14.09.12 Regen bringt Segen (1)

Es regnet kräftig und immer wieder. Wenn das geflügelte Wort vom segenbringenden Regen zutrifft, haben wir heute einen gesegneten Tag. Zumindest Gärtner und Landwirte werden das so sehen. Eigner traditioneller Holzschiffe müssen sich dagegen an die andere Version des Spruches halten "Sich regen bringt Segen". Das gilt besonders dann, wenn nicht das Schiff im Wasser, sondern umgekehrt das Wasser im Schiff ist.
 
Süßwasser ist Gift für Holzschiffe weil Schädlinge, insbesondere Pilze, auf Wasser angewiesen sind. Gleichgültig ob es sich als innen als Schwitzwasser niederschlägt oder durch undichte Decksnähte dringt.

Erfahrene Bootsbauer wissen, dass Holzschiffe meistens von oben verrotten. "Wenn du dein Schiff lange Zeit gesund halten willst, musst du Süßwasser draußen halten" ist der Rat unseres geschätzen Bootsbauers und jeder andere Profi wird ihm zustimmen. "Salzwasser", so fährt er fort, "Salzwasser dagegen konserviert das Holz".

Hier soll es um das Schwitzwasser gehen das in den nächsten Monaten ein ständiger Gast an Bord vieler Holzschiffe sein wird.

Schwitzwasser setzt voraus, dass in der Raumluft Wasser gelöst ist. Die Luft kann - je nach Temperatur - unterschiedlich viel Wasser aufnehmen. Wieviel darin enthalten ist, wird durch die relative Luftfeuchtigkeit ausgedrückt. Diese kann mit einer handelsüblichen elektronischen Wetterstation gemessen werden, die schon für wenig Geld zu haben ist.
Hier kann man zum Beispiel unter Deck messen: Lufttemperatur 16 Grad Celsius, Relative Luftfeuchtigkeit 80%. Das ist kein frei erfundener Wert, er kann in diesen Tagen  mittags auf vielen ungeheizten Schiffen gemessen werden.

Wird die Luft im Schiff nachts durch das umgebende Wasser und die Außenluft abgekühlt, kann sie den so genannten Taupunkt unterschreiten. Der Taupunkt ist die Temperatur, bei der sich das Wasser in der Luft an kälteren Oberflächen niederschlägt.

Diesen Taupunkt können wir berechnen, wenn wir das Programm Taupunktrechner benutzen. Dazu geben wir die augenblickliche Temperatur ein und die gleichzeitig angezeigte relative Luftfeuchtigkeit. Als Ergebnis bekommen wir die Raumtemperatur, ab der sich Schwitzwasser niederschlagen wird.

Das beginnt natürlich immer auf den kältesten Oberflächen. Besonders gefährdet sind die Unterseiten der Laufdecks, die Innenflächen der Cockpits und sonstige Ecken und Winkel auf der Schattenseite des Rumpfes und seiner Aufbauten, insbesondere auf der Luv-Seite. Mit ein wenig Überlegung wird jeder selbst die neuralgischen Stellen seines Schiffes herausfinden. Manche sind durch Einbauten verdeckt oder aus anderen Gründen nur schwer oder garnicht zu finden.

Diese Stellen sollten regelmäßig kontrolliert werden. Wenn Umbauten anstehen, sollte man gleich mit überlegen, wie die Belüftung verbessert werden kann. Gegebenenfalls können normale Lüfter aus Computern, sinnvoll angebracht, gute Ergebnisse erzielen.

Wird das Schiff geheizt, muss es in kurzen Abständen gelüftet werden. Dabei soll die Zugluft möglichst durch alle Ecken pfeifen. Kurz und kräftig lüften hilft aber allemal besser, als immer eine Luke etwas geöffnet zu halten.

Kommt eine Warmfront nach einer Frostperiode, sollte ein ungeheiztes Schiff aber besser so lange überhaupt nicht gelüftet werden, bis sich Innen- und Außentemperatur angeglichen haben. Denn sonst bringt die Außenluft erst die Nässe in den Innenraum, wo wir sie ja eigentlich nicht haben möchten.