07.05.16 Knipdul auf der Rumregatta

Auf dem Steg der Lüttfischer
KNIPDUL
Man sagt, der Mensch sei ein Gewohnheitstier und folge meist alt ausgelatschten Wegen. Stimmt, zumindest für uns. Obwohl direkt am Weg zu unserem Boot liegend, kommen wir nicht soo furchtbar oft auf den Steg der Lüttfischer im Museumshafen und zur Rumregatta eher noch seltener. Vielleicht auch deswegen, weil er am Rand des Trubels auf dem Bohlwerk liegt und dazu fast hinter dem Toilettenwagen verborgen. Dennoch lohnt sich ein Besuch dort immer wieder. Denn, um einer anderen Redeweise zu folgen, bei den Lüttfischern heisst es "Klein, aber oho!" Wer sie mal bei den Regatten auf der Bahn der Traditionssegler gesehen hat, bekommt großen Respekt vor der Leistung, bei kabbeligem Wasser und starkem Wind mit kleinen Booten zu segeln.
Wie auch bei den "Großen" sind die Jollenregatten für viele Enthusiasten von fern und nah ein attraktives Ziel. So reist schon seit Jahren Willem Dannewig mit seiner Arendal-Sjekte von Südnorwegen an, um hier zu segeln und Freunde und Bekannte zu treffen. Die Anreise ist weit, aber die Regatta ist auch attraktiv. In diesem Jahr hatte Willem jedoch nicht den weitesten Weg zurückzulegen. So bekam diesmal KNIPDUL von Ryszard "Knipdul" Grabowski aus Danzig den Sonderpreis für die weiteste Anfahrt.
Am Holzgriff hinter der Ducht zu erkennen:
Das Steckschwert in dem Schacht für segeln auf Steuerbordbug

Als wir das Boot zum ersten Mal sahen, fiel es unmittelbar durch seinen schlanken Rumpf auf und dadurch, dass es, anders alle alle anderen am Steg ein Schwertboot ist. Die meisten Jollen hier im Museumshafen haben ebenfalls nur einen sehr geringen Tiefgang und können deswegen auch in flachem Wasser fahren. Doch Schwertboote sind eher noch flacher und sie haben einen entscheidenden Vorteil: Sie gehen höher an den Wind, weil sie durch das Schwert eine größere "Lateralfläche" besitzen und daher vom Wind weniger stark seitwärts vertrieben werden. Nun sind Schwertboote auch hierzulande nicht gerade selten. Die meisten Segeljollen zählen dazu, auch moderne Fahrtenjachten gibt es als Schwertboote.
Was aber auf dem historisch korrekt nachgebauten Kaschubenboot KNIPDUL zu sehen ist, weckt die Erinnerung an Ben Akiba und seinen Spruch "es gibt nichts Neues unter der Sonne". Das Fischerboot von der Halbinsel Hela hat das Prinzip des Pendelkiels moderner Regattajachten schon vor mehr als hundert Jahren vorweggenommen. Nicht nur das: Auch der Auftrieb des Steckschwerts wird durch ein einseitiges  Profil maximiert. Wie das möglich ist, erklärt Ryszard gerne: Das Boot hat zwei zusätzliche Schächte für das Schwert, die von oben schräg zur Seite neben dem Kiel angebracht sind. Dadurch kann das Schwert auf der Kreuz gegen die Krängung seitlich gekippt werden, eben wie bei einem Pendelkiel. Das vergrößert die effektive Lateralfläche und vermindert zusätzlich die Krängung. Beides verbessert die Leistung unter Segeln am Wind. Um den Effekt des einseitigen Schwertprofils auf allen Kursen nutzen zu können, wird das Steckschwert in der Wende um seine Hochachse gedreht, bevor  es in den gegenüberligenden Schwertkasten gesteckt wird. Man merkt an der Erklärung: Ryszard ist Physiker. Das Gute an der Sache ist: es funktioniert auch dann, wenn man es nicht komplett versteht. Den Beweis lieferte die Crew der KNIPDUL im Wettbewerb der Gruppe A IV (Lüttfischer bis 10 Meter Länge): Sie war die Schnellste im Rennen.

Das Youtube Video gibt einen schönen Eindruck von den Lüttfischern bei der 37. Rumregatta




P.S. Wer gerne selber mal auf einer der Jollen der Lüttfischer mitsegeln möchte sollte im Sommer an irgendeinem Mittwoch um 16.00 Uhr auf den Lüttfischersteg spazieren und jemanden ansprechen. Nur Mut, die Lüttfischer beißen nicht.