07.08.16 Kielholen

Fischmarkt in Flensburg! Auf der Schiffbrücke sind die Verkaufsstände der Händler lang aufgereiht. Es gibt Blusen, Lederriemen, Leinen, Eistüten, Bratwurst,... nahezu alles, was der Haushalt benötigt oder man immer schon mal für kleines Geld mitnehmen wollte, wird angeboten. Dicht an dicht schieben sich die Neugierigen über den schmalen gepflasterten Streifen, der die Konsumtempel für den kleinen Geldbeutel von der Hafenkante trennt. Man stöbert in den Auslagen, prüft, vergleicht, legt wieder zurück, oder zückt seine Geldbörse. Gruppen und Grüppchen grüßen sich, mit Hallo! oder tuschelnd ("wie die rumläuft!") Kaum jemand würdigt die klassischen Jachten eines Blickes. So geht es immer am ersten Sonntag im Monat auf dem traditionellen Markt am Hafen.


Heute zieht jedoch eine Aktion die Blicke auf sich, die nur selten zu sehen ist. Als die historischen Boote noch jung waren, konnte man sie in jedem Hafen sehen: Ein Boot wird kielgeholt. Zwar ist es heute "nur" ein Jollenkreuzer, aber immerhin. Während heutzutage Boote regelmäßig an Land gezogen werden, um den Rumpf zu reinigen, blieb der schwimmende Untersatz früher dabei oft in seinem Element. Einmal deswegen, weil es weniger Plätze gab, an denen Boote "aufgeslippt" werden konnten. Zum anderen, weil diese Dienstleistung auch früher schon bezahlt werden musste.
Vorher wurde der Jollenkreuzer leergeräumt und von allen losen Teilen befreit. Denn liegt er erst einmal stark gekrängt neben dem Schwimmsteg, rutscht alles Lose auf die tiefere Seite. Dann kann das Boot kentern mit der Folge, dass der Fischmarkt zum Stillstand kommt, weil das Boot gehoben werden muss. Nicht zum Auszudenken sowas!

Das leere Boot wird mit seinem Topfall an einen Ring auf der Pier heruntergezogen. Dabei will der Rumpf zur abgewandten Seite ausweichen. Daher sichert eine Leine den Rumpf in Richtung Pier und am Steg sind vorsorglich Fender ausgebracht. Mit jedem Haul
am Toppfall nimmt die Krängung zu, bis das Wasser übers Deck schwappt. Ist die Kielplanke auf der Stegseite aufgetaucht, kann der Rumpf mit einem Schrubber von Schleim und Algen befreit werden. Sollten sich dort bereits Seepocken oder größere Muscheln angesiedelt haben, müsste man mit einem Kratzer ran. Der kann im einfachsten Fall von der Art sein, wie die Schuffel der Gärtner. Die gibt's in jedem Gatencenter.
Schuffel oder
Holländische Hacke
Bild: The Garden Shop

Kielholen: Das war früher auch in Flensburg eine reguläre Dienstleistung für große Schiffe. Ein Modell des Hafens im Schifffahrtsmuseum zeigt ein Segelschiff, dessen Boden bearbeitet wird. Das ging im Prinzip damals so wie heute. Allerdings waren die Kräfte erheblich größer. Deswegen wurden die Rümpfe der Schiffe innen mit Balken zusätzlich verzimmert. Nach Abschluß der Arbeit, wurden sie wieder entfernt. Auch das Rigg wurde weitgehend reduziert um die Wanten, Pardune und Rüsteisen samt Unterkonstruktion nicht zu belasten.
In Gezeitengewässern, wo Schiffe regelmäßig trocken fielen, wurden die Rümpfe im Takt von Ebbe und Flut gewartet. Später kamen Trockendocks zum Einsatz. Die FSG baute 1892 ihr erstes Schwimmdock. Heute werden in Flensburg Schiffe auf der Helling gebaut.

Kielholen Mitte 19.Jhdt.
Quelle: Hafenblatt Nr. 37