27.01.15 Heiße Kiste

Wer einem Menschen ohne Augenbrauen aber mit hoher Stirn und versengtem Bart begegnet, hat entweder den Anänger einer exotischen Moderichtung vor sich, oder das Opfer eines missglückten Versuchs, auf seinem Boot einen Herd anzuzünden. 
Jetzt erst wurde in Ijmuiden eine Jacht durch Feuer vernichtet. Das Feuer war bei dem Versuch, einen Petroleumherd anzuzünden entstanden. Die Yacht brannte vollständig aus. Glück gehabt, möchte man sagen. Mit Gasherd währe es vielleicht explodiert. 
Mancher schätzt dennoch den Petroleumherd gering. Wenn der Glückliche kein
Induktionskochfeld an Bord sein eigen nennt, oder am liebsten kalt isst und trinkt, wird sein Schiff einen anderen Herd mit offener Flamme haben. Das gibt genügend Möglichkeiten sein Schiff abzufackeln, egal ob mit Spiritus, Gas oder Petroleum. Bei der Einschätzung von Risiko und Nebenwirkungen des altehrwürdigen Petroleumherdess scheiden sich die Geister. Wir haben seit nun knapp zwanzig Jahren einen Expemplar eines bekannten altbritischen Herstellers an Bord und kommen damit gut zurecht.

Wie bekannt, ist die Explosionsgefahr von Petroleum verglichen mit Gas nahe Null. Und wenn jemand seinen Topflappen zu dicht beim Herd ablegt, wird er auch auf einem Ceranfeld kokeln und brennen. Also ist es vielleicht angebracht, einen Beitrag zur Ehrenrettung von Petroleumherden zu leisten.
Ein Wort vorweg: Auch Freunde der Methode "Jugend forscht" werden beim Kauf ihres Herdes eine Gebrauchsanweisung bekommen haben. Die sollte man lesen und zweifelsfrei verstanden haben, bevor das gute Stück in Betrieb gesetzt wird.
Beim Petroleumherd bedeutet das, den Vorratskessel unter Druck zu setzen und Brennspiritus in die Brennerschale zu füllen. Wichtig ist dabei, den Brandbeschleuniger nicht in der Gegend herumzukleckern. Erstens kostet das Zeug Geld und zweitens brennt es auch außerhakb der Brennerschale, z. Bsp. wenn es auf den besagten Topflappen getropft ist. Nun Rat Nr. zwei: Textilien haben dicht beim Herd nichts verloren, zumindest nicht ohne gebührende Aufsicht. Wichtig ist auch, die richtige Menge Spiritus abzumessen. Denn zu wenig ist genau so schlecht, wie zu viel. Eine Spritzflasche mit langer Metallspitze hat sich bei uns zum Einfüllen gut bewährt. Wir spritzen etwa sieben bis acht Sekunden lang. Langsam von 21 bis 27 zählen reicht vollkommen aus, der Blick kann sich auf den Herd konzentrieren. Sobald die Brennerschale gefüllt ist, kann der Spiritus entflammt werden. Wir benutzen ein langes Gasfeuerzeug, denn mit Streichhölzern haben wir uns zu oft die Finger verbrannt. Nun haben wir Zeit, dem Spiritus beim Brennen zuzusehen. Brennt er blau? Dann ist alles soweit gut. Brennt er teilweise mit gelben Flammen, dann ist er bereits mit Petroleum vermischt. "Du bist wohl nicht ganz dicht!" können wir dem Brenner zurufen und zum anderen Brenner wechseln. Denn mit einem undichten Brenner wird das ohnehin nichts. Brennt die Flamme bis zum Ende blau, wird in diesem Moment der Brenner ein wenig (!) aufgedreht und gleichzeitig angezündet. Jetzt muss der Brenner leise zischend mit blauer Flamme brennen. Er kann nun am Regler langsam größer oder kleiner gedreht werden. 

Auf dem Youtube Video unten ist der erfolglose Versuch zu sehen, einen frisch gewarteten Brenner zu entflammen. Wer genau hinsieht, erkennt unter der Brennerschale eine gelbe Flamme. Sie gibt einen Hinweis auf dier wahrscheinliche Ursache des Problems.



Die Ursache ist wahrscheinlich eine undichte Stelle im Brenner, vermutlich eine Dichtung hinter dem Regulierungsventil, die bei der Montage nach der Wartung undicht blieb. Einen Hinweis gibt die Farbe der Flamme: Petroleum brennt gelb, wenn zuwenig Sauerstoff verfügbar ist. Solange der Brenner vorgeheizt wird, ist das Ventil geschlossen. Sobald es geöffnet wird, tritt Petroleum nach außen und vergast sofort am heißen Brennergehäuse, ohne entflammt zu sein. Die Konzentration des Petroleum nimmt mit der Zeit zu und verdrängt den Sauerstoff in der Luft. Nun schlägt die Flammenfarbe von blau auf gelb um und der Brenner ist außer Kontrolle. Er muss in diesem Zustand sofort abgestellt werden. Die Flamme kann hoch auflodern und erzeugt nebenbei auch den oft beklagten unangenehmen Geruch eines Petroleumbrenners.
Dass der Brenner zuvor umfassen gewartet wurde, wird in dem Laufband beschrieben:
"Der Brenner startet normalerweise mit einer klaren blauen Flamme, aber nach ein paar Sekunden geht sie 30 bis 60 cm hoch und leuchtet  schmutzig orange. Die Brennerschalen wurden bis oben mit Brennspiritus gefüllt, der vollständig herunterbrennen kann. Der Druck im Tank beträgt 22 psi (entspr. 1,5 bar). Die Regelventile wurden kürzlich getauscht. Der Brenner wurde gereinigt und neu mit allen Teilen im Reparaturset versehen, einschließlich  der Reguliergsdüsen, Spindel und Nadeln".
PALSTEK hat vor Jahren eine ausführliche Beschreibung des Petroleumherdes veröffentlicht. Vielleicht ist davon noch eine zu ergattern.