07.05.16 Erinnerungen

Auf der Rumregatta treffen sich oft Menschen und Schiffe, die sonst in verschiedenen Revieren unterwegs sind. Im Hafen haben wir an der 120 Jahre alten SAMPO festgemacht. SAMPO wurde 1896 in Kiel als preußischer Zollkutter gebaut und in Dienst gestellt. Später diente sie unter anderem als Wohnschiff und Motorfrachtsegler.
WIEBKE BOHLEN kreuzt "dänisch"
Foto: SAMPO
Unser Nachbar auf der SAMPO
Wir trafen das Schiff zum ersten Mal vor neun Jahren im Kattegatt bei der Insel Hjelm. Auf der Rückreise vom Limfjord Richtung Süden bekamen wir sie voraus in Sicht. Der Wind war schwach, stand ungünstig und der nächste Ankerplatz war zudem noch weit entfernt. Also machten wir das, was Dänen "deutsch kreuzen" und Deutsche "dänisch kreuzen" nennen, indem wir mit dem Diesel für das fehlende bisschen Vortrieb sorgten, das uns der schwache Wind vorenthielt. Unsere Segel standen, trotz zusätzlicher Fahrt, einfach perfekt. Als wir den Skipper später trafen, war er immer noch voller Bewunderung für die "unglaubliche Höhe", mit der wir gesegelt seien. Nun, wir erklärten warum wir schneller waren und wurden dafür später mit schönen Fotos von unserem Schiff mit dem prächtig gebauschten  Klüver belohnt. Jetzt auf der Rumregatta waren wir wieder einmal zusammen und erinnerten an diese Begegnung.
Diesmal war auch Jörgen an Bord, ein betagter dänischer Seemann. Er hat 1966 SAMPO zu dem Traditionssegler umgebaut, der sie jetzt ist. Damals war das in Dänemark noch ganz ungewöhnlich und wurde in der Presse sehr beachtet.

Viermastschoner LISA aus Bergkvara war einer der Fracht-
segler auf dem unser Nachbar zuletzt als Steuermann fuhr.
Quelle: Facebook
Tags drauf trafen wir SAMPO noch einmal auf der Förde.
Als wir noch die Schule besuchten, fuhr er schon als Steuermann auf schwedischen Schonern, die Holz für den Wiederaufbau des zerstörten Europa transportieren. Als er das von dem Segeln mit "Maschinenstütze" hörte, meinte er, das habe man damals auch gemacht, aber nur, wenn es nicht anders ging. Treibstoff kostete schon damals mehr als man gerne bezahlte. Denn die Glühkopfmotoren der Frachtsegler waren sehr durstig. Und dazu die Menge Schmieröl, das sie brauchten! Wenn die Wellen mal so hoch gingen, dass die Schraube aus dem Wasser kam, drosselten Fliehkraftregler die Drehzahl. Eine Methode, die sich auch bei Dampfmaschinen bewährt hat. Ohne dies hätten sich die Motoren selber zerstört. Wenn man die Drehzahl richtig einstellte, so erzählt er, konnte man aus dem Auspuff mit jeder Umdrehung Ringe blasen, gleichmäßig rund, einen nach dem anderen. Im übrigen waren sie zuverlässig und machten keine Probleme. Außer wenn beim Anlassen das Schwungrad zurückschlug und der Motor im Rückwärtslauf ansprang. Dann musste man die Treibstoff-Zufuhr drosseln und mit ein wenig Glück konnte man ihn mit der letzten Drehschwingung der Kurbelwelle wieder starten. Erinnerungen kommen hoch: Der typische Klang der langsam laufenden Motoren, der noch vor zwanzig Jahren in vielen Fischerhäfen die vertraute Geräuschkulisse bildete. Jetzt ist er eine seltene Ausnahme. Die Schiffe sind abgewrackt, die Motoren verschrottet. Auf der 37. Rumregatta hat CONNIE als einzige noch einen solchen Motor. SAMPO hatte früher auch einen Motor dieser Art. Als die Ersatzteile zuende gingen, musste er einem modernen Dieselmotor weichen.
Die Erinnerung ist geblieben und ein Hauch Wehmut. Bei uns ist es die Erinnerung an die Flussschiffahrt auf dem Rhein. Manchmal spielen wir eine CD vom Schiffahrtsmuseum in Göteburg ab. Sie enthält ausschließlich Geräusche vieler unterschiedlicher Diesel- und Glühkopfmotoren. 

Jørgen betreibt auch eine Seite in Facebook. Darin hat er auf dänisch seine Zeit als Seemann beschrieben. Das Foto oben haben wir dort gefunden. Auch dazu erzählte er eine kleine Geschichte: In den Häfen waren oft Fotografen. Sie knipsten Bilder der Schiffe, die dort lagen um sie an die Besatzung zu verkaufen. Auch das gibt es heute nicht mehr.