20.10.14 Traditionelle und Klassiker vereint

FRIEDA von FLENSBURG S90 und CHARLOTTE (von links)
ANEMOR
Seit mehr als drei Monaten ist der Liegeplatz von CHARLOTTE im Museumshafen Flensburg verwaist. Heute haben wir sie in Egernsund am Steg der Werft von Christian Johnson gesehen. Der Snurrewadenkutter liegt einträchtig neben FRIEDA von FLENSBURG S90 ex FRIEDA von HADERSLEBEN, eines der Gründungsschiffe des Museumshafens. Nahebei der ehemalige Lotsenkutter ANEMOR aus Finkenwärder, 1929 nach einem Entwurf von Colin Archer in Risør gebaut. Nicht zu übersehen ist MISTRAL aus Flensburg, die klassische Schoner-Yacht von L. Francis Herreshoff aus dem Jahr 1937. Sie wartet auf ihren neuen Propeller.

Für Liebhaber traditioneller, historischer oder klassischer Holzschiffe ist die Werft doch immer wieder ein interessanter Treffpunkt.



Das Deck der MARTHA, weitgehend zu seiner ursprünglichen
Struktur zurückgebaut.
Die Luken des ehemaligen Frachtseglers sind mit Brettern
gedeckt und Persenningen verschalkt
Das alte Colin Archer Fischerei-Begleitfahrzeug RAKEL aus Bremerhaven, 1896 in Larvik gebaut, liegt auch immer noch dort und wartet auf den nächsten, notwendigen Schritt seiner Reparatur. Wie schon früher berichtet, wurde das große Restaurationsprojekt jäh unterbrochen. Der neue Eigner hatte vermutlich seine Möglichkeit überschätzt. Nun muss zumindest der Unterwasserbereich des provisorisch mit Planen geschützten Rumpfes geplankt werden. Im augenblicklichen Zustand wird das Schiff den Wellenschlag der Winterstürme nicht überstehen. Die Zeit drängt. Es wäre schade, wenn das letzte von Colin Archer selbst gebaute Schiff verloren ginge.

Etwas abseits liegt ein weiteres maritimes Schmuckstück, der Marstalschoner MARTHA aus Veijle. Gebaut von 1899 bis 1900, hat auch er, wie nahezu alle Traditionssegler, ein langes und wechselvolles Schicksal hinter sich.  Er gehört dem Verein Foreningen til Marthas Restaurering und wurde mit
RAKEL, das Foto wurde vor einem halben Jahr aufgenommen. Seitdem
hat sich nichts geändert.
Unterstützung des dänischen Skibsbevaringsfonden in den letzten Jahren aufwendig repariert. Jetzt soll diese Reparatur mit einem weiteren großen Schritt vorangetrieben werden. Das Heck muss erneuert werden. In diesem Zusammenhang soll das Deckshaus auf der Poop die urspünglich geringere Höhe bekommen. Wir werden  über das Projekt weiter berichten.
So ein Projekt könnte hierzulande vermutlich nicht einmal angedacht werden. Denn hier gibt es keine dem Skibsbevaringsfonds entsprechende Unterstützungsmöglichkeit. Der Eigner müsste mit eigenen Mitteln versuchen, das historische Schiff für die Zukunft zu bewahren. Wohin so etwas führen kann, ist am traurigen Beispiel der RAKEL zu besichtigen. Wenn wir es mit dem gerne zitierten maritimen Erbe ernst meinen, müssen hierzulande auch die notwendigen Strukturen geschaffen werden. Sonst werden bald in Rostock, Flensburg und Hamburg nur noch Fantasieschiffe einen historischen Flair vorgaukeln. Für den Tourismus könnte das genug sein, für die Bewahrung unserer Kulturzeugnisse reicht es auf keinen Fall.