18.06.13 Rumsegeln

Gestern wollten wir einfach nur mal so rumsegeln. Die Wettervorhersage passte beinahe: West Stärke drei. Ein bisschen mehr hätte es gerne sein können, auch für die Crew in reiferen Jahren. Aber man kann nicht alles haben. Doch schon im Hafen zeichnete sich ab: Statt rumsegeln würden wir mehr oder minder rum gucken können. Diese Gelegenheit haben wir dann auch genutzt. Als Segler ist man schließlich gewohnt, sich den Bedingungen anzupassen und daraus das Beste zu machen. Das hat mal jemand so zusammengefasst: "Segeln ist die Kunst, auf Umwegen zum Ziel zu kommen".
Noch im Hafen, bei der FSG (Flensburger Schiffbau Gesellschaft) sehen wir uns den Fortschritt an dem Neubau einer Fähre an. Das Deckhaus, vor zwei Wochen aufgesetzt, ist mittlerweile fest verschweisst. Brandspuren im sonst makellosen Lack lassen noch die Trennungslinien erkennen. Wir finden die angehängten Arbeitsbühnen sehr malerisch. Aber sie werden wohl nicht mehr lange zu sehen sein. Vermutlich haben sie ausgedient, sobald der Lack ausgebessert ist.
Kaum haben wir den Hafen verlassen, verlässt uns auch der Wind und in knapp zwei Stunden schleichen wir bis querab Glücksburg. Wir mögen es, so zu segeln, wie unsere Ahnen: Nur mit Wind geht es geschwind. Hätten wir gewusst, wie schwach der Wind tatsächlich sein wird, hätten wir auch die ganz leichten Segel
nehmen können. Aber die tragen nur bis drei bft, ohne Schaden zu nehmen und mit Böen muss man immer rechnen.  Dennoch möchten wir auch heute den Motor möglichst nur als Ballast fahren, müssen aber nachmittags wieder zurück sein. Wir halsen bei geschätzt 0,5 bft, die mittlerweile aus Süd "blasen". Das dauert eine ganze Weile und wir können dabei einem schönen klassischen Schärenkreuzer zusehen, der auch  auf Wind wartet. In der Flaute sind alle Segler gleich schnell. Wir "machen" immer noch 0,3 kn über Grund. Behauptet das GPS.
ACTIV, der Großsegler aus dem Museumshafen, kommt auf dem Weg Richtung Förde vorbei. Sie fährt, wen wundert's unter Maschine. Bald ist ihre Silhouettenur noch klein und verschwommen bei Holnis zu sehen. Auch ohne Wind ist der Tag auf dem Wasser sehr schön: Keine Wasserflugzeuge, Jet Skies, Motorboote oder rastlose Angler. Nur ein paar Segler und viel Ruhe.
ALEXANDER von HUMBOLD 2
Was ist mit ACTIV? Als wir nach einer Weile nach Norden sehen, scheint sie sich wieder zu nähern, doch irgenwie sieht sie anders aus. Langsam kommt sie näher und es ist - ALEXANDER von HUMBOLD 2. Auch unter Maschine, wie auch sonst. Auf der Groß-Rah ordnen ein paar Jungs das aufgetuchte Segel. In der Zeitung stand, sie wird nachmittags im Flensburger Hafen erwartet, um "ihre Tante zu besuchen". Gemeint ist wohl ALEXANDRA. Die Verwandschaft ist, um des hübschen Vergleichs willen, natürlich frei erfunden.
Bald sehen wir ein: Auch wir kommen nun überhaupt nicht mehr vom Fleck. Wollen wir pünktlich zurück sein, müssen wir unseren Motor starten. Gesagt, getan. Für die Strecke der letzten vier Stunden unter Segeln benötigen nun nur noch 45 Minuten mit Motor. Das ist zwar effizient, aber rumsegeln war schöner.
Ein schwacher Trost für uns kommt zum Schluss. Der Schärenkreuzer hat schließlich auch die Segel geborgen und seinen Motor bemüht. Schade auch für ihn.