07.12.14 Spuren der Sklaverei

Detail des maßstäblich verkleinerten Entwurfs des
Denkmals zu Erinnerung an die Sklaven der Dänisch-
Westindischen Inseln
Im Original werden die Figuren lebensgroß sein.
Es gibt viele gute Gründe, das Flensburger Schifffahrtsmuseum auzusuchen. Da gibt es interessante Veranstaltungen, historische Schiffsmodelle und viele lehrreiche und unterhaltsame Angebote für Kinder und jung gebliebene.
Heute ging es nicht darum, sondern um eine Zusammenfassung dessen, was Flensburg, zu ihrer Blütezeit im transatlantischen Seehandel Dänemarks groß gemacht hat. Ungefähr zwanzig Interessierte waren gekommen, um sich von der Museumspädagogin Susanne Grigull einen Abriss über die Geschichte zu geben, in der die Wurzeln des einstigen Wohlstands sichtbar gemacht wurden. Es ist eine Geschichte von unternehmerischem Spürsinn und Wagemut, aber auch eine Geschichte der Ausbeutung, und skandalöser Skrupellosigkeit, wie sie vermeintlich heutzutage nicht mehr vorkommen. Gemessen am Thema  waren es eigentlich zu wenige Besucher, die zu der Präsentation gekommen kamen und die sehr informativen, gut recherchierten Ausführungen hätten eine größere Beachtung verdient. Auf der anderen Seite war in der kleinen Gruppe auch viel Zeit für vertiefende Fragen und Gespräche, die von den gut vorbereiteten Anwesenden gerne genutzt wurden.
Vordergründig ging es um zwei Kunstprojekte. Zum einen um die aktuelle Inszenierung "Vom Reisen in ehemaligen Kolonien" der Theaterwerkstatt Pilkentafel. Zum anderen um das Projekt des dänischen Bildhauers Jens Galschiøt für ein Denkmal, das dem Schicksal der knapp einhunderttausen Sklaven auf den dänischen Karibikinseln gewidmet ist. Beide sind Stachel im Fleisch des guten nationalen Gewissen in Dänemark. Zwar wird das Wort "Sklaverei" im Zusammenhang mit der Vergangenheit der jetzt zu den USA gehörenden Virgin Islands nicht verschwiegen. Die Rolle Dänemarks beschränkt man jedoch gerne darauf, dass man Schiffe ausgerüstet habe, die Baumaterial für die Plantagen in die Karibik schafften und im Gegenzug mit Rohzucker zurück kamen. Die offizielle Lesart ist bis heute, dass die menschenverachtende Sklavenjagd und der Sklaventransport auf Schiffen ohne unmittelbare Beteiligung der nördlichen Nachbarn stattgefunden haben. Es sind Deutungsmuster, die aus der KZ-Wirtschaft Deutschland in den dreißiger und vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts gut bekannt sind. Das könnte erklären, dass dieses Projekt nun durch offizielle Stellen behindert wird.

Worum geht es? Im Jahr 2017 jährt sich der Verkauf der Dänisch-Westindischen Inseln an die USA. Zu diesem Anlass plant der Künstler Jens Galschiøt aus Odense die Errichtung eines Denkmals, das an die Sklaven erinnert, die einst zum immensen Reichtum Altonas, Flensburgs und Kopenhagens beitrugen. Das Projekt trägt den vielsagenden Namen "Afro Danes".
Nach den Wünschen des Künstlers sollte die Plastik ursprünglich einen prominenten Unterbau bekommen: Den Sockel des so genannten Idstedtlöwen am Søren Kierkegaards Plads in Kopenhagen. Das geschichtsträchtige Fundament ist zur Zeit verwaist. Es hätte auch auf Flensburg und seinen Anteil an der dänischen Kolonialgeschichte verwiesen. In der Zwischenzeit wurde der Sockel demontiert und ist angeblich nicht mehr auffindbar.
Jetzt ist im Flensburger Schifffahrtsmuseum ist ein Modell der geplanten Skulptur zu besichtigen.

Jens Galschiøt ist hier nicht unbekannt. Erst im Juli präsentierte er in Flensburg auf dem traditionellen Fischkutter ANTON Skulpturen, die er unter dem provozierenden Namen "Das Boot ist voll" zur Situation der Flüchtlinge auf den Meeren. Diese Aktion fand damals in Flensburg ungewöhnlich wenig Resonanz. Das wundert um so mehr, als hierzulande auch mittelmäßige Werke mit einem großen Aufwand propagiert werden. Das Projekt "Afro Danes" bekommt hoffentlich mehr Beachtung. Es hat sie sicherlich verdient.