06.03.13 Gegenwind

Gegenwind können auch Traditionssegler nur durch Kreuzen begegnen. Das hat sich anscheinend die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Museumshäfen gedacht, dabei jedoch die Vorfahrtsregeln aus den Augen verloren und regelwidrig den Kurs der Interessenvertretung der Traditionsschiffe gekreuzt.  Was war geschehen?

Bei der morgendlichen Lektüre des Flensburger Tageblatt fiel dem HAFENMELDER das Brötchen in den Tee:
"Gegenwind für alte Segler
Immer mehr nostalgische Frachtschiffe und Fischkutter verschwinden..." 
Kopie des Artikels im Flensburger Tageblatt (Ausschnitt)
kann durch anklicken vergrößert werden
Der Artikel unter der Übeschrift beginnt nicht minder alarmierend: "Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Museumshäfen (AGDM) schlägt Alarm. Den teilweise mehr als einhundert Jahre alten Traditionsschiffen längst der Nord- und Ostseeküste droht das Aus" heißt es. Als Grund wird die zu strenge Auslegung der Traditionsschiffs-Richtlinien durch die See Berufsgenossenschaft (SeeBG) genannt. Den Schiffen solle die Zulassung als Traditionsschiff versagt werden, weil sie nicht dem "historischen Originalzustand" entsprächen.
Nun ist diese Forderung der SeeBG absolut nicht neu. Sie ist sogar Kern der Begründung für die Traditionsschiffsrichtlinie selbst. Traditionsschiffe sind unter anderem dadurch definiert, dass sie "hauptsächlich mit den Originalwerkstoffen im Original oder als Einzelnachbildung gebaut worden sind."
Eine gut informierte Quelle bezeichnet auch die Aussage, dass mehr als die Hälfte der Traditionsschiffe vor dem Aus stehen, als "Übertreibung" und spricht von "Geschrei".
Zuständig für die Vertretung der legitimen Interessen der Traditionssegler gegenüber dem Ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ist die Gemeinsame Kommission für historische Wasserfahrzeuge GSHW e. V. (GSHW) und die arbeitet in dieser Frage bereits mit dem Ministerium zusammen.

Dass die Dinge im Fluss sind, kann auch in der Seite "Frag-den-Staat" nachgelesen werden. Dort können Bürger Anfragen an Ministerien und Behörden richten:
Hier kann eine Anfrage an das Ministerium für Verkehr Bau und Stadtentwicklung nachgelesen werden, die mit der selben Begründung beginnt, wie sie jetzt in der Presse wiederholt wird. "Welche Kriterien gibt das Ministerium an die beliehene BG zur Prüfung insbesondere der Kriterien „Historizität“ und „ideell“?" wird unter anderem gefragt.
Die Antwort kommt am 24.08.2012 und besagt, dass von einer bevorstehenden massiven Dezimierung traditioneller Schiffe in Deutschland nichts bekannt sei. Weiterhin habe das Ministerium der (See)BG bei der Beurteilung der o.a. Kriterien keine über die Sicherheitsrichtlinie für Traditionsschiffe hinausgehenden Kriterien vorgegeben. Derzeit werde der Begriff "historisches Schiff" maßgeblich von der Rechtsprechung bestimmt, die "eher eine restriktive Anwendung fordert."
Weiter heisst es, derzeit werde versucht, in Zusammenarbeit mit der GSHW Kriterien für eine Auslegung des Begriffs "Historisches Wasserfahrzeug" zu finden, der etwas weiter gefasst sei als die derzeitige Rechtsprechung. Aber - und das wird entscheidend sein - könne dadurch der Rahmen, der durch die Begriffsbestimmung in der Sicherheitsrichtlinie für Traditionsschiffe vorgegeben ist, auch durch eine großzügigere Auslegung nicht verlassen werden.
Dass die Gespräche durch den Kurs der AGDM gefördert werden, ist nicht zu erwarten. Die Klagenden sollten statt dessen im Dienste der Sache unverzüglich ein Manöver des letzen Augenblicks einleiten.  Und es  gilt weiterhin: "Traditionsschiffer aufgepasst".


P.S.: Der Museumshafen Flensburg ist Heimat von vier Schiffen, die unter die Sicherheitsrichtline für Traditionsschiffe fallen. Es sind BODIL, FULVIA,  PIROLA und RYVAR.