18.06.13 Menschen am Hafen ...

... heisst die aktuelle Ausstellung des Flensburger Schifffahrtsmuseums, die heute Abend eröffnet wurde. Sie ist vom 19. Juni bis 8. September 2013 geöffnet.

Dr. Thomas Overdiek vom Flensburger Schiffahrtsmuseum (links) vor Fotografien von Wolfgang Borm (rechts)
Häfen waren stets pulsierende Tore zur Welt. Im Laufe der Jahrhunderte haben sie sich jedoch aufgrund technischer und wirtschaftlicher Entwicklungen stark gewandelt. Zwar werden nach wie traditionell Güter umgeschlagen, doch mehr und mehr wandeln sich Häfen zu Wohn- und der Freizeitorten.  Der klassische gewerbliche Hafen in der Stadt wird zur Ausnahme. Auch in Flensburg ist dieser Wandel an vielen Beispielen zu erkennen.

In der Ausstellung geht es um das Hafenleben heute. Der Fotograf und freie Journalist Wolfgang Borm  hat sich mit dem Thema „Menschen am Hafen“ auseinandergesetzt und einen dokumentarischen Querschnitt erstellt. In seiner zwischen 2011 und 2013 entstandenen Fotoserie entstand ein Gesellschaftsbild des aktuellen Hafentreibens in Flensburg, Apenrade und Sonderburg. Das Ergebnis ist eine vielschichtige Arbeit mit Portraits, Arbeitssituationen und Momentaufnahmen. Die rund 50 farbigen Porträtbilder zeigen Schiffsmakler, Ausrüster und Festmacher, sie geben Bilder von  Fischern, Kapitänen und Reedereimitarbeitern bis zu Freizeitskippern, Anwohnern und Anglern.

Die Menschen sind nicht nur porträtiert, sondern in ihrem jeweiligen Umfeld mit präzisem Blick für Details festgehalten. Das Büro des Hafenkapitäns, der Führerstand des Kranführers oder der Laden der Fischverkäuferin eröffnen Einblicke in die heutigen Arbeits- und Lebenswelten am Wasser. Die Bilder regen zum vergleichenden Schauen an. Unwillkürlich entdeckt man Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den einzelnen Hafenstädten. Die vielfältige Nutzung des Flensburger Hafens ist ebenso erkennbar wie der industrielle Charakter des Apenrader Hafens oder die visionären Entwicklungen im Sonderburger Hafen. Viele Bilder zeigen die Kontinuität von Traditionen auf, wie etwa im Fortbestand der Kleinfischerei. Andere Bilder erzählen vom Wandel, wie der Blick aus dem Alsion auf den Alsensund. Einige Bilder sind wiederum bereits jetzt von historischem Wert. So wurde etwa der kleine Küstenfrachter RIA, der jahrelang den Flensburger Hafen anlief, kurz nach dem Fototermin außer Dienst gestellt. Dem Apenrader Südhafen wiederum stehen die einschneidenden Veränderungen noch bevor. Kurze Kommentare über den persönlichen Bezug des Porträtierten zum Hafen ergänzen die Bilder.
Die Ausstellung „Menschen am Hafen“ ist Teil des INTERREG 4A-Projekts „Kongelig Classic 1855“, in dessen Rahmen das Flensburger Schifffahrtsmuseum und das Museum Sønderjylland - Kulturhistorie Aabenraa unter dem Motto „Maritime Art Dialogue“ künstlerische Auseinandersetzungen mit der maritimen Welt fördern.

Insgesamt steht Wolfgang Borm mit seiner ebenso dokumentarischen wie subtil inszenierten Fotoreportage „Menschen am Hafen“ in der Tradition der vergleichenden Sozialporträts, wie sie August Sander (1876–1964) in seinem bedeutenden Mappenwerk „Menschen des 20. Jahrhunderts“ prototypisch entwickelt hat und u. a. von Herlinde Koelbl (*1939) in ihrer berühmten Arbeit über „Das deutsche Wohnzimmer“ (1980) weitergeführt worden sind. Weitere Arbeiten widmen sich den Themen "Armut" und "Kioske".