden die Stellen angefahren, an denen früher die Stege auf die Dampfer warteten, um Waren und Menschen zu befördern. Es geht bis Brunsnis und Ekensund und zurück an Sandacker, Stranderott, Randershof und Süderhaff vorbei.

Restkarten gibt es im „Alex“-Büro im Historischen Hafen Flensburg (Fährkrog) unter
Tel.: 0461 – 182 91 801 oder direkt am Liegeplatz. Einlass ist 30 Minuten vor Abfahrt.

Fußballfreunde können unbesorgt mitfahren, die Spiele der Europameisterschaft beginnen erst am Abend:


21 Uhr Lille Schweiz - Frankreich

21 Uhr Lyon Rumänien - Albanien

11.06.16 Manche Skipper können mit ihrem Schiff schreiben + lesen


Ein häufig zitierter Spruch, besonders von Zuschauern der Gruppe “die besten Kapitäne stehen am Kai”….Heute war auf der Förde ein Schiff zu bewundern, dessen Skipper mit Besteck essen kann. wie der Spi deutlich zeigt. Doch Spaß beiseite, die schöne Sphinx ist immer wieder eine Freude, besonders wenn sie nach der Spifahrt hoch am Wind mit schöner Lage aus der Förde zieht.

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Wir hattenauf Wiebke Bohlen es eher gemächlicher, auch wenn der Light Yankie angeschlagen war. Light ist die Bezeichnung des Segelmachers, dabei ist das Trumm kaum den Niedergang hochzuwuchten ,30 Quadatmeter aus schweremTuch haben uns schon oft flott duch die Wellen geschleift, aber das gute Stück macht uns auf der Kreuz das Leben auch nicht einfach (die Abdrift ist doch gewaltig). Aber am Schluß werden wir mit Backstagsrauschefahrt wieder belohnt. Da sind sie wieder die zwei Seiten der Medaille, ebenso wie bei der Tatsache, das Deutschland im Regen ertrinkt und wir Wasser schleppen müssen, um die vertrocknenden Blumen zu retten. Aber wer Wasser schleppt, kann auch bei schönsten Sommerwetter segeln.

03.06.16 Mal wieder raus

Wer denkt, dass Rentner mit einem Boot nichts Anderes zu tun haben, als tagein-tagaus zu segeln, der irrt. Denn bekanntlich hat kaum jemand weniger Zeit als so genannte Ruheständler. Ist das Wetter zu ungemütlich, ist nix mit dem Wassersport, ist es dann wieder schön, gibt es Wichtigeres zu erledigen als da sind Arztbesuche und Behördenkram. Das Leben ist nun eben wie das Leben eben ist. Aber jetzt passte mal wieder alles zusammen.
Es ist bereits Sommer der in den Medien seit kurzem als "meterologisch" bezeichnet wird und sich von dem sog. "astronomischen" Sommer durch das Datum seines ersten Tages unterscheidet. und den haben wir bei schönstem Segelwetter begrüßt.
Am Morgen dämpft Dunst das grelle Sonnenlicht und der milde Wind aus Ost lockt auf die Förde. Wir werden oft gefragt, wohin wir in diesem Jahr reisen wollen. Früher hätten wir "Ost-Schweden" gesagt oder "Norwegen". Heute wollen wir nur einfach mal raus. Nach etlichen langen Reisen während der letzten Jahrzehnte wissen wir: Im Grundsatz ist es ziemlich egal, wohin man segelt. Von Abenteuern abgesehen sind die Herausforderungen von Wind und See letztlich immer ähnlich und doch immer wieder neu. Und die Zeit der Abenteuer liegt hinter uns. Diese Erlebnisse sind einem Bonmot zufolge ohnehin meist nur Ergebnis von Projekten ohne Planung oder Katastrophen mit glücklichem Ausgang. Davon haben wir genug gehabt uns, um uns mehr zu wünschen. Jetzt sind wir mit kleinen Aufregungen zufrieden.

Happily splashing along.
Eine größere Bugwelle sieht zweifellos imposanter aus,
zeigt aber verschwendete Antriebskraft.
 
Zu Beginn jeder Segelsaison braucht es einige Ausflüge, bis die Manöver reibungslos ablaufen und im Rigg alles wieder seine gewohnte Ordnung gefunden hat. Das ist der Preis, den wir gerne für die Vielfalt zahlen, in der unser Schiff geriggt werden kann. Die Betonung liegt auf "kann", denn wir experimentieren gerne. In dieser Saison ist die Phase eins ("Alter forscht") abgeschlossen, und Phase zwei ("Alter genießt") hat begonnen. Dafür ist heute ein perfekter Tag. Petrus hat sich mit Regenwetter verausgabt und legt ebenfalls einen Ruhetag ein.
Gut getrimmt steuert sich WIEBKE BOHLEN alleine
Wie oft dreht der Ostwind noch im Hafen auf Nord und nimmt zu, je mehr wir uns der Werft und damit der engsten Stelle bei der Ausfahrt nähern. Also heißt es "kreuzen", denn auch heute wollen wir den Motor möglichst nicht benutzen. Das haben wir mittlerweile nur noch mit wenigen Booten vergleichbarer Größe gemein. Aber auch viele kleinere Segelyachten trauen ihrem Dieselmotor offenbar mehr zu als dem Wind. Dabei laufen sie mehr Höhe, als sich der Skipper eines altmodischen Langkieler erträumen kann.
Während wir noch die Vorzüge der Baumfock genießen und einhand Richtung Förde kreuzen, quert ein großer Schlepper unsere Bahn, um den schon wartenden Schwimmkran SAMSON in der Hafenausfahrt zu bugsieren. Wir verzichten auf eine Mutprobe und schieben uns mit "Sir Henry" aus der Situation. Schließlich wollen wir den Tag genießen und nicht in der Unfallstatistik landen.

Draußen sind wir nahezu alleine unterwegs. Kein Außenborder zersägt die Ruhe, kein Motorboot schüttelt uns in seinem Kielwasser und kein Flugzeug dröhnt am Himmel. Es ist immer noch Vorsaison. (Glücklicherweise hat noch kein Tourismusmanager ein griffiges Vermarktungskonzept entwickelt, um diesen Zustand der lässigen Geruhsamkeit mit quirligen Events zu vertreiben. Ein Tag wie heute bietet Ruhe und Frieden, die man gerne als Werbebotschaft nutzt, im übrigen aber mit den beworbenen Produkten und events sogleich vernichtet.)
Jugendkutter sehen wir immer gerne.
Der Crew sieht uns wohl auch gerne an.
Vor der Meierwik segelt ein Jugendkutter hoch am Wind. Von achtern kommt CARMELAN auf. Der beinahe 100 Jahre alte Haikutter eilt mit Maschinenkraft Richtung Norden. Vor den Ochseninseln ankert eine moderne Segeljacht. Erst vor Glücksburg wird die Szene durch andere Boote belebt. Nun nimmt der Wind zu und dreht auf Ost-Südost. Während wir bis dahin Kurs Nord laufen konnten, liegen jetzt die 50 Grad an, die für die Holnis-Passage ideal sind. Sollen wir noch weiter raussegeln? Sollen wir zurück? Mittag ist schon vorbei, es ist warm und zuhause leiden die Blumen unter Wassermangel. Also "Klar zur Wende!" und ab geht es bei nun halbem Wind zurück nach Flensburg.  Die großen Schlepper kommen aus dem Hafen und schieben mit Brassfahrt nach Norden. Wir stampfen noch im Schwell ihrer Hecksee, als sie schon längst in der Rinkenaes Bucht verschwunden sind. BODIL verlässt den Hafen unter Segeln. Da sind wir schon vor der Meierwik und freuen uns über die Rauschfahrt bei raumem Wind.
Nun kommen die ersten Flugzeuge und drehen eine Runde, um uns besser beäugen zu können. Von Nord nähert sich eine Prozession moderner Segeljachten. Andere kommen entgegen. Vorin noch hatten wir Vorfahrt, jetzt sind sie im Vorteil - إن شاء الل
Eine Sjekte fährt paralell und erreicht mit uns die Hafeneinfahrt. Wir halten uns auf der Westseite,
Die flinke Sjekte kreuzt zum Steg der Lüttfischer
im Museumshafen. Die letzten Meter legt sie
mit Muskelkraft zurück
und weichen den Winddrehern der Silos aus.
Heute können wir wieder einmal unserem Affen Zucker geben und bei halbem Wind mit Vollzeug bis zur Dampferbrücke segeln. Das Topsegel rauscht beim Museumshafen runter, die Fock vor dem Schifffahrtsmuseum. Dann eine Wende, um anschließend den Klüver zu bergen, das geht bei uns am besten bei raumen Wind auf Backbordbug. Die beste aller Vorschoterinnen macht das mit ein paar Handgriffen. Schon ist das Segel geborgen. Jetzt noch das Großsegel, zuletzt der Besan. Der hat, mittschiffs geschotet, das Boot im Wind gehalten.
Rückwärts in die Box zu fahren ist mit einem Langkieler nicht immer ganz einfach. Solange die Schraube eingekuppelt ist folgt unser Boot nur dem Radeffekt. Erst wenn die Schraube stillsteht, können wir die Richtung selber bestimmen. Der Ostwind weiss heute nicht so recht was er will. Mal schiebt er den Bug in die eine, mal in die andere Richtung. Auf dem Bohlwerk werden vermutlich wieder einmal Wetten abgeschlossen, ob das Anlegen gutgeht. Die Wettverlierer tragen es mit Fassung und noch 'ner Flasche Flens.

Zum guten Schluss kommt der Klüver runter. Das Segel wird durch Stagreiter geführt. So bleibt das Segel an Deck und fällt nicht ins Wasser.
Video: J. Staugaard (Ausschnitt)

03.06.16 Mother's little helpers (1)

Die Hilfstalje
Wie schreibt ein Lifestyle-Magazin für Flensburg und Umgebung? Es schwärmt vom segeln pur - hier alles wird aus der Hand gefahren. Und das Bild zum Text zeigt was? Richtig geraten, es zeigt eine Hand an der Winschkurbel.

Winschen für Klüver-, Fock-, Besan- und Großschot. Zusätzlich Winschen für Klau- und Piekfall. Nicht zu vergessen: Fallwinschen für die Vorsegel. Dazu Winschen für die Traveller, Reffleinen, Unterliekstrecker,  und so weiter und so fort. Alles solide montiert und bezahlt. Der Ausrüster sendet zu jedem Geburtstag besonders liebe Grüße. Man kann sicher sein, dass sie von Herzen kommen.

Mother's little helper: die Hilfstalje. Der Läufer ist geschlage-
nes Tauwerk von zwölf Millimeter Durchmesser. Dünneres
Tau ist schlecht zu greifen. Ein Block hat einen Takelhaken
eingeschäkelt, der andere einen Krabinerhaken. Hier ist noch
ein Grummet eingehängt, das wir nutzen, wenn der Klüver-
baum eingeholt oder ausgerannt wird. Die Talje wird auch
eingesetzt, um den Niederholer für das Topsegel tight zu
setzen, oder für die Schoten oder, oder ...

Darüber kann  der Traditionssegler gelassen lächeln. Auf seinem Boot wird wahre Handarbeit wörtlich genommen. Statt Winschen gibt es das Gespür für den richtigen Augenblick, oder neudeutsch das "Timing". Bei den Schoten reicht das alleine schon in den meisten Fällen für den optimalen Segeltrimm. Denn was auf einer Jolle richtig ist, kann auf größeren Segelbooten nicht falsch sein. Nehmen wir beispielsweise eine Wende. Immer wenn der Bug gerade durch den Wind dreht, kommt ein kurzer Augenblick, wenn das Segel kraftlos im Wind killt. Eine halbe Sekunde danach wird die neue Leeschot so dicht gesetzt wie es geht. Zum Belegen genügen ein paar Kreuzschläge (ohne Kopfschlag!) auf einer simplen Klampe. Wie viele Kreuzschläge es sind, hängt von der Windstärke ab, ebenso, wie schnell das Belegen erledigt wird. Schon unmittelbar danach wird die Schot so auf das Deck gelegt, damit sie im nächsten Manöver glatt ablaufen kann. Wann das sein wird, weiss man oft nicht im voraus. Ein Sturkopp, der sich die Vorfahrt erzwingen will, reicht für ein Karacho-Manöver.
Sei es, dass die Schot zu langsam oder zu locker belegt wurde oder dass der Wind schralt: Manchmal muss die Schot auf dem selben Kurs dicht gesetzt werden. Wenn dann die Handarbeit mehr Kraft erfordert als vorhanden, kommt mit der Hilfstalje einer von mother's little helpers zum Zuge. Diese Talje ist ein Universalgenie wenn es darum geht, Weg (eines Läufers) in Kraft zu verwandeln. Außer der Hilfstalje wird noch ein fester Punkt am Schiff benötigt, zu dem hin die Talje zieht. Das ist besonders wirkungsvoll, wenn dieser Punkt ein festes Auge oder ein fester Bügel in Richtung der Schot ist. Dort kann die Talje mit einem Takel- oder Karabinerhaken eingehängt und auch leicht wieder entfernt werden. Ist auf der holenden Seite der Talje ein Stropp eingespleißt, kann der als Stopperstek auf die Schot gesetzt werden. Oder auf das Fall. Oder auf die Reffleine oder den Unterliekstrecker. Überall, wo die der Bizeps mal nicht genügend Bumms erzeugen könnte , kann eine Hilfstalje unverzichtbare Hilfe leisten. Sie ist vierfach geschoren und kann von uns bis zu 300 Kilo zusätzlich verfügbar machen. Gleich beim ersten Versuch musste ein geschlagenes Tau aus Naturfaser dran glauben. Die beste aller Vorschoterinnen war hin und weg; sie sah sich gleich als Superwoman. 
Vielleicht überflüssig zu erwähnen: eine Schot die mit Hilfe der Talje dichter geholt wurde, wird auf der Klampe neu belegt noch während die Talje angeschlagen ist. Danach ist die Talje frei, wird lang gezogen und liegt für die nächste Aktion bereit.